Nach der REACH-Verordnung können besonders besorgniserregende Stoffe einem Zulassungsverfahren unterzogen werden. Zulassungspflichtige Stoffe dürfen dann nur noch für die in einem solchen Zulassungsverfahren positiv beschiedenen Verwendungen eingesetzt werden (s. Art. 59 Abs. 1 1907/2006/EG) – man kann auch von einem Komplettverbot mit Erlaubnisvorbehalt sprechen. Diese besonders besorgniserregenden Eigenschaften sind in Art. 57 REACH-VO definiert:
- Stoffe, die als krebserzeugend (s. Art. 57a 1907/2006/EG), erbgutverändernd (s. Art. 57b 1907/2006/EG) oder fortpflanzungsgefährdend (s. Art. 57c 1907/2006/EG) der Kategorie 1A/1B gelten,
- persistente bzw. bioakkumulierbare Stoffe mit toxischen Eigenschaften (s. Art. 57d 1907/2006/EG, sog. PBT-Stoffe) oder hochpersistente bzw. hochbioakkumulierbare Stoffe (s. Art. 57e 1907/2006/EG, sog. vPvB-Stoffe) und
- Stoffe mit ähnlich besorgniserregenden Eigenschaften (z. B. endokrin wirkende Stoffe).
REACH definiert damit, dass Stoffe, die über die o. g. Eigenschaften verfügen, eine derartige Besorgnis für die menschliche Gesundheit und Umwelt darstellen, dass diese langfristig aus dem europäischen Markt ausgeschleust werden sollen, indem sie oder ihre Verwendungen – wo möglich – substituiert werden.
Stoffe mit diesen Eigenschaften können in einem ersten Schritt als Kandidatenstoffe identifiziert werden und nach einer Priorisierung durch die ECHA für die Aufnahme in den Anhang XIV der REACH-Verordnung empfohlen werden. Die Aufnahme in die Kandidatenliste löst bereits Informationspflichten in der Lieferkette aus (s. Art. 33 1907/2006/EG). Bei der Aufnahme in den Anhang XIV wird jedem Stoff ein Zeitpunkt zugeordnet, ab dem das Inverkehrbringen und die Verwendung des Stoffes im Regelfall ohne erteilte Zulassung verboten ist (sog. "Ablauftermin“). Dies gilt ohne Mengenbegrenzung und unabhängig davon, ob der Stoff registriert wurde.
Ausnahmen von der Zulassungspflicht gelten für die Verwendung von Stoffen im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung, der Verwendung in Pflanzenschutzmitteln und Biozid-Produkten, der Verwendung als Motorkraftstoff und der Verwendung von Mineralölerzeugnissen als Brennstoff. Unter gewissen Rahmenbedingungen sind außerdem Kosmetika, Lebensmittelkontaktmaterialien sowie die Verwendung von Stoffen in Zubereitungen unterhalb bestimmter Konzentrationsgrenzen ausgenommen. Auch kann ein Stoff von der Zulassungspflicht ausgenommen sein, wenn aufgrund spezifischer Risikominderungsmaßnahmen aus einer anderen Verordnung die sichere Verwendung gewährleistet ist (s. Art. 58 Abs. 2 1907/2006/EG).
Zulassungspflicht in REACH
Nach bisheriger Rechtsprechung durch den Europäischen Gerichtshof reicht die Festlegung eines Grenzwertes unter den Richtlinien des Arbeitsschutzes allein nicht aus, um von der Zulassungspflicht in REACH ausgenommen zu sein.
Der Zulassungsantrag muss bei der ECHA gestellt werden. Antragsberechtigt sind Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender eines Stoffes. Die Entscheidungen über die Zulassungsanträge trifft jedoch die EU-Kommission (s. Art. 60 1907/2006/EG). Die Zulassungen werden mit einer Zulassungsnummer im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Daraus resultieren weitere Verpflichtungen für die Zulassungsinhaber und nachgeschalteten Anwender (s. Art. 65, 66 1907/2006/EG): Die Zulassungsnummer muss in die Etikettierung aufgenommen und der Agentur die zugelassene Verwendung des Stoffes durch den nachgeschalteten Anwender (Notifizierungspflicht) mitgeteilt werden.
Hohe Hürden bis zur Zulassung
Die Hürden für eine Zulassung sind hochgesteckt: Der Antragsteller muss nachweisen, dass die Risiken des Stoffes bei seinem Einsatz angemessen beherrscht sind. Ggf. muss der Antragsteller außerdem einen Nachweis erbringen, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt und es keine geeigneten Alternativstoffe bzw. -technologien gibt. Sind geeignete Alternativen verfügbar, muss der Antrag auf Zulassung auch einen Substitutionsplan enthalten. In ihm wird dargelegt, durch welche Maßnahmen der zulassungspflichtige Stoff langfristig ersetzt werden soll.
Wird eine Zulassung erteilt, bezieht sich diese ausschließlich auf eine oder mehrere Verwendungen. Ggf. sind mit der Zulassung weitere Auflagen hinsichtlich der Überwachung des betreffenden Stoffes verbunden. Für jede Zulassung wird außerdem eine einzelfallbezogene Überprüfungsfrist festgelegt, die bisher bei 4, 7 und 12 Jahren lag. Für den Erhalt der Zulassung muss spätestens 18 Monate vor Ablauf dieser Frist erneut ein Überprüfungsbericht vorlegt werden. Unabhängig davon kann die EU-Kommission – z. B. bei neuen Informationen über Ersatzstoffe – eine Überprüfung der Zulassung einfordern, die unter den entsprechenden Rahmenbedingungen eine Widerrufung der Zulassung nach sich ziehen kann.
Da die Zulassungspflicht insbesondere bei komplexen Lieferketten hohen administrativen Aufwand bedeuten kann, können nachgeschaltete Anwender auch von einem Konsortialantrag d...