Arbeitsschutz im Allgemeinen und Gefährdungsbeurteilung im Besonderen ist nur mit Offenheit und Transparenz sinnvoll gestaltbar. Arbeitsschutzprozesse dürfen und sollen zwar eine gewisse Kontrollfunktion beinhalten. Auf diese Weise werden sozusagen Leitplanken im Arbeitsschutzsystem eines Unternehmens eingezogen, die es Führungskräften deutlich machen, in welcher Art und Weise sie ihren Arbeitsschutzpflichten nachkommen sollten. Eine solche Leitplanke kann eine wiederkehrende Arbeitsschutzbegehung sein, vielmehr aber die regelmäßig zu aktualisierende Gefährdungsbeurteilung, die konkret abbildet, welche Risiken im Griff zu halten und welche Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind.

Das Interesse daran, dass diese Prozesse wie erforderlich regelmäßig ablaufen, müssen Führungskräfte – selbstverständlich mit entsprechender Anleitung und Beratung durch Fachkräfte – entwickeln und halten. Wenn das nicht der Fall ist und die Motivation von Führungskräften dahin geht, Arbeitsschutzaufgaben zu vernachlässigen und Mängel zu vertuschen, dann werden auch regelmäßige Arbeitsschutzbegehungen das nicht effektiv ändern können. Die Einblicke, die dabei gewonnen werden, sind schließlich auch manipulierbar, wenn das fälschlicherweise so gewollt ist.

Arbeitsschutzberater, wie Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte (unternehmensinterne wie externe), sollten generell nicht auf eine Kontrolleurfunktion festgelegt werden. Dementsprechend stellt es aber auch kein Problem dar, wenn Gefährdungsbeurteilungen aufgrund von Aussagen und Einschätzungen erstellt werden, die von Verantwortlichen oder Zuständigen vor Ort getroffen werden – sehr wohl unter Beratung von Arbeitsschutzexperten, aber nicht unbedingt unter deren persönlicher Inaugenscheinnahme.

 
Praxis-Beispiel

Unkenntnis oder Nachlässigkeit?

  • Die Palette, die vor dem Notausgang steht,
  • der zugestellte oder verschwundene Feuerlöscher,
  • der ergonomisch ungünstig betriebene Bildschirmarbeitsplatz,
  • die fehlende Schutzbrille beim gelegentlichen Umgang mit Gefahrstoffen,
  • die nicht getragenen Schutzschuhe ...

Diese Liste typischer Mängel, die bei einer Begehung festzustellen wären, ließe sich beliebig verlängern. Es ist wichtig zu unterscheiden: was davon passiert, weil es Betroffenen gar nicht klar ist, dass hier ein Problem besteht – und was passiert durch Gedankenlosigkeit oder fehlende Motivation zu sicherem Verhalten? Und wie lässt sich eine Verbesserung erzielen?

  • Gegen fehlende Sachkenntnis hilft eine gezielte, umfassende und nachdrückliche Unterweisung.
  • Umsicht und Motivation sind v. a. durch geeignete Führungsarbeit zu verbessern, die sicheres Verhalten als gewünscht und gefordert erscheinen lässt.

Kontrollen im Rahmen regelmäßiger Begehungen leisten zwar einen gewissen Beitrag für einen besseren Sicherheitsstandard, sind aber sicher nicht der Schlüssel dazu, dass Mängel vermieden werden.

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