Dipl.-Ing. Matthias Glawe
Zusammenfassung
Unter Rohbauarbeiten sind die Leistungen zu verstehen, die erforderlich sind, um die tragenden Teile und die Dachkonstruktion einer baulichen Anlage zu errichten. Bei den Rohbauarbeiten handelt es sich um Bauhauptleistungen. Dazu zählen
- Erdarbeiten,
- Mauer-, Beton- und Stahlbeton-, Abbruch- und Montagearbeiten,
- Stahlbau- und Metallbauarbeiten,
- Zimmer- und Holzbauarbeiten, Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten, Klempnerarbeiten.
In einigen Landesbauordnungen sind die Rohbauabnahmen beschrieben. Danach kann ein Rohbau einer baulichen Anlage nach Vollendung der tragenden Teile, der Schornsteine, der Brandwände und der Dachkonstruktion abgenommen werden. Nach § 3 Nr. 2 Baugebührenordnung (BauGO) zählen außerdem Erdarbeiten, Abdichtungen, Dachdeckungsarbeiten und Klempnerarbeiten zum Rohbau.
Für die sichere Ausführung von Rohbauarbeiten müssen verschiedene Arbeitsschutzvorschriften beachtet werden. Hierzu zählen u. a. das Arbeitsschutzgesetz mit der Forderung nach einer Gefährdungsbeurteilung und die DGUV-V 38 "Bauarbeiten".
1 Organisation der Rohbauarbeiten
Der Bauherr trägt als Veranlasser der Baumaßnahmen zunächst die Gesamtverantwortung für das Bauvorhaben. Im Rahmen dieser Verantwortung hat er leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer mit der Ausführung von Bauleistungen (hier: Rohbauarbeiten) zu beauftragen, sofern er diese Aufgaben nicht selbst erfüllen kann. Mit dieser Auswahl trägt der Bauherr bereits entscheidend zur Arbeitsschutzorganisation auf der Baustelle bei.
Rohbauarbeiten müssen nach Maßgabe der DGUV-V 38 "Bauarbeiten" von fachlich geeigneten Vorgesetzten geleitet und von weisungsbefugten und fachkundigen Personen beaufsichtigt werden (Aufsichtführende). Führen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber gleichzeitig oder nacheinander Bauarbeiten aus, bei denen es zu Wechselwirkungen hinsichtlich des Arbeitsschutzes (gegenseitige Gefährdungen) kommt, muss für eine Abstimmung der Arbeiten gesorgt werden. Hierfür wird je nach Sachlage vom Bauherrn (gemäß BaustellV) oder von den beteiligten Arbeitgebern (DGUV-V 1) ein Koordinator bestellt.
2 Sichere Ausführung der Rohbauarbeiten
An die sichere Ausführung von Rohbauarbeiten werden im Arbeitsschutzrecht umfangreiche Anforderungen gestellt. Wichtigste fachliche Grundlage bildet die Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5 und 6 ArbSchG. Erfahrungsgemäß werden dabei regelmäßig auftretende Gefährdungen ermittelt, für die folgende Maßnahmen zu berücksichtigen sind.
Arbeitsstellen im oder in der Nähe von öffentlichem Verkehrsraum sind unter Berücksichtigung der Vorgaben des Auftraggebers und der zuständigen Behörden (verkehrsrechtliche Anordnung) abzusichern.
Die zum Rohbau gehörenden Erdarbeiten sind unter Berücksichtigung des Schutzes vorhandener Leitungen, Kabeln, Kanäle und dergleichen durchzuführen. Im Bereich benachbarter baulicher Anlagen sind die Rohbauarbeiten unter Beachtung der Gebäudesicherung nach DIN 4123 durchzuführen. Wände von Baugruben und Gräben müssen so gesichert werden (Abböschung/Verbau), dass sie während der einzelnen Bauzustände standsicher sind. In Gruben-/Grabensohlen sind ausreichende Arbeitsraumbreiten einzuhalten.
Die auszuführenden Rohbauarbeiten dürfen nicht gleichzeitig an übereinander liegenden Stellen ausgeführt werden, sofern nicht die darunter liegenden Arbeitsplätze und Verkehrswege gegen herabfallende, umstürzende, abgleitende oder abrollende Gegenstände und Massen geschützt sind. Deshalb hat der verursachende Auftragnehmer für die Festlegung der Gefahrenbereiche, deren Kennzeichnung, Absperrung oder Sicherung durch Warnposten zu sorgen.
An allen Arbeitsplätzen und Verkehrswegen, bei denen Absturzgefahr besteht, müssen ständig Absturzsicherungen vorhanden sein. Sind in den betreffenden Bereichen Sicherungen gegen Absturz durch technische Maßnahmen oder Einrichtungen zum Auffangen abstürzender Personen (Auffangeinrichtungen) nicht möglich, müssen die Beschäftigten PSA gegen Absturz (z. B. Auffanggurte, Höhensicherungsgeräte) tragen. Gerüste, Hubarbeitsbühnen und andere mobile Arbeitsplätze müssen so eingerichtet und beschaffen sein, dass sie jederzeit ein sicheres Arbeiten gewährleisten.
Weitere Schutzmaßnahmen sind u. a. für den Umgang mit Arbeitsmitteln und mit Gefahrstoffen, zur Gewährleistung des Brandschutzes oder zur Minimierung physischer Belastungen erforderlich.