Fachkräfte für Arbeitssicherheit sollten zur Versachlichung der Debatte über arbeitsbedingte psychische Belastungen beitragen. Im Idealfall geschieht dies im Zusammenspiel mit anderen Fachleuten wie dem Betriebsarzt. So lassen sich Vorbehalte aus der Führungsebene, aber auch vonseiten der Mitarbeiter abbauen. Diese könnten sonst schnell davon ausgehen, dass mit einer Gefährdungsbeurteilung von psychischen Belastungen eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit einzelner Mitarbeiter einhergeht.

 
Wichtig

Betriebliche Kommunikation

Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte sollten Führungskräfte und Beschäftigte einbeziehen und kontinuierlich über den aktuellen Stand der Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen informieren. Die Kommunikation sollte möglichst umfassend und sachlich erfolgen.

Um psychische Belastungen angemessen im betrieblichen Kontext zu thematisieren, sind aus der Fülle des zur Verfügung stehenden Materials geeignete Statistiken auszuwählen und mit Augenmaß zu interpretieren. Repräsentatives Zahlenmaterial findet sich u. a. in den jährlichen Berichten über Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SuGA-Berichte) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS)[1] sowie in der vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Kooperation mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführten BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung.[2]

Auch die Krankenkassen erstellen Studien zu psychischen Belastungen. Zu beachten ist, dass sich diese Zahlen i. d. R. nur auf die Versicherten der jeweiligen Krankenkasse beziehen.

Unter bestimmten Bedingungen (u. a. Mitarbeiterzahl > 50) erstellen Krankenkassen auch unternehmens- und krankenkassenspezifische Gesundheitsberichte. Diese können erste Hinweise darauf geben, in welchen Bereichen psychische Belastungen im eigenen Unternehmen bestehen; dies erleichtert ihre Einbeziehung in die Gefährdungsbeurteilung. Problematisch kann allerdings die Frage sein, welche Krankenkassen die Gesundheitsberichte erstellen sollen: Seitdem ein Wechsel zwischen den Krankenkassen schnell möglich ist, ist die Versichertenstruktur sehr heterogen geworden, d. h., es ist nicht mehr davon auszugehen, dass die Mitarbeiter mehrheitlich in nur ein oder 2 Krankenkassen versichert sind.

 
Achtung

Sachlicher Umgang mit Zahlen und Statistiken

Eine mögliche Erklärung für die hohe Anzahl psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen ist eine Verschiebung im Diagnosespektrum: Ärzte, aber auch Patienten wissen mittlerweile viel mehr über die Zusammenhänge von körperlichen Krankheiten und ihren psychischen Ursachen; die Gesellschaft geht insgesamt offener mit psychischen Erkrankungen um.[3] Die Merkmale arbeitsbedingter psychischer Belastung bewegen sich zwar auf hohem Niveau, sind aber in den vergangenen 5 Jahren nicht gestiegen.[4]

[1] Bundesministerium für Arbeit und Soziales/Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2012. Bericht der Bundesregierung über den Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und über das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2022 (= SuGA-Bericht 2022), Download unter: www.baua.de/suga.
[2] Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Grundauswertung der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2022 mit den Schwerpunkten Arbeitsbedingungen, Arbeitsbelastungen und gesundheitliche Beschwerden, Download unter: www.baua.de.
[3] Vgl. DAK-Gesundheit (Hrsg.), DAK-Gesundheitsreport 2023 und Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (Hrsg.), kompakt. Erfolgsfaktor Psychische Gesundheit, 2013.
[4] Vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Stressreport Deutschland 2022.

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