Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
Zusammenfassung
Regalsysteme aus Stahl werden in vielen Unternehmen und Handelsbetrieben eingesetzt. Sie werden häufig mithilfe von Flurförderzeugen be- und entladen, durch die es zu Beschädigungen an tragenden Regalteilen kommen kann. Beschädigungen an tragenden Teilen von Regalen können zum Ausfall der gesamten Regalkonstruktion führen. Das kann mit erheblichen Unfallgefahren und schweren Sachschäden verbunden sein.
Die seit 2009 gültige DIN EN 15635 enthält grundlegende Pflichten für Planer, Errichter sowie für Betreiber ortsfester Regalsysteme aus Stahl. Durch die Einhaltung der Normvorgaben sollen Regalunfälle künftig sicher vermieden werden.
Der Fachbeitrag informiert über die Pflichten für Betreiber von Regalsystemen aus Stahl und die Forderung nach Einführung eines betrieblichen "Management-Kontrollverfahrens".
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und TRBS 1203 "Zur Prüfung befähigte Personen"
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- DGUV-R 108-007 Lagereinrichtungen und -geräte
- DGUV-I 208-021 Erstellung von Betriebsanweisungen für Geräte und Anlagen zur Regalbedienung
- DIN EN 15635:2009 Ortsfeste Regalsysteme aus Stahl, Anwendung und Wartung von Lagereinrichtungen
- DIN EN 15629:2008 Ortsfeste Regalsysteme aus Stahl, Spezifikation von Lagereinrichtungen
- DIN EN 15512:2020 Ortsfeste Regalsysteme aus Stahl, Verstellbare Palettenregale, Grundlagen der statischen Bemessung
- DIN EN 528:2008 Regalbediengeräte, Sicherheitsanforderungen
- DIN EN 13382:2003 Flachpaletten für die Handhabung von Gütern, Hauptmaße
- DIN EN ISO 445:2013 Paletten für die Handhabung von Gütern, Begriffe
- RAL-RG 614 Gütesicherung Lager- und Betriebseinrichtungen
- RAL-RG 993 Gütesicherung von Paletten
- RAL-GZ 608 Gütesicherung, dynamische Lagersysteme
1 Risiken beim Betrieb von Regalsystemen
Regale unterliegen als Arbeitsmittel den generellen Anforderungen der BetrSichV hinsichtlich Beschaffenheit und sicherem Betrieb.
Regalsysteme aus Stahl können folgende Ausführung haben:
- Palettenregale,
- Fachbodenregale,
- Einfahr- und Durchfahrregale,
- Kragarmregale,
- Hochregale,
- Durchlaufregale,
- Einschubregale,
- Verschieberegale,
- Regalbühnen,
- Umlaufregale (Paternoster = vertikal, Karussell = horizontal).
Grundsätze für den sicheren Betrieb von Regalsystemen enthält bereits die seit 1988 (aktualisiert 2006) gültige berufsgenossenschaftliche Regel DGUV-R 108-007 "Lagereinrichtungen und -geräte". Darin sind verschiedene Anforderungen an den Aufbau und die Statik von Lagereinrichtungen enthalten. Regelmäßige Prüfungen werden in DGUV-R 108-007 explizit nur für kraftbetriebene Regale und Schränke gefordert.
Regalanlagen werden i. d. R. mithilfe von Flurförderzeugen be- und entladen. Dabei können unterschiedliche Arten von Flurförderzeugen eingesetzt werden, z. B.
- Front- oder Seitengabelstapler,
- mitgängergeführte Flurförderzeuge mit Hubeinrichtung,
- Regalbediengeräte oder
- Kommissionsstapler.
Beschädigungen an tragenden Regalteilen
Durch den Einsatz dieser schweren Arbeitsmittel können aus Unachtsamkeit der Staplerfahrer tragende Regalteile beschädigt werden. Die Folgen solcher Beschädigungen sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Sie können aber von entscheidender Bedeutung für die Standsicherheit der Regalanlage sein. Beschädigungen an tragenden Teilen von Regalen können bis zum Ausfallder gesamten Regalkonstruktion führen. Das kann mit erheblichen Unfallgefahren und schweren Sachschäden verbunden sein.
Die im August 2009 in Kraft getretene DIN EN 15635 "Ortsfeste Regalsysteme aus Stahl, Anwendung und Wartung von Lagereinrichtungen" fordert von Betreibern, Regalsysteme, die mit Flurförderzeugen beschickt werden oder in deren näherem Umfeld diese Arbeitsmittel eingesetzt werden, regelmäßig zu überprüfen. Aus diesem "Management-Kontrollverfahren" sollen sich bei beschädigten Regalen Schutzmaßnahmen nachvollziehbar ableiten lassen.
Auch kraftbetriebene Regalsysteme und Hochregallager (> 12 m) aus Stahl fallen unter diese Norm. Lagereinrichtungen, die nicht aus Stahl hergestellt wurden und Lagereinrichtungen für den Haushaltsbereich sind dagegen ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen.
2 Hintergrund der EU-Norm
Die Herausgabe des ersten Normenentwurfs zum Thema "Regalsicherheit" (prEN 15635 vom Mai 2007 "Ortsfeste Regalsysteme aus Stahl – Verstellbare Palettenregale – Leitlinien zum sicheren Arbeiten") hatte zunächst Verwunderung und auch Einsprüche aus den Fachkreisen der EU-Mitgliedsstaaten ausgelöst.
Gründe für die Einsprüche waren:
- Bei diesem Normenentwurf handelte es sich hauptsächlich um eine Spezifikation zum sicheren Gebrauch von Lagereinrichtungen, also um ein klassisches Arbeitsschutzthema und weniger um technisch normierte Vorgaben.
- Insbesondere die deutsche Vertretung in der Normenkommission wollte europäischen Normen, die den betrieblichen Sektor regeln, nicht zustimmen, da es diesbezüglich schon eine gesetzliche Regel gibt (BetrSichV).
- Der im Normenentwurf auftauchende Begriff des "Sicherheitsbeauftragten" war in Deutschland bereits belegt (§ 22 SGB VII). Ein weiter...