Tomy Sobetzko, Dr. Rupprecht Maushart
3.1 Die heute geltenden Risikofaktoren
Unter den bisher genannten Voraussetzungen lässt sich eine Maßzahl für das Schädigungspotenzial bei den latenten Wirkungen ionisierender Strahlung aufstellen, die Risikofaktor genannt wird.
Der Risikofaktor gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der nach einer bestimmten Strahlenexposition ein Krebsschaden eintritt oder ein schwerer genetischer Schaden entsteht (Tab. 1).
Risiko |
bestrahlte Gruppe |
männl. Erwachsene |
Gesamtbevölkerung |
Krebsentstehung Erbschäden |
4,1 0,1 |
5,5 0,2 |
gesamt |
4,2 |
5,7 |
Tab. 1: Die heute akzeptierten und empfohlenen Risikofaktoren
Man kann diese Wahrscheinlichkeit auf das einzelne bestrahlte Individuum beziehen. Dieser Wert ist aber sehr abstrakt, weil er zu sehr kleinen Zahlen führt, z. B. 5 × 10-5 pro mSv. Niemand kann sich das wirklich vorstellen.
Deshalb erklärt man den Risikofaktor meistens als die mittlere statistische Erwartung, als Angehöriger einer strahlenexponierten Gruppe Krebs zu bekommen. Die gleiche Zahl wie oben würde dann bedeuten, dass von einer Million Personen, die jeweils 1 mSv als Dosis erhielten, 50 einen strahlenbedingten Krebs bekommen werden. Allerdings muss man auch darauf hinweisen, dass die so abgeschätzten Zahlen von Strahlenopfern durch die durch strikte Anwendung der LNT-Hypothese bis herab zu den kleinsten Dosen ermittelt werden, aber gerade deshalb rein hypothetisch sind und durch nichts bewiesen werden können. In der Wissenschaft ebenso wie bei der ICRP besteht heute jedenfalls Übereinkunft darüber, dass derartige Hochrechnungen jeder realen Grundlage entbehren und somit weder zuverlässig noch zulässig sind.
3.2 Unsicherheiten bei der Anwendung von Risikofaktoren
Risikofaktoren sind für die Abschätzung der schädlichen Folgen einer Strahlenexposition und damit für die Beurteilung der Zulässigkeit von Strahlenanwendungen unentbehrlich. Allerdings muss man bei ihrer Anwendung in Betracht ziehen, dass auch die Faktoren selbst mit Unsicherheiten behaftet sind und deshalb nur zu einer größenordnungsmäßigen Orientierung dienen können. So ist erwiesen, dass z. B. gruppenspezifische Unterschiede in der Strahlenempfindlichkeit vorhanden sind. Männer etwa sind unterschiedlich krebsanfällig als Frauen, Jugendliche anders als Senioren. Ja selbst Japaner, von denen die Risikowerte ja z. T. stammen, sind möglicherweise unterschiedlich krebsanfällig als Europäer. Hinzu kommt, wie sich gerade in neueren Untersuchungen gezeigt hat, dass Individuen unterschiedliche Strahlenempfindlichkeiten aufweisen.