(1) Humane Probenmaterialien (Körperflüssigkeiten, Gewebe, Zellkulturen etc.), deren Infektionsstatus nicht weiter charakterisiert ist, sind als potenziell infektiös anzusehen. Deswegen sind entsprechende Tätigkeiten im Allgemeinen unter den Bedingungen der Schutzstufe 2 nach Nummer 5.3durchzuführen.
(2) Ist der Infektionsstatus des Probenmaterials bekannt und liegt eine Infektion mit HIV, HBV oder HCV vor, ist tätigkeitsbezogen entsprechend der in Nummer 4.3.2 genannten Kriterien zu prüfen, ob die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2 nach Nummer 5.3 genügen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine rasche Inaktivierung des Probenmaterials erfolgt oder ein weitgehend automatisiertes Verfahren eingesetzt wird.
Andernfalls sind die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 3 entsprechend Nummer 5.4.1 anzuwenden.
(3) Ist der Infektionsstatus des Probenmaterials bekannt, liegen biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 vor und sind die Tätigkeiten nicht auf diese ausgerichtet, ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung entsprechend der in Nummer 4.3.2 genannten Kriterien zu prüfen, ob die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2 nach Nummer 5.3, ggf. mit einzelnen, zusätzlich festzulegenden Schutzmaßnahmen, ausreichend sind.
Ist dies nicht der Fall, sind die Tätigkeiten unter den Bedingungen der Schutzstufe 3 entsprechend Nummer 5.4.2 durchzuführen.
(4) Liegen Verdachtsmomente einer Infektion mit einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 4 vor, sind alle orientierenden Untersuchungen der Primärprobe mit nicht inaktiviertem Material mindestens unter den Bedingungen der Schutzstufe 3 nach Nummer 5.4.2 durchzuführen.
Liegen Untersuchungsproben von einem mit einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 4 infizierten akut erkrankten Patienten vor, sind labordiagnostische Untersuchungen mit nicht inaktiviertem Material unter den Bedingungen der Schutzstufe 4 nach Nummer 5.5 durchzuführen.
(5) Liegen nach der Charakterisierung humanen Probenmaterials klinisch unauffälliger Spender keine Erreger der Risikogruppe 2 und höher vor, so sind die Bedingungen der Schutzstufe 1 nach Nummer 5.2 ausreichend. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Probenmaterialien HIV-, HBV- und HCV-negativ sind. Es ist dann davon auszugehen, dass eine Infektionsgefährdung durch andere Krankheitserreger zwar nicht auszuschließen aber unter Beachtung der allgemeinen Hygienemaßnahmen vernachlässigbar ist.
(6) Tätigkeiten im Rahmen der Tuberkulosediagnostik ausgehend vom Primärmaterial (Untersuchungsmaterial), z. B. die Probenvorbereitung und Aufbereitung/Vorbehandlung, die mikroskopische Direktuntersuchung zum Nachweis säurefester Stäbchen, die kulturelle Anzucht in flüssigen und festen Nährmedien, die Inaktivierung zur Durchführung molekularbiologischer Techniken (PCR), können unter den Bedingungen der Schutzstufe 2 durchgeführt werden. Sind die Kulturmedien (kulturelle Anzucht) positiv und handelt es sich bei weiteren Arbeitsschritten um nicht gezielte Tätigkeiten, kann tätigkeitsbezogen entsprechend der in Nummer 4.3.2 genannten Kriterien geprüft werden, ob die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2, ggf. mit einzelnen zusätzlich festzulegenden Schutzmaßnahmen, ausreichend sind. Das ist z. B. der Fall, wenn unmittelbar eine Inaktivierung des entnommenen Probenmaterials oder keine weitere Vermehrung erfolgt. Voraussetzung ist, dass die Beschäftigten sicher vor Aerosolexposition geschützt sind. Die weiterführende Diagnostik der in den Anzuchtmedien gewachsenen Mykobakterien der Risikogruppe 3, d. h. die endgültige Differenzierung/Identifizierung mit Hilfe physiologischer Tests oder die phänotypische Empfindlichkeitsprüfung gegenüber Antituberkulotika sind gezielte Tätigkeiten. Diese sind unter den Bedingungen der Schutzstufe 3 entsprechend Nummer 5.4.2 durchzuführen.
(7) Tätigkeiten im Rahmen der Milzbranddiagnostik sind der Schutzstufe 2 nach Nummer 5.3 zuzuordnen, wenn es sich um diagnostische Orientierungsuntersuchungen von
- Proben menschlichen oder tierischen Ursprungs wie Abstrichen, Blut etc. oder
- Umweltproben z. B. Bodenproben, die Milzbranderreger enthalten können,
handelt. Zur diagnostischen Orientierungsuntersuchung gehören die Anfertigung und Beurteilung von mikroskopischen Präparaten, das Anlegen und Beurteilen von Kulturen sowie ggf. serologische und molekularbiologische Untersuchungen unmittelbar am Untersuchungsmaterial. Das Beurteilen von Kulturen kann neben der Erfassung von morphologischen Merkmalen auch die Durchführung von PCR sowie von anderen Methoden (wie z. B. MALDI-ToF) unter Verwendung von inaktiviertem Bakterienmaterial beinhalten.
Wenn die diagnostischen Orientierungsuntersuchungen aus den Primärproben oder den Primärkulturen deutliche Hinweise auf das Vorhandensein von Bacillus anthracis ergeben haben (z. B. positives PCR-Signal zum Nachweis von Virulenzplasmid-DNA, MALDI-ToF mit entsprechender Referenzdatenbank), kann es sich um verdächtige Milzbranderreger handeln. Die weiterführende Diagnostik, d. h. die endgültige Differenzierung (Ausschluss bzw...