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Der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) hat folgende Arbeitsschutzanforderungen für Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung durch hochpathogene Viren bei der Patientenversorgung außerhalb von Sonderisolierstationen beschlossen. Der Beschluss 610 dient der Konkretisierung der Biostoffverordnung (BioStoffV) und gibt den Stand der Technik wieder. Er beruht auf den Ergebnissen des ABAS-Arbeitskreises "Hochpathogene Viren".
1 Allgemeines
Ausgelöst durch den Ebolafieber-Ausbruch in Westafrika im Jahr 2014/2015 und die dadurch bundesweit entstandenen Fragestellungen, hat das Robert Koch-Institut das "Rahmenkonzept Ebolafieber" in engem Austausch mit allen betroffenen Institutionen entwickelt [1]. Die im Konzept aufgeführten Arbeitsschutzmaßnahmen waren unter Mitwirkung des ABAS und in Abstimmung mit diesem festgelegt worden. Sie wurden nun auf der Grundlage der gemachten Erfahrungen und des resultierenden Konkretisierungsbedarfs auch hinsichtlich anderer hochpathogener Krankheitserreger durch den ABAS weiterentwickelt und werden mit diesem Beschluss in das Technische Regelwerk zu Biologischen Arbeitsstoffen überführt.
2 Zielsetzung, Anwendungsbereich
Der Beschluss 610 konkretisiert die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen für die Versorgung von Patienten, die mit hochpathogenen Krankheitserregern (Biostoffe der Risikogruppe 4) infiziert bzw. krankheitsverdächtig sind, außerhalb von Sonderisolierstationen (SIS). Er soll Einrichtungen, die sich auf derartige Situationen vorbereiten wollen bzw. aufgrund von Vereinbarungen vorbereiten müssen, bei der Planung und Festlegung entsprechender Maßnahmen unterstützen.
Betroffen sein können:
- Arztpraxen und Notaufnahmen, die von infizierten oder krankheitsverdächtigen Patienten aufgesucht werden,
- Rettungsdienste - einschließlich Notärzte und ärztliche Bereitschaftsdienste, die den Transport dieser Patienten in die Zieleinrichtung durchführen bzw. begleiten und
- Krankenhäuser, die aufgrund einer Ausnahmesituation die Versorgung des Patienten außerhalb einer SIS durchführen müssen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Patient nicht transportfähig ist.
Die folgenden Regelungen gelten ausschließlich für Situationen, für die es keine weitergehenden Konkretisierungen in der TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" [2] gibt.
Die Schutzmaßnahmen gelten auch für hinzugezogene Personen, wie z. B. die Vertreter von Gesundheitsbehörden.
Die Anforderungen an SIS sind in der TRBA 250 abschließend geregelt und bleiben unberührt.
3 Begriffsbestimmungen
3.1 Basishygienische Maßnahmen
Basishygiene beschreibt die in medizinischen Einrichtungen erforderliche Standardhygiene. Sie umfasst alle Hygienemaßnahmen, die in einer Gesundheitseinrichtung grundsätzlich durchgeführt werden [3, 4]. Dazu gehören insbesondere Händehygiene, Schutzkleidung und Schutzausrüstung sowie Desinfektionsmaßnahmen.
3.2 Hochpathogene Krankheitserreger
Hochpathogene Krankheitserreger im Sinne dieses Beschlusses sind Biostoffe der Risikogruppe 4 (§ 3 Absatz 1 Nummer 4 BioStoffV) [5].
3.3 Sonderisolierstation
Eine Sonderisolierstation (SIS) ist ein benanntes Behandlungszentrum, in dem Patienten, die mit einem Biostoff der Risikogruppe 4 infiziert oder krankheitsverdächtig sind, unter den Bedingungen der Schutzstufe 4 (siehe Schutzstufenzuordnung nach TRBA 250 Nummer 3.4.2 Absatz 4 [2]) versorgt werden.
3.4 Krankheitsverdächtig
Krankheitsverdächtig ist eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen (§ 2 Nummer 5 Infektionsschutzgesetz – IfSG [6]).
3.5 Patientenversorgung
Unter Patientenversorgung wird die Untersuchung, Behandlung und Pflege eines Patienten in einer Einrichtung des Gesundheitsdienstes (gemäß § 2 Absatz 14 BioStoffV) verstanden. Im Rahmen dieses Beschlusses fällt der Transport von infizierten bzw. krankheitsverdächtigen Patienten durch Rettungsdienste ebenfalls darunter.
3.6 Isolierbereich
Der Isolierbereich ist ein von übrigen Arbeitsbereichen sicher abgetrennter Bereich, in dem ein infizierter oder krankheitsverdächtiger Patient versorgt wird.
4 Schutzmaßnahmen
4.1 Vorbemerkungen
(1) Nach TRBA 250 Nummer 3.4.2 Absatz 4 [2] sind Tätigkeiten im Rahmen der Untersuchung, Behandlung und Pflege von Patienten, die mit einem Biostoff der Risikogruppe 4 infiziert sind oder bei denen ein entsprechender Verdacht vorliegt, i.d.R. der Schutzstufe 4 zugeordnet. Die dabei einzuhaltenden Schutzmaßnahmen sind in Anhang 1 "Sonderisolierstationen" der TRBA 250 zusammengefasst. Es kann jedoch erforderlich werden, dass solche Patienten außerhalb von SIS versorgt werden müssen (siehe Nummer 2). In diesen Fällen kann der für SIS beschriebene Stand der Technik aufgrund der fehlenden...