(1) Isocyanate sind hochreaktive organische Verbindungen mit unterschiedlicher Grundstruktur, die als gemeinsames Merkmal die Isocyanat-Gruppe (-N=C=O) aufweisen. Unterschieden wird zwischen aromatischen Isocyanaten (z. B. TDI, MDI, NDI) und (cyclo)aliphatischen Isocyanaten (z. B. IPDI, H12MDI oder HDI)[1]. Isocyanate sind Reaktionspartner für Alkohole, Wasser, Amine oder für Polyole bei der Herstellung der technisch vielfältig genutzten Polyurethan-Kunststoffe (PUR, PU).

 

(2) Di- oder Tri-Isocyanate tragen zwei bzw. drei NCO-Gruppen im Molekül und können so Polymer-Ketten oder vernetzte Moleküle bilden. Die Bezeichnung "Mono"-, "Di"- oder "Tri"- Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanatgruppen in einem Molekül, d. h. ein Diisocyanat im Sinne dieser TRGS ist ein Isocyanat mit zwei NCO-Gruppen im Molekül.

 

(3) Monoisocyanate besitzen nur eine NCO-Gruppe und werden meist zur chemischen Synthese verwendet wie z. B. Methylisocyanat. Sie werden bei der Herstellung von Polyurethan-Produkten nicht eingesetzt, können aber als Verunreinigung enthalten sein. Sie können bei der thermischen Zersetzung von Kunststoffen, insbesondere Polyurethanen, entstehen und somit unter Arbeitsschutzaspekten von Bedeutung sein.

 

(4) Polymere Isocyanate (Polyisocyanat) ist der Oberbegriff für alle Polyadditionsprodukte mit freien NCO-Gruppen, die mehr als ein Isocyanat-Molekülfragment enthalten, d. h. auch für Prepolymere oder Oligomere.

 

(5) Prepolymere sind durch Additionsreaktionen gezielt erzeugte vorpolymerisierte Zwischenprodukte aus Isocyanaten und Polyolen. Sie tragen noch reaktive, endständige NCO-Gruppen und können unterschiedliche Anteile an monomeren Diisocyanaten enthalten.

 

(6) Dimere, trimere oder oligomere Isocyanate (z. B. Isocyanurate) werden durch Modifizierungsreaktionen aus monomeren Diisocyanaten hergestellt. Die Bezeichnung "monomeres", "dimeres", "trimeres" Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanat-Molekülfragmente aus denen es gebildet wird. z. B. besteht ein dimeres Isocyanat aus zwei Isocyanat-Molekülfragmenten von monomeren Diisocyanaten, oligomere Isocyanate aus mehreren weiteren Isocyanat-Molekülfragmenten.

 

(7) Verkappte bzw. blockierte Isocyanate enthalten in der Lieferform keine freien NCO-Gruppen. Reaktive NCO-Gruppen entstehen erst bei der Verarbeitung nach Abspaltung des Verkappungs- bzw. Blockierungsmittels z. B. durch Erwärmen.

 

(8) Tätigkeiten mit Isocyanaten umfassen die Verwendung von Isocyanaten als Stoffe oder in Gemischen. Beispiele sind die Herstellung von PUR-Schaumstoffen oder die Verwendung von PUR-Klebstoffen oder -Lacken. Zudem gibt es Tätigkeiten, bei denen eine unbeabsichtigte Freisetzung von Isocyanaten stattfinden kann, z. B. bei der thermischen Zersetzung von Kunststoffen[2], bei der Lagerung oder der mechanischen Bearbeitung nicht vollständig ausreagierter PUR-Produkte.

 

(9) Unter Isocyanat-Aerosolen versteht man fein verteilte isocyanathaltige Partikel (Feststoffe oder Flüssigkeiten) in der Luft. Sie können technisch durch das Verarbeitungsverfahren erzeugt werden, z. B. bei Spritz-Applikationen, oder aber durch die Rekondensation erwärmter Isocyanat-Dämpfe in kalter Umgebungsluft entstehen.

 

(10) Der Expositionsleitwert (ELW) ist ein Beurteilungsmaßstab für die Summenkonzentration aller reaktiver Isocyanat-Gruppen (TRIG)[3]. Er wird in "NCO mg/m³" angegeben. Die Einhaltung des ELW wird durch Messung der NCO-Gruppen überprüft. Er ist damit auch bei komplexen isocyanathaltigen Gemischen oder Isocyanaten unklarer Identität anwendbar. Eine Einhaltung des ELW bedeutet immer, dass auch die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten sind. Für Diisocyanate ist ein neuer EU-Arbeitsplatzgrenzwert (BOELV) in die EU-RL98/24/EU in Form eines TRIG-Wertes aufgenommen worden (siehe Abschnitt 5 Absatz 6). Die TRIG kann dabei in der Regel durch Messung der Diisocyanate und anschließende Umrechnung ermittelt werden (siehe Anhang A 2.4 Absatz 2).

 

(11) Der Expositionsbeurteilungswert (EBW) ist ein Beurteilungsmaßstab nach der TRGS 402 [4] und dient zur Bewertung der inhalativen Gefährdung durch polymere Isocyanate bei Spritzapplikationen (Lacke, Klebstoffe). Er ist unter Berücksichtigung des geringeren toxischen Potentials polymerer Isocyanate im Vergleich zu monomeren Diisocyanaten nach Anhang 2 Abschnitt A2.5 auszuwählen. Der EBW ist stets produktbezogen und wird in der Regel vom Hersteller im Sicherheitsdatenblatt angegeben. Ist ein EBW vom Hersteller nicht angegeben, so wird zur Beurteilung der ELW oder der AGW des monomeren Isocyanats angewendet, von dem sich das Polymer chemisch ableitet.

 

(12) Der Aerosolpenetrationsfaktor (APF) ist ein experimentell ermittelter Faktor, welcher der Lungengängigkeit unterschiedlich großer Isocyanat-Aerosolteilchen bei Spritzapplikationsverfahren Rechnung trägt. Er ist entsprechend den Leitlinien in Anhang 2 Abschnitt A2.6 auszuwählen.

[1] Abkürzungen siehe Anhang 1.
[2] Beispiele sind PUR, Polyamide, Harnstoff-Formaldehyd-Harze und amingehärtete Epoxide.
[3] TRIG...

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