11.1 Akut toxische Flüssigkeiten und Feststoffe

11.1.1 Anwendungsbereich und allgemeine Anforderungen

 

(1) Die folgenden Regelungen gelten bei der Lagerung sowie bei Befüll- und Entleervorgängen akut toxischer Flüssigkeiten und Feststoffen der Kategorie 1 oder 2 (gekennzeichnet mit H300, H310, oder H330). Satz 1 gilt nicht für Salpetersäure, eingestuft in Kategorie 1 akut toxisch.

 

(2) Lager mit einer Ausdehnung ab 800 m² sind zur Warnung von Personen, die sich im Lager oder in dessen unmittelbarer Nähe befinden können, mit Alarmierungseinrichtungen auszurüsten, z. B. mit einer Lautsprecheranlage.

 

(3) Lager im Freien sind so anzulegen, dass das Lager mindestens 5 m von Gebäudeöffnungen entfernt ist.

 

(4) Im genehmigungsbedürftigen Lager des Anhanges zur 4. BImSchV sind ortsfeste automatische Brandmeldeanlagen und Löscheinrichtungen auch dann erforderlich, wenn aus den gelagerten Gefahrstoffen im Brandfall eine Freisetzung giftiger Brandgase zu erwarten ist, die in ihren Auswirkungen eine ernste Gefahr im Sinne der Störfallverordnung darstellen.

 

(5) Für Lager und Füllstelle muss ein aktueller Plan für die Feuerwehr mit allen für die Brandbekämpfung erforderlichen Informationen vorhanden sein. Die Anforderungen an den Plan für die Feuerwehr gelten u. a. als erfüllt, wenn dieser DIN 14095 entspricht.

11.1.2 Bau und Ausrüstung der Lagerbehälter

 

(1) Die Lagerbehälter müssen zusätzlich zu den Maßnahmen nach Abschnitt 7.1.3 mit Absperr- und Rohrleitungsanschlüsse ausgerüstet sein, die ein Austreten von Flüssigkeiten wirkungsvoll verhindern. In Umsetzung von Satz 1 sind

 

1.

alle Füll-, und Entnahmeleitungen mit einer Handabsperrarmatur und zumindest bei Flüssigkeiten mit einem Dampfdruck über 0,01 hPa zusätzlich eine fernbetätigbare Absperrarmatur mit mechanischem, pneumatischem oder elektrischem Stellungsanzeiger auszurüsten,

 

2.

an Probenahmestellen Einrichtungen vorzusehen die sicherstellen, dass betriebsbedingt keine oder nur geringe Mengen austreten können, z. B. durch Ausrüstung der Probenahmeöffnungen mit zwei hintereinander geschalteten Absperrarmaturen und Auslegung mit einem entsprechend dimensionierten Querschnitt,

 

3.

produktführende Messleitungen mit einer Handabsperrarmatur zu versehen,

 

4.

Anschlussstutzen unterhalb des zulässigen Füllgrads sind grundsätzlich zu vermeiden. Vorhandene Stutzen ohne angeschlossene Rohrleitung sind bevorzugt ohne Flansch auszuführen. Werden Flanschverbindungen eingesetzt, sind diese auf Dauer technisch dicht auszuführen, siehe hierzu auch TRGS 722 Abschnitt 4.5.2. Anschlussstutzen ohne angeschlossene Rohrleitung sind blind zu flanschen.

 

(2) Lagerbehälter müssen über eine geeignete Überfüllsicherung verfügen. Ab einem Fassungsvermögen von mehr als 25.000 l sind zwei voneinander unabhängige Überfüllsicherungen oder ein gleichwertiges System erforderlich. Die Überfüllsicherungen müssen alle Zuläufe automatisch unterbrechen, damit unter Berücksichtigung eventueller Nachlaufmengen der zulässige Füllungsgrad eingehalten wird. Beim Ansprechen der Überfüllsicherung muss ein optischer und akustischer Alarm ausgelöst werden.

 

(3) Es sind Vorkehrungen zur Erkennung und Alarmierung bei Produktaustritt zu treffen. In Lagern sind selbsttätig wirkende Einrichtungen zum Erkennen, Warnen und Melden von Flüssigkeitsaustritt notwendig, z. B. mittels geeigneter Gaswarneinrichtungen mit Meldung an eine ständig besetzte Stelle. Diese Einrichtungen, z.B. Gaswarneinrichtungen, müssen Vor- und Hauptalarm auslösen. Diese Alarmwerte sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Der Voralarm kann beispielsweise auf den AGW nach TRGS 900 festgelegt werden, der Hauptalarm auf eine Kurzzeitexposition ohne irreversible Gesundheitsschäden. Beim Ansprechen des Hauptalarms muss die Anlage selbsttätig in den sicheren Zustand gehen.

11.1.3 Aufstellung in Räumen

 

(1) Werden in Räumen Flüssigkeiten mit einem Dampfdruck größer 0,01 hPa befüllt oder entleert, dürfen sich in Räumen daneben, darunter oder darüber Personen nur dann dauerhaft aufhalten, wenn diese nicht gefährdet werden können. Hierfür sind die Füll- oder Entleerstellen zu angrenzenden Räumen/Bereichen grundsätzlich gasdicht abzutrennen.

 

(2) Türen zu diesen Räumen/Bereichen müssen selbstschließend sein.

 

(3) Die Räume/Bereiche sind mit einer Einrichtung zu versehen, die ausgetretene Flüssigkeit

 

1.

gefahrlos ableitet, auffängt und beseitigt oder

 

2.

detektiert und mittels optischer und akustischer Anzeige auf das Sicherheitsrisiko hinweist.

11.1.4 Aufstellung im Freien

 

(1) Die Forderungen von Abschnitt 11.1.4 gelten für akut toxische Flüssigkeiten der Kategorie 1 oder 2.

 

(2) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind Bereiche mit hoher und mit sehr hoher Gefährdung festzulegen, in denen bei Leckagen eine entsprechende Gesundheitsgefährdung besteht. Hierbei ist neben den toxischen Eigenschaften die Dichtigkeit aller Anlagenteile zu berücksichtigen. Zur Festlegung der Bereiche mit hoher Gefährdung können die Beurteilungsmaßstäbe bei kurzfristiger, i.d.R. einmaliger Exposition herangezogen werden, wie z. B. die AEGL-2[1] oder ersatzweise ERPG-2 oder vergleichbare stoffspezifische Beurteilungswerte bei einer einstündigen Exposition. Zur Festlegung ...

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