(1) Raumdesinfektionen mit Formaldehyd sollten grundsätzlich erst dann zur Anwendung kommen, wenn im Einzelfall andere Verfahren mit geringeren gesundheitlichen Risiken für Beschäftigte und andere Personen nicht in Frage kommen, um die Anforderungen an einen spezifischen Hygienestandard zu gewährleisten. Dies setzt voraus, dass in den infektionsgefährdeten Bereichen dauerhaft eine sorgfältige und angemessene Hygiene sichergestellt wird.
(2) Unbeschadet der infrage kommenden und gewählten Verfahrensweise müssen bei jeder Raumdesinfektion folgende organisatorischen und technischen Mindeststandards erfüllt sein:
1. |
Vorhandensein einer Gefährdungsbeurteilung für die jeweilig gewählte Verfahrensweise einer Raumdesinfektion, |
2. |
Unterweisung der Beschäftigten durch eine sachkundige Person hinsichtlich der Gefährdungen durch chemische und biologische Arbeitsstoffe, |
3. |
Bereitstellung, Wartung und Pflege geeigneter Persönlicher Schutzausrüstung; Trageverpflichtung gemäß Gefährdungsbeurteilung, |
4. |
betriebliche arbeitsmedizinische Betreuung der mit Raumdesinfektionen Beschäftigten, |
5. |
regelmäßige und dokumentierte Wartung der eingesetzten Verdampfungs- und Vernebelungsgeräte, |
6. |
ordnungsgemäße Abdichtung des zu behandelnden Raumes, |
7. |
Festlegung eines Sicherheitsbereiches und Kennzeichnung; ggf. Sperrung angrenzender Bereiche, |
8. |
Prüfung angrenzender Räume auf Anwesenheit fremder Personen, |
9. |
Benachrichtigung von Personen in ggf. gefährdeter Nachbarschaft, |
10. |
Sicherstellung einer gefahrlosen Lüftung, |
11. |
ausreichende Notfallvorsorge. |
(3) In vielen Bereichen und vielen Befallslagen, in denen Raumdesinfektionen durchzuführen sind, kann das biozid wirkende Agens Formaldehyd personenunabhängig freigesetzt werden. In dieser Phase sind dermale und inhalative Expositionen für die Beschäftigten weitgehend vermieden. Dies gilt unter Zugrundelegung der Definitionen in Nummer 2 dieser TRGS für Verdampfen und Vernebeln bei Raumdesinfektionen. In besonderen Fällen kann es im Rahmen einer Desinfektionsmaßnahme notwendig sein, die Wirkstofflösung personengebunden zu vernebeln und für die Steuerung des Vernebelungsgerätes eine Bedienkraft einzusetzen. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn z. B.
1. |
die räumlichen Gegebenheiten eine Vernebelung von außen nicht gestatten, |
2. |
die Wirklösung sich im Raum von außen nicht gleichmäßig ausbringen lässt, so dass das Desinfektionsziel in Ermangelung einer homogenen Desinfektion gefährdet ist (siehe hierzu auch 5.4.3) oder |
3. |
andere konkrete bekämpfungsspezifische Faktoren vorliegen, insbesondere bei bestimmten Mikroorganismen oder einer veterinärärztlichen Anordnung. |
(4) In besonderen Fällen kann es im Rahmen einer Desinfektionsmaßnahme notwendig sein, die Wirkstofflösung personengebunden zu vernebeln und für die Steuerung des Vernebelungsgerätes eine Bedienkraft einzusetzen. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Verteilung des Nebels im Raum durch bauliche Hindernisse so stark beeinflusst wird, dass eine gleichmäßige Desinfektion aller Flächen nicht gewährleistet werden kann.
(5) Werden Raumdesinfektionsmaßnahmen nach Absatz 4 durchgeführt, sind fallspezifische Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen und darin geeignete Schutzmaßnahmen nach Nummer 5.5 festzulegen. Dies ist auch in der Begasungsniederschrift gemäß Anhang I Nummer 4.3.3 GefStoffV zu dokumentieren.
(6) Für alle Bereiche, in denen Raumdesinfektionen turnusmäßig oder häufig erfolgen, sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung bauliche Vorkehrungen zu prüfen, die eine personenfreie Vernebelung der Wirklösung von außen ermöglichen. Soweit technisch möglich und mit dem Desinfektionsziel vereinbar, sollen bei Neubauten nach Maßgabe der Standardbeschreibungen in Nummer 5.4.2 bis 5.4.5 bauliche Maßnahmen für eine personenfreie Vernebelung der Wirklösung von außen vorgesehen werden.
(7) Während der Verdampfungs- und Einwirkzeit ist die Diffusion des Wirkstoffes Formaldehyd durch Wände, Mauerrisse, Durchbrüche und Verbindungskanäle trotz sorgfältiger Abdichtungsarbeiten nicht völlig auszuschließen. Leckagen können mittels planmäßig festgelegter Überwachungsmessungen durch fachkundige Personen geortet werden und in aller Regel nachgedichtet werden. Andernfalls sind organisatorische Maßnahmen angezeigt.
(8) Für die Beurteilung des Standes der Technik bei Raumdesinfektion im Sinne dieser TRGS werden folgende Verfahren unterschieden:
1. |
Standardraumdesinfektion im Gesundheitswesen (Nummer 5.4.2) |
2. |
Standardraumdesinfektion im Veterinärwesen (Nummer 5.4.3) |
3. |
Desinfektion von Bruteiern in Desinfektionskammern (Nummer 5.4.4) |
4. |
Raumdesinfektionen in Bereichen mit Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen und in Reinräumen (Nummer 5.4.5) |