(1) Ein Stoff oder ein Gemisch, das aus Nanomaterialien besteht oder diese enthält, ist nicht grundsätzlich als gefährlicher Stoff oder gefährliches Gemisch gemäß CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 eingestuft. Dennoch können auch nicht eingestufte Stoffe Gefahrstoffe im Sinne der GefStoffV sein.
(2) Bei Stoffen oder Gemischen, die aus Nanomaterialien bestehen oder diese enthalten, sind folgende Informationen für die Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen, sofern sie vorliegen:
1. |
Einstufung der Nanoform gemäß CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, |
2. |
die Partikelanzahlgrößenverteilung gemäß REACH-Verordnung Anhang VI Unterabschnitt 2.4.2 geändert durch Verordnung (EU) 2018/1881 (z. B. Ergebnisse aus Granulometrie), |
3. |
spezifisches Oberflächen-Volumen-Verhältnis oder spezifisches Oberflächen-Masse-Verhältnis, |
4. |
Gestalt, Seitenverhältnis der Außenmaße und andere morphologische Merkmale, speziell Hinweise auf WHO-Fasern, |
5. |
Oberflächenfunktionalisierung oder -behandlung, |
6. |
Wasserlöslichkeit oder Lösungsgeschwindigkeit (zur Bewertung der Biobeständigkeit siehe Abschnitt 3.3.1 Absatz 2 bis 4), |
7. |
Angaben zum Staubungsverhalten (z. B. Staubungskenngrößen), |
8. |
Angaben zur Brennbarkeit (z. B. Entzündbarkeit, Mindestzündenergie und Staub-Explosionsfähigkeit), |
9. |
Angaben zur Reaktivität (große Oberflächen und ggf. katalytische Aktivitäten können zur beschleunigten Reaktion führen). |
Entsprechende stoffspezifische Informationen können für registrierte Stoffe bei der ECHA abrufbar sein, wenn entsprechende Prüfungen vorgenommen wurden [8] oder beim Hersteller oder Lieferanten nachgefragt werden, siehe Musterschreiben im Anhang 2. Diese Informationen können zwischen nanoskaligen und mikroskaligen Stoffen, aber auch zwischen verschiedenen Nanoformen eines Stoffes unterschiedlich sein.
(3) Die Partikelgrößenverteilung des Gesamtmaterials kann sich bei Verarbeitungsschritten, z. B. beim Dispergieren, verändern.
(4) Bestimmte Herstellungsverfahren können auf Nanomaterialien hindeuten, siehe auch Anhang 1 Abschnitt 3:
1. |
Top-down-Verfahren (Erzeugung von Nanoobjekten durch Verkleinerung): Typische Verfahren können hochenergetische Mahlprozesse sein, wie z. B. mit Hochleistungs-Kugelmühlen. |
2. |
Bottom-up-Verfahren (Aufbau von Nanoobjekten aus einzelnen Atomen oder Molekülen): Typische Verfahren sind Gasphasensynthesen oder Gasphasenabscheidung. Bottom-up-Verfahren können auch in flüssiger Phase Nanoobjekte synthetisieren. Typische Verfahren sind Sol-Gel-Prozesse oder die Herstellung von Mikroemulsionen und Fällungsprozesse. |
(5) Agglomerate können durch Scherkräfte oder wässrige Lösungen leichter dispergiert werden als Aggregate. Eine Freisetzung von Nanoobjekten aus Aggregaten ist auf Grund ihrer festeren Einbindung weniger wahrscheinlich. In welchem Maße Agglomerate und ggf. Aggregate bei Handhabungs- und Verarbeitungsprozessen oder nach der Exposition im Organismus zu Nanoobjekten vereinzelt werden oder zerfallen, ist material- und prozessabhängig. Solange hierzu keine ausreichenden Informationen vorliegen, sind Aggregate und Agglomerate in der Gefährdungsbeurteilung mit zu berücksichtigen.