(1) Bei der nach § 6 GefStoffV durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob Arbeitsbereiche vorliegen, in denen N-Nitrosamine auftreten können[1].

 

(2) Krebserzeugende N-Nitrosamine besitzen als Einsatzstoffe keine technische Bedeutung. In der Regel entstehen sie in Spuren prozessbedingt unter bestimmten Reaktionsbedingungen aus sekundären Aminen und nitrosierenden Agenzien. In reiner Form oder als Konzentrate werden sie nur zu wissenschaftlichen Zwecken hergestellt oder eingesetzt.

 

(3) Die meisten geprüften N-Nitrosamine haben sich im Tierversuch als krebserzeugend erwiesen [1,2]. Nach der GefStoffV zählen N-Nitrosamine zu den besonders gefährlichen und hoch potenten krebserzeugenden Stoffen[2]. Zwölf häufig in industriellen Bereichen auftretende N-Nitrosamine wurden als krebserzeugend in die Kategorie 1B eingestuft und sind in Anhang 2 Tabelle 1 aufgeführt. Falls zu einem N-Nitrosamin keine Prüfdaten oder entsprechende aussagekräftige Informationen vorliegen und es nicht in Anhang 2 Tabelle 2 aufgeführt ist, muss der Arbeitgeber davon ausgehen, dass es sich um ein krebserzeugendes N-Nitrosamin handelt, das somit einer Einstufung in die Kategorie 1B gleichgestellt ist. Dies hat zur Konsequenz, dass bei Tätigkeiten mit diesem Gefahrstoff die besonderen Schutzmaßnahmen nach § 10 GefStoffV erforderlich sind.

 

(4) Weitere Wirkungen der N-Nitrosamine: Über häufig vorkommende N-Nitrosamine liegen Einstufungen und medizinisch-toxikologische Informationen hinsichtlich ihrer krebserzeugenden Wirkung vor. Andere Gefahrenklassen (Gefährlichkeitsmerkmale) sind oft nicht oder nur teilweise untersucht worden. Einige N-Nitrosamine sind von Herstellern, die diese für wissenschaftliche Zwecke in den Verkehr bringen, als giftig eingestuft worden. So wird Dimethylnitrosamin mit H330 "Lebensgefahr bei Einatmen" (akute Toxizität, Kategorie 1) und H301 "giftig bei Verschlucken" (akute Toxizität, Kategorie 3) gekennzeichnet. Bei Tierversuchen mit N-Nitrosaminen sind auch Gewebszerstörungen (Nekrosen) sowie Störungen des Kohlehydrat- und Fettstoffwechsels beobachtet worden.

 

(5) N-Nitrosamine entstehen in der Regel aus sekundären Aminen oder anderen stickstoffhaltigen Verbindungen und nitrosierenden Agenzien (siehe Nummer 2). Die Bildung kann sowohl in der Luft am Arbeitsplatz als auch im Herstellungs- oder Anwendungsprozess stattfinden, so dass N-Nitrosamine auch aus dem Prozess, hergestellten Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen freigesetzt werden können. Grundsätzlich können alle sekundären Amine zu N-Nitrosaminen umgesetzt werden. Entstehen damit N-Nitrosamine, die in Anhang 2 Tabelle 2 aufgeführt werden, fallen diese nicht unter den Geltungsbereich dieser TRGS. Gebäude können N-Nitrosamine über lange Zeiträume speichern, so dass es an ehemaligen nitrosaminbelasteten Arbeitsplätzen zu späteren Innenraumbelastungen kommen kann.

 

(6) Unter speziellen Bedingungen können sekundäre Amine und damit N-Nitrosamine auch aus primären oder aus tertiären Aminen gebildet werden [3]. Aliphatische Diamine können mit Nitrit zu zyklischen N-Nitrosaminen umgesetzt werden. Dialkylhydrazine und Chlordialkylhydrazine können N-Nitrosamine durch Oxidation oder Hydrolyse bilden. Sekundäre Amine können auch N-Nitrosamine als Verunreinigung enthalten [4].

 

(7) Untersuchte Arbeitsbereiche, in denen krebserzeugende N-Nitrosamine auftreten können, sind unter anderem:

Tabelle 1: Untersuchte Arbeitsbereiche

Industriezweig

Arbeitsbereich

Produktionsbereich
Kritische Arbeitsbereiche und -bedingungen
Metallindustrie und andere Industrien mit Materialbearbeitung Einsatz von wassergemischten Kühlschmierstoffen (KSS) Einsatz von wassergemischten KSS, die nicht der TRGS 611 entsprechen und sek. Amine enthalten können (siehe TRGS 611[3])
  Herstellung und Verwendung von Korrosionsschutzmitteln einschl. VCI ("volatile corrosion inhibitors")-Materialien Tätigkeiten mit Korrosionsschutzmitteln und Handhabung von korrosionsgeschützten Metallteilen einschl. VCI- Materialien, die sekundäre Amine oder Nitrit enthalten (siehe TRGS 615[4])
Gummiindustrie Abwiegen, Mischen, Halbzeug-verarbeitung, Vulkanisation, Nachbehandlung, Lagerung

Kalander, Extrusionsanlagen, Salzbäder, Vulkanisation, Formen, Kontrolle, Lagerung technischer Gummiartikel sowie von Reifen,

Verarbeitung von Emulsionspolymerisaten
Chemische Industrie Herstellung und Verwendung von Aminen, Befüll-, Umfüll- und Abfüllarbeiten von Aminen, Herstellung von Polyacryl-nitrilfasern, Beschichtungen nach dem Koagulationsverfahren Herstellung und Verwendung von sekundären Aminen und Lösemitteln wie Dimethylformamid und Dimethylacetamid
Lederindustrie Wasserwerkstatt Verarbeitung von Häuten
Gießereiindustrie Verwendung von Kernen, die mit aminischen Katalysatoren hergestellt wurden. Gießen, Abkühlen sowie die anschließende Entfernung von Formsand und Rückständen, insbesondere aus den Kernen
Sonstige industrielle Bereiche Tätigkeiten mit Gummiartikeln Bearbeitung und Lagerung technischer Gummiartikel

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