3.2.1 Stoffidentifikation
(1) Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzo-p-Furane (PCDD/PCDF) sind chlorierte aromatische Verbindungen, bei denen 2 Benzolringe über zwei bzw. über ein Sauerstoffatom(e) miteinander verbunden sind.
(2) Die Gruppe der chlorierten Dioxine und Furane besteht aus 75 polychlorierten Dibenzo-p-dioxinen und 135 polychlorierten Dibenzofuranen. Dioxine liegen immer als Gemische von Einzelverbindungen (Kongenere) mit unterschiedlicher Zusammensetzung vor.
3.2.2 Einstufung, Kennzeichnung und Bewertung durch wissenschaftliche Gremien
In der TRGS 905 "Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe" Nummer 4 ist im Verzeichnis krebserzeugender Stoffe der Kategorie 1 und 2 für die Einstufung von Zubereitungen ein Konzentrationsgrenzwert von 2 µg/kg (2 ppb) für 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (2,3,7,8-TCDD) als einzigem Kongener festgelegt. Wird dieser Wert überschritten, ist eine Zubereitung als "krebserzeugend" einzustufen und zu kennzeichnen. Wenn die Konzentration von 2,3,7,8-TCDD in der Zubereitung gleich oder größer als 2 µg/kg ist, ist ein Sicherheitsdatenblatt nach § 6 GefStoffV zu übermitteln. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat 2,3,7,8-TCDD in die Kategorie 4 für krebserzeugende Arbeitsstoffe eingestuft und einen MAK-Wert von 10 pg/m³ festgelegt.
3.2.3 Toxizitätsäquivalente
Da bei den verschiedenen Dioxinen die gleichen Wirkmechanismen angenommen werden, wird zur Unterscheidung ihrer Wirkungsstärke ein Toxizitätsäquivalenzfaktor (TEF) berücksichtigt. Dabei wird die Toxizität des 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxins gleich 1 gesetzt. Die Summe der Konzentrationen an Dioxinen jeweils multipliziert mit dem Toxizitätsäquivalent entspricht dann der toxischen Wirkung einer vergleichbaren Menge 2,3,7,8-TCDD. Bei Zubereitungen und Erzeugnissen, die mit Dioxinen verunreinigt sind, werden die im Anhang Abschnitt 4: Dioxine und Furane Nr. 1–3 der Chemikalienverbotsverordnung (ChemVerbotsV) [6] festgelegten stoffbezogenen Grenzwerte von Kongenerengruppen herangezogen. (Anlage 2): Toxizitätsäquivalente (NATO/CCMS), Anlage 3: Grenzwerte für Kongenerengruppen nach ChemVerbotsV).
3.2.4 Vorkommen von Dioxinen in Materialien
(1) Besteht der Verdacht auf das Vorkommen von Dioxinen, muss der Arbeitgeber prüfen, ob die von ihm eingesetzten Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse Dioxine enthalten. Zu berücksichtigen sind:
1. |
die im Anhang (zu § 1) Abschnitt 4 Ziffer 1–3 der ChemVerbotsV aufgelisteten stoffbezogenen Grenzwerte für die Kongenerengruppen (Anlage 3) |
2. |
der in der TRGS 905 genannte Konzentrationsgrenzwert von 2 µg/kg 2,3,7,8-TCDD |
(2) Angaben können dem Sicherheitsdatenblatt des Herstellers oder Inverkehrbringers oder sonstigen Informationen, z.B. von Materialproben, Rückstandsanalysen für Entsorgungszwecke und Emissionsmessungen, entnommen werden.
3.2.5 Entstehung und Freisetzung von Dioxinen im Arbeitsprozess
(1) Des Weiteren muss der Arbeitgeber prüfen, ob verfahrensbedingt Dioxine entstehen oder freigesetzt werden.
(2) Besondere Verdachtsmomente für die Entstehung von Dioxinen bestehen, wenn die folgenden Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind:
1. |
das Vorhandensein von Kohlenstoffverbindungen und Chlor, insbesondere von "Dioxinvorläufern" wie chlorierten Aromaten, |
2. |
das Vorhandensein von Sauerstoff, |
3. |
das Vorhandensein eines kritischen Temperaturfensters zwischen 250°C und 800°C und |
4. |
die notwendige Verweilzeit im kritischen Temperaturbereich [7]. |
3.2.6 Tätigkeiten in dioxinbelasteten Arbeitsbereichen
Dioxinbelastete Anlagenbereiche sind solche, in denen die Dioxin-Gehalte in den in den Anlagen anhaftenden Materialien oberhalb der Grenzwerte für die KongenerenGruppen nach ChemVerbotsV liegen oder der Konzentrationsgrenzwert für 2,3,7,8-TCDD von 2 µg/kg im Material überschritten ist.