4.3.1 Grundsätze der Inertisierung
(1) Bei der Inertisierung kann durch Zugabe von Stoffen, die mit dem Brennstoff nicht reagieren (Inertstoff), die Bildung explosionsfähiger Gemische verhindert werden. Beispiele für gasförmige Inertstoffe sind Stickstoff, Kohlendioxid, Edelgase oder Wasserdampf. Bei Inertisierung mit Wasserdampf ist die Auswirkung einer möglichen Kondensation zu berücksichtigen.
(2) Da viele Leichtmetallstäube mit Kohlendioxid, mit Wasser und zum Teil auch mit Stickstoff reagieren können, sind Kohlendioxid, Wasserdampf und Stickstoff in diesen Fällen als Inertstoffe nicht geeignet. In solchen Fällen können z. B. Edelgase eingesetzt werden.
(3) Die Sauerstoffgrenzkonzentration (vgl. Abschnitt 2.3 Absatz 4 der TRGS 720) ist vom brennbaren Gefahrstoff und vom Inertgas abhängig. Beim Einsatz von Kohlendioxid als Inertgas werden für die Sauerstoffgrenzkonzentration höhere Werte gemessen als beim Einsatz von Stickstoff.
(4) Im Anhang 2 sind für einige brennbare Gase und Dämpfe (Tabelle 1) und für einige brennbare Stäube (Tabelle 3) die maßgeblichen Grenzwerte tabellarisch aufgeführt.
(5) Die Sauerstoffgrenzkonzentration fällt mit zunehmender Temperatur und in der Regel auch mit steigendem Druck ab. In Anhang 2 ist eine Abschätzformel für den Einfluss der Temperatur (Anhang 2 Abschnitt 1.1 Absatz 5) und die zugehörigen Temperaturkoeffizienten (Anhang 2 Tabelle 2) aufgeführt. Eine Abschätzformel für den Einfluss des Drucks liegt auf Grund der geringen Datenlage nicht vor.
(6) Bei gleichzeitigem Vorhandensein gasförmiger und staub- oder nebelförmiger brennbarer Gefahrstoffe (hybride Gemische) ist zur Ermittlung der höchstzulässigen Sauerstoffkonzentration die Komponente mit der niedrigsten Sauerstoffgrenzkonzentration zugrunde zu legen.
(7) Hybride Gemische sind in der Regel nicht zu unterstellen, wenn bei brennbaren Schüttgütern die Konzentration brennbarer Gase und Dämpfe sicher unterhalb 20% der UEG des Gases/Dampfes liegt. Diese Bedingung ist oft erfüllt, wenn z.B. unmittelbar nach einem Trocknungsprozess der restliche Anteil eines brennbaren Lösemittels weniger als 0,5 Gew.-% des Schüttgutes beträgt.
(8) In der Praxis bewährte Inertisierungsmethoden mit Inertgasen sind das Druckwechselverfahren mit oder ohne Vakuumanwendung und die Durchflussspülung. In der Gefährdungsbeurteilung ist festzulegen, wie die Erstinertisierung und Aufrechterhaltung der Inertisierung erfolgt. Die Vorgehensweise für eine Druckwechselinertisierung (Druckwechselverfahren ohne Vakuumanwendung) ist in Anhang 2 Abschnitt 2 beschrieben.
(9) Die höchstzulässige Sauerstoffkonzentration für die Inertisierung ergibt sich aus der experimentell bestimmten Sauerstoffgrenzkonzentration durch Abzug eines Sicherheitsabschlags. Der Sicherheitsabschlag zwischen der experimentell bestimmten Sauerstoffgrenzkonzentration und der höchstzulässigen Sauerstoffkonzentration ist unter Berücksichtigung der betriebs- und störungsbedingten örtlichen und zeitlichen Schwankungen der Sauerstoffkonzentration und der Zeitspanne für das Wirksamwerden von Maßnahmen festzulegen.
(10) Wird als Explosionsschutzmaßnahme eine Inertisierung verwendet, sind für deren Umsetzung die erforderliche Absenkung der Sauerstoffkonzentration im Rahmen der Erstinertisierung sowie die notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Inertisierung festzulegen. In Abhängigkeit des Konzeptes können Ex-Einrichtungen gemäß TRGS 725 zur Aufrechterhaltung der Inertisierung erforderlich sein. Dies können z.B. sein:
1. |
Sauerstoffkonzentrationsmessungen, |
2. |
Messungen der Inertgaskonzentration, |
(11) In Abhängigkeit der Abweichungen, die zu einem Verlust der Inertisierung führen können, ergibt sich vor dem Hintergrund der erforderlichen Verfügbarkeit der Inertisierung die Zuverlässigkeit der Ex-Einrichtungen. Derartige Abweichungen können zum Beispiel sein:
- Rückströmen aus anderen Anlageteilen,
- unzureichende Dichtheit der Anlage im Unterdruckbetrieb oder
- Ausgasen von gelöstem Oxidator.
4.3.2 Dichtheit von Anlagenteilen
(1) Für die Realisierung einer Inertisierung als Explosionsschutzmaßnahme ist die Dichtheit dann relevant, wenn auf Grund von Undichtheiten der inerte Zustand nicht hergestellt oder bei Unterdruck aufgehoben werden kann (Lufteinbruch über Leckagen). Daher ist die Dichtheit der Anlage bei der Auslegung der Inertisierung zu berücksichtigen.
(2) Bei der Bewertung der Dichtelemente sind dabei insbesondere dynamische Belastungen, wie Schwingungen, Temperaturwechselfahrweisen oder Verschleiß zu berücksichtigen.
(3) Die in der Bewertung der Anlage zugrunde gelegte Dichtheit ist zu validieren. In Abhängigkeit der Auslegung der Inertisierung ist festzulegen, ob und in welchem Umfang Dichtheitsprüfungen erforderlich sind (z.B. in regelmäßigen Intervallen oder nach Instandsetzungen). Zur Bewertung der Dichtheit können für den Anwendungsfall geeignete Dichtheitsprüfungen, wie Druckanstiegsprüfungen, genutzt werden.
(4) Ob die in Abschnitt 4.5 beschriebenen Dichtungsprinzipien auch zur Vermeidung de...