Dr. rer. nat. Klaus Kersting
Zusammenfassung
Isocyanate sind die Basisstoffe für die Herstellung von Polyurethanen, die in vielen Bereichen verwendet werden. Durch die Auswahl der Rohstoffe kann das Endprodukt stark variiert werden. Produkte aus Polyurethan sind z. B. Matratzen, Dämmstoffe, Klebstoffe, Lacke, Folien und Fußbälle. Beim Handwerk stellt sich das Problem, dass die Polyurethane auf der Baustelle durch Reaktionen von Isocyanaten hergestellt werden. Dabei hat der Anwender meist Umgang mit den reaktiven Isocyanaten. Durch den Einsatz technischer, organisatorischer und persönlicher Schutzmaßnahmen sollte der Kontakt soweit wie möglich ausgeschlossen werden.
1 Eigenschaften und Verwendung
Isocyanate finden weitreichende Verwendung in der Industrie. Das liegt an der reaktiven NCO-Gruppe, die charakteristisch für die Isocyanate ist. Diese Gruppe reagiert mit
- Alkoholen unter Bildung von Urethanen und
- Aminen unter Bildung von Harnstoffderivaten.
Möglich ist auch eine Reaktion mit Wasser. Dabei entsteht unter Abspaltung von Kohlendioxid ein Amin, das mit einem weiteren Isocyanat reagieren kann. Diese Reaktion wird bei der Verarbeitung von Einkomponentenprodukten genutzt.
Technisch werden bei den Reaktionen meist Di- oder Polyisocyanate sowie Di- und Polyole zu Polyurethanen umgesetzt. Durch die Auswahl der Isocyanate und der Reaktionspartner können die Eigenschaften der Reaktionsprodukte eingestellt werden. Daher werden Isocyanate auch häufig verwendet.
Im Folgenden wird auf Anwendungen von Isocyanaten im Handwerk eingegangen. Dabei kommen die Isocyanate als ein- oder 2-komponentige Produkte zum Verarbeiter. Typische Beispiele sind Schäume, Klebstoffe, Lacke, Beschichtungen und Vergussmassen.
2 Gesundheitsgefahren
Alle Isocyanate besitzen hochreaktive NCO-Gruppen. Für den Menschen sind einige Isocyanate hoch toxisch bzw. toxisch (Tab. 1) und werden deshalb i. Allg. nur noch in geschlossenen Apparaturen gehandhabt.
Stoff |
GHS |
AGW |
Diphenylmethandiisocyanat, Isomerengemisch (MDI) |
Carc. 2, H351 Acute Tox. 4, H332 Stot RE 2, H373 Eye Irrit. 2, H319 Stot SE 3, H335 Skin Irrit. 2, H315 Resp. Sens. 1, H334 Skin Sens. 1, H317 |
0,05 mg/m³ |
2,4-Diisocyanattoluol (2,4-TDI) 2,6-Diisocyanattoluol (2,6-TDI) |
Carc. 2, H351 Acute Tox. 2, H330 Eye Irrit. 2, H319 Stot SE 3, H335 Skin Irrit. 2, H315 Resp. Sens. 1, H334 Skin Sens. 1, H317 Aquatic Chronic 3; H412 |
0,0035 mg/m³ |
Hexamethylen-1,6-diisocyanat (HDI) |
Acute Tox. 2, H330 Acute Tox. 4, H302 Eye Irrit. 2, H319 Stot SE 3, H335 Skin Irrit. 2, H315 Resp. Sens. 1, H334 Skin Sens. 1, H317 |
0,035 mg/m³ |
Isophorondiisocyanat (IPDI) |
Acute Tox. 1, H330 Eye Irrit. 2, H319 Stot SE 3, H335 Skin Irrit. 2, H315 Resp. Sens. 1, H334 Skin Sens. 1, H317 Aquatic Chronic 2; H411 |
0,046 mg/m³ |
Naphthalindiisocyanat (NDI) |
Acute Tox. 4, H332 Eye Irrit. 2, H319 Stot SE 3, H335 Skin Irrit. 2, H315 Resp. Sens. 1, H334 Skin Sens. 1, H317 Aquatic Chronic 3; H412 |
0,05 mg/m³ |
Tab. 1: Kennzeichnung und Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) häufig verwendeter Isocyanatmonomere
Offener Umgang im Handwerk findet bei Isocyanaten daher mit nicht akut giftigen Monomeren (MDI) bzw. mit Poly- oder Oligomeren giftiger Isocyanate statt. Diese Polymere und Oligomere weisen meist nicht mehr die toxischen Eigenschaften der Monomere auf. Nahezu alle verwendeten Produkte haben aber haut- und atemwegsreizende Wirkungen. Als Gesundheitsgefährdung stehen obstruktive Atemwegserkrankungen sowie die Alveolitis im Vordergrund (Isocyanatasthma).
Von der obstruktiven Atemwegserkrankung sind zum einen Personen in Betrieben betroffen, in denen Isocyanate produziert bzw. polymerisiert werden (Abb. 1). Zum anderen sind Berufe betroffen, bei denen es auch zu einer Spritzanwendung der Produkte kommt. So waren ca. 1/5 der in den letzten 10 Jahren erkrankten Personen als Maler und Lackierer beschäftigt. Der Abbildung kann auch entnommen werden, dass in der Bauwirtschaft nur wenige Beschäftigte an einem Isocyanatasthma erkranken.
Abb. 1: Durch Isocyanate verursachte Berufserkrankungen in unterschiedlichen Branchen
Die Diagnose einer Atemwegserkrankung kann über einen Provokationstest erfolgen. Dabei wird die erkrankte Person einer definierten Isocyanatkonzentration ausgesetzt. Anschließend kann die Änderung des Atemwiderstandes gemessen werden. Meist kann jedoch aufgrund einer Arbeitsanamnese auf den Provokationstest verzichtet werden.
Isocyanate haben auch hautsensibilisierende Eigenschaften. Die Diagnose dieser Erkrankungen gestaltet sich jedoch schwierig. Untersuchungen der angebotenen Testsubstanzen zeigen meist eine de...