Dr. rer. nat. Klaus Kersting
Lässt sich der Einsatz von Epoxidharzen nicht vermeiden, muss durch geeignete technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen der Kontakt mit Epoxidharz-Produkten eingeschränkt werden. Ziel sollten Arbeitsverfahren sein, bei denen ein Hautkontakt zu Harz, Härter oder nicht vollständig ausgehärteter Mischung vermieden wird.
2.1 Maßnahmen vor Aufnahme der Tätigkeiten
Vor Aufnahme der Tätigkeiten müssen die Beschäftigten arbeitsmedizinisch untersucht und über die von den Epoxidharzen ausgehenden Gefahren und notwendigen Schutzmaßnahmen unterwiesen werden.
2.1.1 Gefährdungsbeurteilung
Vor der Aufnahme von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Berücksichtigen muss er dabei
- die gefährlichen Eigenschaften der Produkte,
- die Informationen des Herstellers (z. B. Sicherheitsdatenblatt),
- Ausmaß, Art und Dauer der Exposition unter Berücksichtigung der Aufnahme durch Einatmen und des Hautkontaktes,
- die physikalisch-chemische Wirkung der Produkte,
- die Möglichkeit von Ersatzprodukten,
- Arbeitsbedingungen und Arbeitsverfahren einschließlich der Arbeitsmittel und Produktmenge,
- Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte,
- die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen und
- die Ergebnisse durchgeführter arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen.
Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung muss er schriftlich festhalten. Unterstützung liefert z. B. das Programm WINGIS des Gefahrstoff-Informationssystems der BG Bau. Die Informationen zu den Produkten liefert die Grundlage der Gefährdungsbeurteilung.
2.1.2 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Bei Tätigkeiten mit Belastung durch unausgehärtete Epoxidharze muss vor Aufnahme der Tätigkeiten und in regelmäßigen Abständen eine arbeitsmedizinische Vorsorge durchgeführt werden. Dabei werden die Beschäftigten noch einmal ausführlich über die Problematik informiert. Zudem können Erkrankungen schon im Frühstadium erkannt werden.
Sollen die Produkte gespritzt werden, ist Atemschutz erforderlich. Die betroffenen Mitarbeiter müssen zusätzlich untersucht werden, ob sie Atemschutz tragen können.
2.1.3 Unterweisungen, Betriebsanweisung
Die Beschäftigten müssen vor Aufnahme der Tätigkeiten und danach in regelmäßigen Abständen unterwiesen werden. Inhalt der Unterweisung sind die am Arbeitsplatz auftretenden Gefahrstoffe und die davon ausgehenden Gesundheitsgefahren sowie Informationen zu Hygienemaßnahmen, Maßnahmen zu Verhütung einer Exposition und Informationen zum Tragen und Benutzen von Schutzausrüstungen und Schutzkleidung. Grundlage der Unterweisung ist die Betriebsanweisung. Diese muss den Beschäftigten in verständlicher Form und Sprache zur Verfügung gestellt werden.
Für kalthärtende Epoxidharze sind GISCODE-Produktgruppen (Tab. 3) erstellt worden, in die alle Epoxidharze eingruppiert werden können. Die Hersteller von Epoxidharz-Produkten ordnen ihre Produkte einer GISCODE-Gruppe zu. Für diese Gruppen stehen Betriebsanweisungen in unterschiedlichen Sprachen im Programm WINGIS zur Verfügung. Der GISCODE ist 2017 überarbeitet worden und berücksichtigt die Ergebnisse der Forschungsberichte FP0324 und FP0384. Danach werden Produkte mit geringeren Gehalten an sensibilisierenden Stoffen besser bewertet.
Erklärungsbedürftig ist die Lösemitteldefinition. Diese basiert grundsätzlich auf der Definition der RL 2004/42/EG (Decopaint). Viele Produkte enthalten aber den Stoff Benzylalkohol, der entsprechend der Richtlinie ein Lösemittel wäre. Da dieser Stoff physikalisch in Beschichtungen eingebaut wird, entspricht die Emission nicht der eines typischen Lösemittels. Daher wurde auf die Definition "total solid" zurückgegriffen. Diese orientiert sich am Gewichtsverlust während der Aushärtung.
Produkte entsprechen der Definition "total solid", wenn sie nach dem Anmischen bei 23 °C innerhalb von 24 h 1 % Massenverlust aufweisen und der Massenverlust nach weiteren 24 h bei 80 °C 2 % nicht übersteigt.
Untersuchungen der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft zeigen, dass bei diesen Produkten der Arbeitsplatzgrenzwert von Benzylalkohol eingehalten wird.
GISCODE |
Produktgruppen |
RE05 |
Epoxidharzdispersionen (beide Komponenten ohne H317) |
RE10 |
Epoxidharzdispersionen mit sensibilisierendem Härter |
RE20 |
Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, total solid, nicht sensibilisierender Härter |
RE30 |
Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, total solid |
RE40 |
Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelarm, nicht sensibilisierender Härter |
RE50 |
Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, giftige Einzelkomponente, lösemittelarm |
RE55 |
Epoxidharz-Produkte, RM-Verdacht, sensibilisierend, lösemittelarm bzw. total solid |
RE60 |
Epoxidharz-Produkte, lösemittelhaltig (ohne H317) |
RE70 |
Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelhaltig |
RE75 |
Epoxidharz-Produkte, RM-Verdacht, sensibilisierend, lösemittelhaltig |
RE80 |
Epoxidharz-Produkte, giftige Einzelkomponenten, sensibilisierend, lösemittelfrei, lösemittelarm bzw. total solid |
RE90 |
Epoxidharz-Produkte, RM-Eigenschaften, sensibilisierend, lösemittelarm bzw. total solid |
Tab. 3: Produktgruppen für kalthärtende Epoxidharz-Produkte
2.2 Maßnahmen auf der Baustelle
Durch relativ einfache Maßnahmen kann das Risik...