Dr. rer. nat. Klaus Kersting
1950 wurde erstmals wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Arbeiter, die ein Ekzem bei der Verarbeitung von Zement bekommen hatten, auch eine allergische Reaktion auf Chromat zeigten. Die nun einsetzenden Versuche zur Eliminierung des Chromats aus dem Zement erwiesen sich als wenig praktikabel, da entweder das Zusatzmittel den Zement erheblich teurer gemacht hätte oder die Eliminierung des Chromates in der stark alkalischen Zementmischung nicht funktionierte. 1971 wurde erstmalig über die Reduzierung des Chromates durch Zugabe von Eisen(II)sulfat zum Zement berichtet.
In den skandinavischen Ländern wird seit den 80er-Jahren nur noch chromatarmer Zement verwendet. Seit 1981 wird von einem dänischen Hersteller Eisen(II)-sulfat zur Reduktion des Chromatgehaltes dem Zement zugesetzt. Diese Zugabe ist seit September 1983 in Dänemark durch ein Gesetz angeordnet. Dabei muss der Anteil löslichen Chromates unter 2 ppm gehalten werden. Entsprechende Regelungen gelten auch in den Ländern Finnland, Norwegen, Schweden, Island und Australien. Die Konsequenz war ein deutlicher Rückgang der Erkrankungszahlen (Avnstorp, 1989).
Der Übertrag dieser Erfahrungen auf Deutschland war schwierig. 1993 wurde zwar nach längeren Diskussionen die TRGS 613 "Chromatarme Zement und Produkte" veröffentlicht, sie zeigte zunächst aber keine Wirkung. Das lag zum einen daran, dass chromatarme Zemente in Deutschland praktisch nicht verfügbar waren. Zum anderen war bei zementhaltigen Produkten der erlaubte Zementgehalt deutlich höher als in Skandinavien. Während in Skandinavien der Chromatgehalt auf den Zement bezogen wird, wurde er in Deutschland auf das gesamte Produkt bezogen. Da Zement nur ein Teil der Produkte darstellt (im Allgemeinen bis zu 20 %), erlaubte diese unterschiedliche Bezugsgröße in Deutschland einen deutlich höheren Chromatgehalt als in Skandinavien. Die Konsequenz war, dass vielen zementhaltigen Produkten kein Reduktionsmittel zugesetzt werden musste. So ist es nicht verwunderlich, dass die Erkrankungszahlen nicht sanken.
Die intensiven Diskussionen führten zur ersten Einführung chromatarmer Sackzemente (1997) und zur Branchenregelung "Chromatarme Zemente und Produkte" (1998). Ab 2000 wurde der Sackzement nur noch chromatarm angeboten und ab 2002 der Chromatgehalt auf den Zementanteil bezogen. Seit diesem Zeitpunkt werden allen zementhaltigen Produkten Reduktionsmittel zugesetzt.
In Europa wurde durch eine Änderung der Beschränkungsrichtlinie 76/769/EWG das Inverkehrbringen und Verwenden nicht chromatreduzierter Zemente und Produkte verboten. Das Verbot nicht chromatarmer Zement ist als Nr. 47 in den Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) aufgenommen. In Deutschland gilt zudem Abschn. 28 "Chromathaltiger Zement" der Chemikalien-Verbotsverordnung.