Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
Der schwierigste Teil der Betriebssicherheitsverordnung für den betrieblichen Verantwortlichen ist die Nutzung der Freiheiten, die sie für die Festlegung der Prüffristen anbietet. Soll man die Prüfungen weiterhin nach den berufsgenossenschaftlichen Regeln durchführen? Oder können durch aktive organisatorische Gestaltung der Prüfungen brach liegende Rationalisierungspotenziale im Unternehmen genutzt werden?
Eine einfache Verlängerung der Prüffristen ohne belastbare Begründung ist nicht anzuraten. Die Betriebssicherheitsverordnung verlangt eindeutig, dass die Prüffristen nur durch die Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsmittel rechtssicher festgelegt werden können (§ 3 Abs. 3 BetrSichV). Bei der Gefährdungsbeurteilung müssen die auf das Arbeitsmittel einwirkenden Umgebungsbedingungen ebenso betrachtet werden wie die Wechselwirkungen zwischen Arbeitsmittel und betrieblichen Einsatzbedingungen.
Zusammengefasst ergeben sich aus den nachfolgend beschriebenen Fragen die Kriterien für die Einordnung des jeweiligen Arbeitsmittels in eine Gefährdungsgruppe:
- Wie ist der äußere Zustand des Arbeitsmittels (Zustand, Verschleiß, Instandhaltung)?
- Welche Gefährdungen wirken aus der Arbeitsumgebung auf das Arbeitsmittel ein (mechanische Einwirkungen, Atmosphäre, Niveau der Benutzer)?
- Wie sind die Einsatzbedingungen des Arbeitsmittels (Belastung, Häufigkeit der Benutzung, Umgebungstemperatur, Verwendung im Freien, Feuchtigkeit, Korrosion)?
- Wie sind die Erfahrungen bei den bisher durchgeführten Prüfungen?
Jeder Gefährdungsgruppe wird eine angemessene Prüffrist zugeordnet. Die Prüffrist soll dabei so bemessen werden, dass der sichere Zustand des Arbeitsmittels während der gesamten Betriebszeit zwischen den Prüfintervallen gewährleistet ist und Fehler und Mängel rechtzeitig erkannt werden können.
Prüffristen
Wenn man die in Abschn. 2.2 eingeführten Gefährdungsgruppen heranzieht, kann man diesen folgende Prüffristen zuordnen:
- Gefährdungsgruppe 1 (geringe Gefährdung): Prüffrist 2 Jahre
- Gefährdungsgruppe 2 (mittlere Gefährdung): Prüffrist 1 Jahr
- Gefährdungsgruppe 3 (hohe Gefährdung): Prüffrist 6 Monate
Als Begründungen für die Verlängerung bzw. Verkürzung von Prüffristen können Sie die folgenden berufsgenossenschaftlichen Leitsätze heranziehen:
- Die ermittelten Prüffristen können im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung im Einzelfall verlängert werden, wenn der Arbeitgeber (ggf. in Abstimmung mit der befähigten Person) zu der Überzeugung kommt, dass er den gleichen sicheren Zustand über einen längeren Zeitraum durch eine verkürzte Instandhaltung oder andere geeignete Maßnahmen aufrechterhalten kann. Andere geeignete Maßnahmen sind z. B. kontinuierliche Überwachung, Benutzen des Arbeitsmittels unterhalb der zulässigen Belastung.
- Die Prüffristen müssen im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung verkürzt werden, wenn der Arbeitgeber (ggf. in Abstimmung mit der befähigten Person) zu der Überzeugung kommt, dass die Arbeitsmittel besonderen, in der Prüfgrundlage bislang nicht berücksichtigten Beanspruchungen unterliegen, die den sicheren Zustand beeinträchtigen können. Besondere Beanspruchungen sind z. B. Überlast, erhöhte Temperaturen, Witterungseinflüsse.
Stand der Technik
Die in der DGUV-R 100-500 zusammengefassten Prüffristen können bei der Festlegung der Prüffristen für die Arbeitsmittel als Erkenntnisquelle herangezogen werden. Die bisherigen Prüfvorschriften sind Stand der Technik.
Gefährdungsbeurteilung
Der Arbeitgeber muss aber trotzdem im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung Art, Umfang und Fristen notwendiger Prüfungen ermitteln und festlegen.
Es reicht nicht, die Prüffristen der Unfallverhütungsvorschriften einfach zu übernehmen. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss auch geprüft werden, ob aufgrund besonderer betrieblicher Gegebenheiten ggf. kürzere oder längere Prüffristen erforderlich sind.