Zusammenfassung
Das Arbeitsschutzrecht ist in seiner gesamten Grundstruktur ein Arbeitnehmerschutzrecht. Dieses zu realisieren und zu bewahren, ist v. a. Aufgabe des Arbeitgebers, seiner Führungskräfte und der Personen mit besonderen Aufgaben (verschiedenste Betriebsbeauftragte sowie fachkundige Personen mit Spezialaufgaben).
Trotz dieser eindeutigen Rollenverteilung ist der Arbeitsschutz keine Dienstleistung, die der Arbeitnehmer "auf dem silbernen Tablett serviert" bekommt. Arbeitsschutz ist auch eine Obliegenheit des Arbeitnehmers gegen sich selbst und gegen Dritte, d. h. Kollegen aus dem eigenen oder fremden Unternehmen, oder Kunden und Besucher des Betriebs. Schließlich – und dies zeigt deutlich die wechselseitige Verantwortung im Betrieb – kann auch der Arbeitgeber als "Hauptakteur" beim Arbeitsschutz ein aktives Mittun seiner Mitarbeiter verlangen.
1 Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes
Die einschlägigen Vorschriften zur verantwortungsvollen Mitgestaltung des betrieblichen Arbeitsschutzes finden sich in §§ 15 und 16 ArbSchG.
1.1 Pflichten der Beschäftigten
Nach § 15 Abs. 1 ArbSchG sind die Beschäftigten verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu sorgen. Gemäß Satz 1 müssen die Beschäftigten auch für die Sicherheit der Personen sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind.
In diesem Rahmen müssen die Beschäftigten nach § 15 Abs. 2 ArbSchG v. a. Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Arbeitsstoffe, Transportmittel und sonstige Arbeitsmittel sowie Schutzvorrichtungen und die ihnen zur Verfügung gestellte Persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß verwenden.
1.2 Besondere Unterstützungspflichten
Besondere Unterstützungspflichten regeln § 16 Abs. 1 und 2 ArbSchG.
Nach § 16 Abs. 1 ArbSchG müssen die Beschäftigten dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich melden.
Nach § 16 Abs. 2 ArbSchG müssen die Beschäftigten überdies gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber dabei unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und seine Pflichten entsprechend den behördlichen Auflagen zu erfüllen. Unbeschadet dessen sollen die Beschäftigten von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten mitteilen.
1.3 Arbeitsschutz-Verantwortung nach § 15 ArbSchG
1.3.1 Angesprochener Personenkreis nach § 15 ArbSchG
Die "Beschäftigten" sind Normadressaten des 3. Abschnittes des ArbSchG. Damit wurde eine Erweiterung vollzogen gegenüber dem das Arbeitsrecht dominierenden Begriff des "Arbeitnehmers". Der Beschäftigten-Begriff des § 15 umfasst alle Personen, die aufgrund einer rechtlichen Beziehung – das muss nicht nur ein Arbeitsvertrag sein – zu einem Arbeitgeber Arbeitsleistungen erbringen und deren Gesundheit in diesem Zusammenhang schutzwürdig ist.
Hauptgruppe der durch § 15 ArbSchG angesprochenen Personen sind aber die Arbeitnehmer, also diejenigen, die aufgrund eines Arbeitsvertrags im Dienste eines anderen stehen und zur Leistung fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet sind.
Dazu gehören auch Teilzeitbeschäftigte nach § 2 TzBfG und auch nur vorübergehend in Vollzeit oder Teilzeit beschäftigte Aushilfen. Normadressaten sind darüber hinaus die Leiharbeitnehmer i. S. des AÜG und die Werkvertragsarbeitnehmer. Für Leiharbeitnehmer gelten nach § 11 Abs. 6 AÜG bzw. nach § 16 Abs. 1 SGB VII die gleichen Arbeitsschutzvorschriften wie für die Stammbelegschaften des Entleihers. Nach § 5 DGUV-V 1 muss der Auftraggeber den Auftragnehmer im Rahmen des Werkvertrags dazu verpflichten, die im Betrieb des Auftraggebers geltenden Unfallverhütungsvorschriften nebst Technischer Regeln zu beachten.
1.3.2 Anwendungsbereiche
Die Pflichten der Beschäftigten zur aktiven Teilhabe am Arbeitsschutz gelten in allen nur denkbaren Anwendungsbereichen i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG und reichen weit über den durch das BetrVG und die Personalvertretungsgesetze von Bund und Ländern skizzierten Bereiche hinaus. Der Bereich der Freien Berufe zählt ebenso dazu wie Religionsgemeinschaften und karitative Einrichtungen ungeachtet der Frage, ob sie zudem auch noch Erwerbscharakter haben.
Keine Rechtsgeltung haben die Verpflichtungen der Arbeitnehmer zum aktiven Mitwirken beim Arbeitsschutz im Bereich der Heimarbeit. Der Bereich der Heimarbeit ist durch § 2 Abs. 2 Ziffer 4 ArbSchG explizit ausgenommen. Insofern ist zu verweisen auf den 5. Abschnitt des Heimarbeitsgesetzes.
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