Das bekannteste Schild an Baustellen ist das Betretungsverbot. Für Schäden, die Personen auf der Baustelle oder einem Grundstück entstehen, ist grundsätzlich der Eigentümer bzw. Betreiber schadensersatzpflichtig. Die Ergänzung "Eltern haften für ihre Kinder" kann die Haftung des Eigentümers nicht ausschließen.
Verkehrspflichten sind der Oberbegriff der Verkehrssicherungspflichten. Sie bezeichnen allgemein Verhaltensanforderungen im Umgang mit Schutzgütern. Verkehrspflichten kommen in vielen Bereichen zum Tragen, genau genommen dort, wo Menschen im Verkehr eine in räumlicher und zeitlicher Hinsicht erwartbare Sicherheit voraussetzen können bzw. wo eine bestimmte Verkehrserwartung vorherrscht.
Verkehrssicherungspflicht beschreibt die allgemeine Rechtspflicht im Verkehr, also im täglichen Umgang miteinander, Rücksicht auf andere zu nehmen, damit diese nicht gefährdet werden.
Beispiele sind:
- Verkehrswege für den öffentlichen Verkehr (Straßen und Gehwege): Ein Beispiel ist die Räum- und Streupflicht. Rechtliche Anforderungen finden sich in den Landesstraßengesetzen und im Bundesfernstraßengesetz. Neben § 823 BGB besteht Schadensersatzpflicht in der Amtshaftung nach § 839 BGB bei Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten.
- Gebäude, Grundstücke, Anlagen: Die infrage kommenden Objekte, wie Verkaufsstätten, Gaststätten, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Baustellen etc., unterscheiden sich in Art und Umfang des Verkehrs. Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht ergeben sich im Einzelfall. Die Art der Nutzung und der Nutzerkreis differieren erheblich.
- Straßenverkehr: Der sichere Verkehr beruht auf der gegenseitigen Rücksichtnahme und dem Vertrauen auf das verkehrsrichtige Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer; dies gilt auch für den Personenverkehr (Bus, Bahn, Schiff, Luftverkehr).
- Veranstaltungen (Kultur, Sport, Freizeit): Die Besucher und ggf. Nachbarn sind vor Gefahren zu schützen, insbesondere bei Massenveranstaltungen. Die Anforderungen erhöhen sich, wenn mit alkoholisierten Besuchern zu rechnen ist.
1.1 Einordnung der Verkehrssicherungspflichten
Verkehrssicherungspflichten sind öffentlich-rechtlich beschrieben durch Gesetze, Verordnungen, Technische Regeln. Diese beinhalten nicht abschließend die Verhaltensanforderungen. Dennoch dürfte bei Einhalten dieser Vorschriften die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadensfalls und damit das Haftungsrisiko erheblich reduziert sein.
Insbesondere sind Verkehrssicherungspflichten zivilrechtlich durch die Rechtsprechung entwickelt worden. Weiterhin gibt es Kommentierungen und Gewohnheitsrecht.
1.2 Öffentliches Recht
Das öffentliche Recht regelt die Beziehungen des Bürgers zum Staat und den übrigen Trägern öffentlicher Gewalt. Der Einzelne ist dem Staat untergeordnet. Öffentliches Baurecht basiert vornehmlich auf dem Gedanken der Gefahrenabwehr. Es zielt auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere indem Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden (§ 3 Musterbauordnung – MBO). Das Arbeitsschutzrecht will Gefährdungen für die Beschäftigten bei der Arbeit abwenden und trifft dazu u. a. Sicherheits- und Verhaltensanforderungen.
1.2.1 Bauordnungsrecht
Verkehrspflichten im Bauordnungsrecht beziehen sich auf bauliche Anlagen und bezwecken den Schutz der Bewohner, Besucher und Benutzer. Bei der Verschiedenartigkeit baulicher Anlagen, z. B. Versammlungsstätten oder Verkaufsstätten, gelten sehr unterschiedliche Anforderungen an die Verkehrssicherheit.
Die Verkehrspflichten sind nicht begrenzt auf die Bauphase, sondern gelten während der gesamten Nutzungsphase baulicher Anlagen. Die Nutzungsphase wird im vorliegenden Beitrag nicht weitergehend thematisiert.
Verkehrssicherheit
In der MBO hat die Verkehrssicherheit einen eigenen Paragrafen (§ 16 MBO):
"Bauliche Anlagen und die dem Verkehr dienenden nicht überbauten Flächen von bebauten Grundstücken müssen verkehrssicher sein." Dazu zählt u. a.
- die sichere, stolper- und rutschfreie Benutzbarkeit von Fußböden, Treppen und Fluren,
- das Vorhandensein von Umwehrungen und Halterungen, wie z. B. Geländer,
- Belange des Grundstücks, z. B. Zugänge, Einfahrten, Stellplätze, Spielplätze.
"Die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs darf durch bauliche Anlagen oder deren Nutzung nicht gefährdet werden."
- Bauteile, wie Sockel, Gesimse, Fensterbänke oder Werbeanlagen, dürfen den öffentlichen Verkehrsraum in Breite und Höhe nicht einengen und Passanten nicht gefährden,
- Ein- und Ausfahrten dürfen den öffentlichen Verkehr nicht gefährden.
Baustellen
Baustellen sind nach dem Bauordnungsrecht so einzurichten, dass Gefahren oder vermeidbare Belästigungen nicht entstehen. Eine Gefahr ist ein Zustand, der bei ungehindertem Ablauf des weiteren Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden führt. Gefahr, Gefährdung und schließlich Schädigung sollen vermieden werden. Können unbeteiligte Personen gefährdet werden, ist die Gefahrenzone abzugrenzen oder durch Warnzeichen zu kennzeichnen. Erforderlichenfalls ist die Baustelle mit einem Bauzaun abzugrenzen, mit Schu...