Gerade wenn man davon ausgeht, dass Menschen Fehler machen, muss dafür gesorgt werden, dass die dadurch entstehenden Unfälle nicht zu ernsthaften Personenschäden führen. "Keiner kommt um, alle kommen an" – auf diese Formel hat es der Deutsche Verkehrssicherheitsrat gebracht, als er sich für die Vision Zero als Handlungsstrategie entschieden hat, denn dieser Grundsatz bezieht sich insbesondere auf den Straßenverkehr.

Gradmesser und Kriterium für die Gestaltung des Verkehrssystems ist nach dem Ansatz von Vision Zero die biologische Toleranz des Menschen, etwas salopp gesagt also das, was er aushält. Die Unfallforschung liefert hier wissenschaftlich belegte Grenzwerte. Die meisten Menschen, die (außerhalb von Fahrzeugen) von einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 km/h angefahren werden, können dies überleben. Mit weiter optimiertem Fahrzeugdesign und evtl. Außenairbags wird es möglich sein, diesen Wert noch anzuheben. Ein Pkw bietet beim heutigen Stand der passiven Sicherheit den Insassen bei einem Frontalaufprall mit einer Geschwindigkeit bis etwa 70 km/h ausreichenden Schutz, bei einem Seitenaufprall liegt die kritische Geschwindigkeit derzeit bei ca. 50 km/h. Auch diese Werte können durch die Weiterentwicklung der passiven Sicherheitssysteme bestimmt noch weiter erhöht werden.

Aktive Sicherheitssysteme wie die automatische Einleitung einer Notbremsung werden es immer mehr ermöglichen, im Moment des Unfalls unter die kritischen Geschwindigkeiten zu kommen. Diese Werte berücksichtigen allerdings keine individuellen Unterschiede. So sind z. B. ältere Menschen stärker gefährdet, da ihre körperliche Widerstandsfähigkeit oft geringer ist und Verletzungen schlechter heilen. Auch für Kinder gelten teilweise andere Bedingungen, da z. B. bei einem Pkw-Fußgänger-Unfall je nach Körpergröße der angefahrenen Person andere Bewegungsabläufe auftreten.

Für Arbeitsplätze ebenso wie für den Straßenverkehr gilt eindeutig: Da wir angesichts der langen Zeitzyklen der Evolution die Widerstandsfähigkeit des Menschen nicht in einigen Jahrzehnten erhöhen können, ist die Schlussfolgerung klar. Die Arbeitswelt muss ebenso wie der Straßenverkehr an den Menschen angepasst werden, nicht umgekehrt. Das Ziel ist die Vermeidung ernsthafter Personenschäden.

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