Wenn die Vision Zero sinnvollerweise als Bestandteil einer umfassenden betrieblichen Präventionskultur verstanden wird, dann kann diese nach dem aktuellen Stand der Literatur am besten mit 6 voneinander getrennten, aber miteinander verwobenen Handlungsfeldern umgesetzt werden:
- Prävention als integrierter Bestandteil aller Aufgaben,
- Führung,
- Kommunikation,
- Beteiligung,
- Fehlerkultur,
- Soziales Klima/Betriebsklima.
Die Handlungsfelder überschneiden und ergänzen sich, oft bedingen sie einander und Aktivitäten in einem Feld wirken auch auf andere Felder mit ein. Bei Veränderungsprozessen sind diese systemischen Wirkungen zu beachten und können genutzt werden. Nur einzelne Handlungsfelder in der Analyse und Maßnahmenableitung herauszugreifen, wird i. d. R. nicht ausreichen, um Sicherheit und Gesundheit als integrierte Werte in Unternehmen und Einrichtungen zu verankern. Interessant ist aber, im Vorfeld zu erfragen, wie der Ist-Zustand in Betrieben aussieht. So hat die DGUV 500 Einrichtungen und Betriebe sowie fast 1.000 Beschäftigte zum Ist-Zustand der Präventionskultur befragt. Die Ergebnisse dieser Umfrage fasst der IAG Report 2/2016 "Kultur der Prävention in Unternehmen und Bildungseinrichtungen" zusammen:
Auch wenn es nicht die primären betrieblichen Zielgruppen sind, sollten immer auch Kindertageseinrichtungen, Schulen und sonstige Bildungseinrichtungen und die dortigen Akteure und Zielgruppen angesprochen werden – und sei es über die Familienmitglieder der im Betrieb tätigen Personen. Kinder und Jugendliche sind vor allem deshalb eine wichtige Zielgruppe, weil die Erfolgschancen für eine grundlegende präventive Bewusstseinsbildung und für die Aneignung grundlegender sicherheits- und gesundheitsrelevanter Kompetenzen bei ihnen größer sind als bei Erwachsenen. Nach Ehnes et al. kann man die 6 Handlungsfelder wie folgt beschreiben:
5.1.1 Prävention als integrierter Bestandteil aller Aufgaben
Der Unternehmenserfolg wird bestimmt durch das tägliche Handeln der Menschen in den Betrieben. Die Werte und Regeln, nach denen Entscheidungen getroffen werden, prägen die Unternehmenskultur. Diese wiederum gibt eine Orientierung für die Gestaltung der Handlungen des Einzelnen. Nur wenn alle Personen, die Entscheidungen – auch im Kleinen – zu treffen haben, wissen, dass Sicherheit und Gesundheit grundlegende Werte sind, die sie hierbei beachten sollen, können sie dieses zum Gegenstand allen Handelns machen.
Einen Ansatzpunkt zur Etablierung von Sicherheit und Gesundheit als integrierte Werte stellt die Verankerung dieses Themas in den Leitlinien von Betrieben dar. Wird in diesen fest verankert, dass Sicherheits- und Gesundheitsaspekte bei allen Überlegungen eine zentrale Rolle spielen, können dieses Denken und diese Sichtweise leitend für das Handeln der gesamten Organisation und jedes einzelnen Organisationsmitglieds werden. Das Denken und Handeln im Sinne von Sicherheit und Gesundheit verselbstständigt sich und wird zu einer Art Automatismus.
Darüber hinaus sind Managementsysteme geeignet, Sicherheit und Gesundheit in die Strukturen, die Arbeitsprozesse und die sozialen Beziehungen der Menschen zu integrieren. Ein gut aufgestelltes Management für Sicherheit und Gesundheit kann vielfältige, wenn nicht alle Teilaspekte der Sicherheit und Gesundheit in Betrieben und damit alle Handlungsfelder der Präventionskampagne abdecken. In einem idealtypischen Managementsystem sind die Förderung und die Erhaltung von Sicherheit und Gesundheit im Betrieb integrierte Bestandteile des Planens und Handelns. Die Sicherheit und die Gesundheit der Menschen werden zum strategischen Faktor. Maßnahmen und Aktivitäten werden konzeptionell erarbeitet und systematisch miteinander verknüpft. Entscheidend für den Erfolg dieser Aktivitäten und Maßnahmen ist ein Verfahren, das 4 Phasen umfasst: Zielfindung, Ist-Analyse, Maßnahmenableitung und -durchführung sowie Wirksamkeitskontrolle. Ansatzpunkte für Maßnahmen und Aktivitäten liegen sowohl in der Gestaltung der Verhältnisse als auch in der Beeinflussung der Verhaltensweisen.
5.1.2 Führung
Die Führung bringt Ziele, Absichten, Menschen und Mittel mit den Rahmenbedingungen in Einklang, um unternehmerischen Erfolg zu gewährleisten. Führungskräfte stehen somit im Spannungsfeld zwischen den Interessen des Betriebes und den Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie müssen vermitteln und Kompromisse finden. Führungskräfte haben nicht nur durch ihre Aufgaben im Arbeitsschutz, sondern auch durch ihr persönliches Führungsverhalten einen Einfluss auf die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter.
Gesundheitsfördernde Führung setzt voraus, dass die Führungskräfte sich ihrer Verantwortung hinsichtlich der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bewusst sind, die Fähigkeit besitzen, Konsequenzen ihres Handelns für Sicherheit und Gesundheit zu erkennen und über ein Handlungsrepertoire verfügen, welches die Beschäftigten unterstützt. Der Führungsstil hat einen erheblichen Einfluss au...