Zusammenfassung
- In vielen Betrieben beschweren sich Vorgesetzte darüber, dass Mitarbeiter trotz Unterweisungen keine PSA tragen, Betriebsmittel nicht bestimmungsgemäß verwenden, Sicherheitskennzeichen missachten oder sich sicherheitswidrig verhalten.
- Es ist Aufgabe des Arbeitgebers und dessen Vorgesetzten, sichere Arbeitsbedingungen zu schaffen und die Gesundheit der Beschäftigten nicht zu beeinträchtigen, sondern möglichst noch zu fördern.
- Sichere Maschinen und Unterweisungen reichen alleine nicht. Dauerhafte Verbesserungen können nur erreicht werden, wenn die Mitarbeiter aktiv in den Prozess "Arbeitsschutz" integriert werden. Das funktioniert nur, wenn Vorgesetzte Vorbilder sind, die die Inhalte aus Schulungen, Unterweisungen oder Anweisungen glaubhaft "vorleben".
- Fehlende Vorbildfunktion der Vorgesetzten führt i. d. R. sogar zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit der Inhalte aus den Schulungen und Unterweisungen. Die Argumente, warum sich die Mitarbeiter sicher verhalten sollen, sind sofort hinfällig: Mitarbeiter, die sehen, dass ihr Vorgesetzter z. B. im Pflichtbereich keinen Gehörschutz trägt oder trotz festgelegter Höchstgeschwindigkeit mit deutlich höherer Geschwindigkeit über das Firmengelände fährt, nehmen das Fehlverhalten von Vorgesetzten sofort auf. Die Frage "Warum muss ich mich daran halten, wenn DER/DIE das auch nicht macht?" ist zwangsläufig.
- Es ist fast noch schwieriger, den Vertrauensverlust in den Köpfen der Mitarbeiter durch fehlende Vorbildfunktion der Vorgesetzten wieder auszugleichen, als Mitarbeiter generell für Arbeitsschutzmaßnahmen zu begeistern.
- Fehlende Vorbildfunktion von Vorgesetzten spricht sich im Betrieb sehr schnell herum! Dabei ist das Verhalten aller Vorgesetzten zu berücksichtigen – nicht nur des jeweiligen direkten Vorgesetzten.
1 Details
1.1 Definition
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er muss die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüfen und ggf. den sich ändernden Gegebenheiten anpassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.
I. d. R. übertragen Unternehmer einen Teil dieser Pflichten auf ihre Führungskräfte. Doch auch wenn dieser formale Akt nicht für alle Vorgesetztenebenen erfolgt, haben Vorgesetzte die Fürsorgepflicht für die ihnen unterstellten Mitarbeiter. Dies schließt erforderliche Arbeitsschutzmaßnahmen zur Sicherstellung der Gesundheit der Mitarbeiter ein. Ein Umstand, der häufig vergessen wird.
§ 2 Abs. 4 DGUV-V 1 "Grundsätze der Prävention" fordert konkret, dass der Unternehmer keine sicherheitswidrigen Weisungen erteilen darf. Doch wie ist es zu bewerten, wenn ein Vorgesetzter Arbeiten ohne vorgeschriebene PSA durchführt, Betriebsmittel nicht bestimmungsgemäß verwendet oder Sicherheitskennzeichen missachtet? Sicherlich sind diese Handlungen nicht mit direkten (sicherheitswidrigen) Weisungen gleichzusetzen. Betrachtet man jedoch die Auswirkungen, die diese "Vorbild-Handlungen" bei den Mitarbeitern auslösen können, so sind durchaus Parallelen erkennbar.
1.2 Hintergrund
Sicherheitsgerechtes Verhalten muss erlernt werden. Bei der Entwicklung eines Kindes hängt dies sehr stark vom Verhalten der Eltern ab. Das Kind nimmt seine Eltern als Vorbild und schaut sich deren Verhaltensbilder ab. Im übertragenen Sinn ist dies im Berufsleben nicht anders. Ein Auszubildender schaut sich Verhaltensweisen bei seinem Ausbilder ab, genauso wie der Mitarbeiter bei seinem Vorgesetzten. Verhält sich also ein Vorgesetzter sicherheitswidrig, so nehmen dies auch alle seine Mitarbeiter wahr. Die Frage "Warum soll ich mich sicherheitsgerecht verhalten, wenn der Chef dies auch nicht tut?" ist zwangsläufig.
Viele Betriebe sind engagiert im Arbeitsschutz. Es stehen sichere Maschinen und Betriebsmittel zur Verfügung, Mitarbeiter werden entsprechend sicherheitstechnisch unterwiesen und auch die gesamte Sicherheitsorganisation ist ausreichend ausgeprägt. Um dieses Niveau zu erreichen, wurden viele Anstrengungen unternommen. Mitarbeiter sind immer wieder aufgeklärt worden, warum bestimmte Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind und wie Arbeiten sicher ausgeführt werden können. Soweit die "heile Welt".
Was glauben Sie, was für Auswirkungen das Verhalten eines Vorgesetzten hat, der sich vor den Augen seiner Mitarbeiter sicherheitswidrig verhält? Die Auswirkungen hängen sicherlich davon ab, ob dieses Fehlverhalten häufiger beobachtet wird und wie die Sicherheitskultur im Unternehmen ist. Folgende gegensätzliche Szenarien sind denkbar:
- Die Mitarbeiter weisen den Vorgesetzten auf dessen Fehlverhalten hin und fordern das sicherheitsgerechte Verhalten ein. Sollte dieser dem nicht nachkommen, wenden Sie sich an den nächst höheren Vorgesetzten.
- Die Mitarbeiter nehmen das Fehlverhalten des Vorgesetzten zur Kenntnis und sagen sich "Prima, wenn DER dies nicht macht, muss ich es ja auch nicht machen. In der U...