Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
1.1 Definition
Nach Anhang 3.4 Arbeitsstättenverordnung müssen Arbeitsstätten "mit Einrichtungen ausgestattet sein, die eine angemessene künstliche Beleuchtung ermöglichen, so dass die Sicherheit und der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gewährleistet sind", wobei "die Beleuchtungsanlagen so auszuwählen und anzuordnen [sind], dass dadurch die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet werden".
Die zugehörige Arbeitsstätten-Regel ASR A3.4 gibt dazu einen Katalog von Mindestbeleuchtungsstärken vor, der branchenabhängig Betriebe, Einrichtungen und einzelne Betriebsbereiche auflistet. Für Bereiche, die dort nicht aufgeführt sind, ist eine "angemessene" Beleuchtung über die Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln. Störende Blendungen und Reflexionen müssen vermieden werden. Außerdem hält Abschn. 4.1 Abs. 1 ASR A3.4 fest, dass eine Beleuchtung mit Tageslicht einer ausschließlich künstlichen Beleuchtung vorzuziehen ist.
1.2 Hintergrund
Das Auge als Wahrnehmungsorgan sorgt für die Aufnahme von Informationen, ohne die der Mensch wesentliche Arbeitsprozesse kaum oder gar nicht abwickeln kann. Die Beleuchtungssituation hat Einfluss darauf, wie gut oder schlecht diese Informationsverarbeitung abläuft.
Dabei ist der Bereich, in dem Licht als zuträglich empfunden wird, sehr viel größer als bei anderen Arbeitsplatzfaktoren. Anders als z. B. bei Raumtemperaturen werden geringe bis mäßige Abweichungen von empfohlenen Beleuchtungsstärken oft gar nicht als Problem empfunden. Weil der Sehsinn in einer technisierten Umgebung, wie sie ein modernes Büro darstellt, extrem wichtig ist, reagieren Menschen oft aber durchaus empfindlich, wenn sie mit der Beleuchtung nicht zurechtkommen.
Dazu trägt bei, dass Beleuchtung unvermeidlich immer auch eine psychische, emotionale Komponente hat, die Menschen individuell unterschiedlich empfinden, die aber kaum ausgeblendet werden kann. Deshalb kann es z. B. so sein, dass die physiologisch als vorteilhaft angesehene gleichmäßige Ausleuchtung eines Arbeitsraumes von einzelnen Nutzern sogar als belastend wahrgenommen wird, weil sie für ruhiges, konzentriertes Arbeiten den Lichtkegel einer einzelnen Schreibtischlampe und keine "Bahnhofhallenatmosphäre" benötigen.
Die sich daraus ergebenden Probleme werden leicht als Überempfindlichkeit oder gar Anstellerei abgetan. Damit ist aber eine Fehleinschätzung der menschlichen Psyche verbunden, die ja in erheblichem Maße von physiologischen Prozessen abhängt und nur in Grenzen der bewussten Steuerung unterliegt.
1.3 Unfall- und Berufskrankheitsgeschehen
Grundsätzlich kann eine ungeeignete, hier vor allem zu geringe Beleuchtung in Randbereichen eines Raumes durchaus zu einem erhöhten Unfallrisiko führen, z. B. weil Gefahrenstellen wie Schreibtischschubladen, Kleinmöbel, abgestellte Gegenstände oder Elektroleitungen nicht erkannt werden. Das kann auch der Fall sein, wenn es durch stark unterschiedliche Beleuchtungsstärken in benachbarten Bereichen zu Adaptionsproblemen kommt (Hell-Dunkel-Anpassung). Davon sind besonders Personen mit bestimmten Sehschwächen oder -einschränkungen betroffen, z. B. Brillenträger, ältere Personen, Personen mit Gesichtsfeld- oder Bewegungseinschränkungen.
Eine unmittelbar krank machende Wirkung durch die Funktion einer praxisüblichen Beleuchtungseinrichtung ist nach allen Erfahrungen auszuschließen, auch wenn in Einzelfällen gelegentlich vermutet wird, dass v. a. "Neonlicht" krank machen könne. Was von den Betroffenen in diesen Fällen wahrgenommen wird, dürften die unten beschriebenen physiologischen und psychologischen Effekte sein, die sich durch eine ungeeignet empfundene Beleuchtung ergeben können und als solche durchaus ernst zu nehmen sind.
1.4 Verantwortung von Arbeitgeber und Führungskräften
Zunächst ist der Arbeitgeber verpflichtet, für eine angemessene Beleuchtungsausstattung entsprechend ASR A3.4 zu sorgen. Das umfasst neben den dort aufgeführten Mindestbeleuchtungsstärken Faktoren wie ausreichenden Tageslichteinfluss, Maßnahmen gegen Blendung durch Tageslichteinfluss, Gleichmäßigkeit, Blendfreiheit und Farbtreue bei künstlicher Beleuchtung und anderes.
Dabei ist es wichtig, sich nicht auf einzelne angegebene Werte zu fixieren, sondern die tatsächlichen Arbeitserfordernisse mit zu berücksichtigen. So kann ein Flur nach ASR A3.4 zwar mit einer Beleuchtung von 50-100 Lux auskommen. Steht in diesem Flur jedoch ein Schrank, an dem Unterlagen nach Nummerierung ein- und auszusortieren sind, ergibt das einen höheren Beleuchtungsbedarf. Auch einzelne Beschäftigte brauchen manchmal besondere Beleuchtungsbedingungen (z. B. Brillenträger mit starken Gläsern oder Sehbehinderte). In diesen und anderen Sonderfällen, die sich z. B. aus besonderen Sehaufgaben (z. B. Farberkennung) am Büroarbeitsplatz ergeben können, muss der Arbeitgeber entsprechend einer Gefährdungsbeurteilung entscheiden.
Darüber hinaus ist der Arbeitgeber oder die zuständige Führungskraft gut beraten, auch die psychischen Effekte einer Beleuchtungsanlage zu berücksichtigen und für eine gute und effizienzfördernde Arbeitsatmosphäre zu nutzen. Dabei können Fachberater hilfreich s...