Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
- Arbeitsplätze müssen aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen gemäß den geltenden Bestimmungen ausgeleuchtet sein.
- Eine (allgemein oder individuell) ungeeignete Beleuchtungssituation erhöht nachweislich die Fehlerquote bei der Arbeit.
- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für eine vorschriftsmäßige Beleuchtung von Büroräumen im Sinne einer geeigneten Standardausstattung zu sorgen, nicht aber, jeden individuellen Wunsch nach einer bestimmten Art von Beleuchtung zu erfüllen.
- Licht schafft Atmosphäre – dieser Satz gilt im positiven wie im negativen Sinn. Beleuchtungsfragen, erst recht Probleme damit, können daher leicht unerwartet emotionale Wirkungen haben.
- Was in Bezug auf Beleuchtung als physiologisch gut und vorschriftsmäßig gilt, muss nicht unbedingt von den Betroffenen als hilfreich und angenehm empfunden werden. Physiologie und Psychologie laufen beim Licht weit auseinander.
- Das Bedürfnis nach Licht ist grundsätzlich subjektiv sehr unterschiedlich und veränderlich, abhängig nicht nur von den Seh- und Arbeitsaufgaben, sondern auch z. B. von Typ, Alter, Sehfähigkeit und Arbeitsgewohnheiten.
- Unter architektonischen bzw. raumgestalterischen Aspekten ausgewählte Beleuchtungen erfüllen, auch wenn sie sehr hochwertig geplant und realisiert wurden, in wesentlichen Punkten manchmal nicht die arbeitsstättenrechtlichen Vorgaben, weil die Gestaltungsprinzipien andere sind.
- Tageslicht ist in seiner ganz speziellen Charakteristik am Arbeitsplatz besonders zuträglich und immer noch nicht künstlich überzeugend nachzuahmen. Daher müssen Arbeitsräume möglichst ausreichend Tageslicht erhalten. Eine ausschließlich künstliche Beleuchtung in Büroräumen kann daher nur eine Ausnahmelösung in besonderen betrieblichen Situationen sein.
1 Details
1.1 Definition
Nach Anhang 3.4 Arbeitsstättenverordnung müssen Arbeitsstätten "mit Einrichtungen ausgestattet sein, die eine angemessene künstliche Beleuchtung ermöglichen, so dass die Sicherheit und der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gewährleistet sind", wobei "die Beleuchtungsanlagen so auszuwählen und anzuordnen [sind], dass dadurch die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet werden".
Die zugehörige Arbeitsstätten-Regel ASR A3.4 gibt dazu einen Katalog von Mindestbeleuchtungsstärken vor, der branchenabhängig Betriebe, Einrichtungen und einzelne Betriebsbereiche auflistet. Für Bereiche, die dort nicht aufgeführt sind, ist eine "angemessene" Beleuchtung über die Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln. Störende Blendungen und Reflexionen müssen vermieden werden. Außerdem hält Abschn. 4.1 Abs. 1 ASR A3.4 fest, dass eine Beleuchtung mit Tageslicht einer ausschließlich künstlichen Beleuchtung vorzuziehen ist.
1.2 Hintergrund
Das Auge als Wahrnehmungsorgan sorgt für die Aufnahme von Informationen, ohne die der Mensch wesentliche Arbeitsprozesse kaum oder gar nicht abwickeln kann. Die Beleuchtungssituation hat Einfluss darauf, wie gut oder schlecht diese Informationsverarbeitung abläuft.
Dabei ist der Bereich, in dem Licht als zuträglich empfunden wird, sehr viel größer als bei anderen Arbeitsplatzfaktoren. Anders als z. B. bei Raumtemperaturen werden geringe bis mäßige Abweichungen von empfohlenen Beleuchtungsstärken oft gar nicht als Problem empfunden. Weil der Sehsinn in einer technisierten Umgebung, wie sie ein modernes Büro darstellt, extrem wichtig ist, reagieren Menschen oft aber durchaus empfindlich, wenn sie mit der Beleuchtung nicht zurechtkommen.
Dazu trägt bei, dass Beleuchtung unvermeidlich immer auch eine psychische, emotionale Komponente hat, die Menschen individuell unterschiedlich empfinden, die aber kaum ausgeblendet werden kann. Deshalb kann es z. B. so sein, dass die physiologisch als vorteilhaft angesehene gleichmäßige Ausleuchtung eines Arbeitsraumes von einzelnen Nutzern sogar als belastend wahrgenommen wird, weil sie für ruhiges, konzentriertes Arbeiten den Lichtkegel einer einzelnen Schreibtischlampe und keine "Bahnhofhallenatmosphäre" benötigen.
Die sich daraus ergebenden Probleme werden leicht als Überempfindlichkeit oder gar Anstellerei abgetan. Damit ist aber eine Fehleinschätzung der menschlichen Psyche verbunden, die ja in erheblichem Maße von physiologischen Prozessen abhängt und nur in Grenzen der bewussten Steuerung unterliegt.
1.3 Unfall- und Berufskrankheitsgeschehen
Grundsätzlich kann eine ungeeignete, hier vor allem zu geringe Beleuchtung in Randbereichen eines Raumes durchaus zu einem erhöhten Unfallrisiko führen, z. B. weil Gefahrenstellen wie Schreibtischschubladen, Kleinmöbel, abgestellte Gegenstände oder Elektroleitungen nicht erkannt werden. Das kann auch der Fall sein, wenn es durch stark unterschiedliche Beleuchtungsstärken in benachbarten Bereichen zu Adaptionsproblemen kommt (Hell-Dunkel-Anpassung). Davon sind besonders Personen mit bestimmten Sehschwächen oder -einschränkungen betroffen, z. B. Brillenträger, ältere Personen, Personen mit Gesichtsfeld- oder Bewegungseinschränkungen.
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