Aus der Baustellenverordnung ergeben sich für Bauherren besondere Rechtspflichten: sie sind mitverantwortlich für die gefahrfreie Vorbereitung und Durchführung von Bauarbeiten.

Die Baustellenverordnung formuliert folgende Pflichten für den Bauherren bzw. den von ihm beauftragten Dritten:

  • Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze nach § 4 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) bei der Planung der Ausführung des Bauvorhabens;
  • Ankündigung des Vorhabens bei der Arbeitsschutzbehörde für solche Bauvorhaben, bei denen die Dauer der voraussichtlichen Arbeiten mehr als 30 Tage beträgt und dabei mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig sind bzw. für die Bauvorhaben, deren Umfang der Arbeiten mehr als 500 Personentage beträgt;
  • Bestellung eines Koordinators, wenn mehrere Arbeitgeber auf der Baustelle tätig werden;
  • Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes bei Tätigkeiten mehrerer Arbeitgeber oder Unternehmer auf Baustellen, für die eine Vorankündigung erforderlich ist oder wenn besonders gefährlichen Arbeiten durchgeführt werden;
  • Unterrichtung des Arbeitgebers, der mit seinen Beschäftigten die Baumaßnahme allein durchführt, über die Umstände auf dem Gelände, die für einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan relevant sind, sofern für die Baustelle eine Vorankündigung zu übermitteln ist oder besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II der BaustellV durchgeführt werden;
  • Zusammenstellung einer Unterlage für spätere Arbeiten an der baulichen Anlage.

Anerkanntermaßen stellen die Bedingungen, unter denen bauliche Anlagen errichtet werden, hohe Anforderungen an die Fachkenntnis der am Bau Beteiligten. Ebenso ist es eine Tatsache, dass die komplexen Abläufe von Bauarbeiten und die Vielfältigkeit der angewendeten Technologien unter Beachtung der kurzen zur Verfügung stehenden Bauzeiten eine enorme Verdichtung gleichzeitig tätiger verschiedener Unternehmer bedeuten. Bestimmend ist dabei, dass die auf der Baustelle tätigen Unternehmer sich in einem direkten Vertragsverhältnis zum Bauherrn befinden. Um einer durch diese objektiven Gegebenheiten möglicherweise entstehenden Überforderung von Bauherren entgegenwirken zu können, sieht die Baustellenverordnung die Möglichkeit zur Bestellung eines geeigneten Koordinators vor. Er nimmt im Auftrag des Bauherrn die konkret in der Baustellenverordnung enthaltenen Rechtspflichten in dessen Auftrag wahr.

Mit der Beauftragung eines oder mehrerer Koordinatoren sind Bauherren bzw. verantwortliche Dritte jedoch nicht aus ihrer Verantwortung entlassen oder können ihre Rechtspflicht an den Koordinator weiterdelegieren. Vielmehr stehen sie in der Organisationsverpflichtung, den richtigen – geeigneten – Koordinator zu bestellen, ihn rechtzeitig – bereits in der Phase der Planung der Bauausführung – zu beauftragen, ihn mit den erforderlichen Kompetenzen auszustatten und sich nicht zuletzt auch permanent vom Erfolg der Tätigkeit des Koordinators zu überzeugen.

Das typische Instrumentarium, das sich bezüglich der Abstimmung und Koordination aus § 8 Arbeitsschutzgesetz und § 6 DGUV-V 1 "Grundsätze der Prävention zur Zusammenarbeit mehrerer Unternehmer" ergibt, erfährt durch die Baustellenverordnung eine Erweiterung hinsichtlich der Normadressaten. Auch Arbeitgeber und Unternehmer sind durch die Institution des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators nicht von ihrer Verantwortung für die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten befreit. Sie werden u. a. durch § 5 Abs. 1 BaustellV aufgefordert, die "Hinweise des Koordinators und den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu berücksichtigen".

Die Bestimmungen der Baustellenverordnung verlangen vom Arbeitgeber explizit, dass sie ihre Rechtspflichten nach dem Arbeitsschutzgesetz und den Unfallverhütungsvorschriften unbenommen von der Bestellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators vollumfänglich wahrnehmen. Dazu heißt es in der Verordnung: "Die Verantwortlichkeit der Arbeitgeber für die Erfüllung ihrer Arbeitsschutzpflichten wird durch die Maßnahmen nach den §§ 2 und 3 nicht berührt" (§ 5 Abs. 3 BaustellV).

Im Unterschied zum üblichen Prinzip in den Arbeitsschutzvorschriften, dass Arbeitgeber die Sicherheit und den Schutz ihrer Beschäftigten sicherstellen müssen, verlangt § 6 BaustellV, dass auch Unternehmer ohne Beschäftigte (z. B. Solo-Selbstständige, Einzelunternehmer) die Arbeitsschutzvorschriften einhalten und die Hinweise des Koordinators berücksichtigen müssen.

Die Aufforderung an die Unternehmer, Hinweise des Koordinators zu berücksichtigen, begründet jedoch keinerlei Weisungsbefugnisse des Koordinators. Folglich haben Arbeitgeber und Unternehmer die Pflicht, die Hinweise des Koordinators in unternehmensinterne Weisungen zu überführen. Ebenso kann es erforderlich sein, dass die Bauherren ihrerseits im Falle einer nicht ausreichenden Berücksichtigung der Hinweise des Koordinators an die am Bau Beteiligten wiederum aktiv durch entsprechende Weisungen an ihre Auftragne...

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