Die Baustellenverordnung (BaustellV) oder „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf der Baustelle“ wurde 1998 eingeführt.
Ziele der Baustellenverordnung
Durch die Durchsetzung umfangreicherer und effektiver Sicherheitsmaßnahmen bereits in der Planungsphase will die BaustellV Unfallrisiken und damit auch kostentreibende Störungen des Bauablaufs reduzieren. Weiterhin will sie durch eine bessere Koordination die Zusammenarbeit der Gewerke vor Baubeginn optimieren, was zusätzlich Geld und Zeit sparen sowie die Sicherheit beim Start des Bauprojekts erhöhen soll.
Die wichtigsten Punkte
Mit der BaustellV wurde eine EU-Richtlinie in bundesdeutsches Recht umgesetzt. Wichtige Punkte der Verordnung in Bezug auf den Arbeitsschutz sind:
- Sie legt fest, dass der Bauherr und nachfolgend die anderen verantwortlichen Personen (Bauleiter, SiGeKO u.s.w.) dafür zuständig sind, dass die gesetzlichen Vorschriften befolgt werden. Dazu zählen insbesondere die Befolgung der Unfallverhütungsvorschriften, aber auch die Gesetzesvorgaben des Immissionsschutzes, des Chemikalienrechtes, des Abfallrechtes sowie des Brandschutzes auf der Baustelle.
- Der Arbeitsschutz im Bauwesen bezog sich lange Zeit nur auf abhängig Beschäftigte. Durch die BaustellV ist der gesetzliche Arbeitsschutz auch auf alle auf der Baustelle anwesenden Personen - Unternehmer ohne Angestellte, Scheinselbstständige, Bauherren, Architekten, Planer, Passanten und Besucher - ausgedehnt worden.
- Die BaustellV verfügt, dass in allen Planungsphasen – d.h. insbesondere bei der Ausführungsplanung, Ausschreibung und Bauleitung – die Belange des Arbeitsschutzes angemessen integriert werden müssen. Kommt es beispielsweise bei der Einrichtung der Baustelle zu Unfällen – etwa im Rahmen von Ausschachtungs- bzw. Baumfällungsarbeiten -, weil in den Ausführungs- oder Ausschreibungsunterlagen die notwendigen Sicherungsmaßnahmen (wie Verbau, Absperrungen) nicht berücksichtigt wurden, so trifft neben dem Bauherren und seinen verantwortlichen Stellvertreter auch den Bauleiter, den Planer oder den Koordinatoren eine Mitschuld im Sinne des Strafrechts.
- Zusätzlich zu den traditionellen Funktionsträgern auf dem Bau, die für die Koordination der Arbeiten zuständig sind (Bauleiter, Entwurfverfasser, Unternehmer der beteiligten Gewerke), hat die BaustellV einen offiziellen Koordinator für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz implementiert, den „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator“ (SiGeKo).
- Auch für die Nutzungsphase nach dem eigentlichen Bauvorhaben hat die BaustellV Vorkehrungen getroffen. Denn der Koordinator muss neben dem SiGe-Plan auch Unterlagen zusammenstellen, in dem der Bauherr alle für ihn notwendigen Angaben zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz findet, die für die Wartung und Instandsetzung des Gebäudes notwendig sind.
Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen
Die Verordnung konnte allerdings einige Sachverhalte nicht eindeutig definieren und somit blieben einige Fragen für die fachliche Praxis weiterhin offen. Daher wurde von der Bundesregierung eine mittlerweile wieder aufgelöste Arbeitsgruppe gebildet, der „Ausschuss für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen“, die für diese Bereiche eine konkrete Regelung finden sollte. Die vom Ausschuss definierten Regelungen wurden als „Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen“ (RAB) veröffentlicht. Darunter sind u. a. folgende Regeln von besonderer Bedeutung:
- RAB 30 Geeigneter Koordinator
- RAB 31 Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan
- RAB 32 Unterlage für spätere Arbeiten
- RAB 33 Allg. Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes bei der Anwendung des BaustellV
Verantwortlichkeiten auf der Baustelle
Die BaustellV erweitert die Verantwortung des Bauherrn. Zwar bleiben auch in der BaustellV die jeweiligen Unternehmer der am Bau beteiligten Gewerke hinsichtlich des Arbeitsschutzes für ihre abhängig Beschäftigten verantwortlich. Der Bauherr ist aber nun hauptverantwortlich für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sowie die Sicherheit und Ordnung auf seinem Baugelände – auch wenn er diese Aufgaben in der Regel in schriftlicher Form an den verantwortlichen Bauleiter oder einen anderen „verantwortlichen Dritten“ (z. B. Architekt, Planungsbüro) übergibt.
Sind an der Planung und Ausführung eine Vielzahl von Personen mit unterschiedlichen Rollen und Aufgaben beteiligt, zwischen denen viele zu koordinierende Schnittstellen bestehen, so hat der Bauherr oder sein eingesetzter Vertreter einen ausreichend sachkundigen SiGeKo zu bestellen – es sei denn der Bauherr verfügt selbst über diese Koordinierungskompetenz. In diesem Fall ist auch die Anfertigung eines Sicherheits- und Gesundheitsplanes (SiGe-Plan) bzw. einer „Unterlage“, eine Anweisung für die Wartung und Instandhaltung in der Nutzungsphase des Gebäudes, erforderlich.
SiGeKo und SiGe-Plan
Der SiGeKo wird dann berufen, wenn Beteiligte mehrerer Gewerke am Bau beschäftigt sind, deren Zusammenarbeit es zu koordinieren gilt. In jedem Fall übernimmt er auch die Organisation des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Schon während der Planung muss der SiGeKo Gefahrstellen erkennen und sie in der Folge dann entweder ganz beseitigen und/oder die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen in die Wege leiten. Während der gesamten Bauphase achtet er auf die Einhaltung seiner Maßnahmen und schreitet ein, wenn sie nicht ordnungsgemäß umgesetzt sind.
Für größere und technisch besonders ambitionierte Bauprojekte, die in noch höherem Maße Gefahrquellen bergen, erarbeitet der SiGeKo im Vorfeld einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan). Dieser gibt an, wie die Sicherheitsmaßnahmen auf der Baustelle im Zusammenspiel der einzelnen beteiligten Gewerke organisiert werden und wie die gemeinsame Benutzung der sicherheitstechnischen Infrastruktur auf der Baustelle genau geregelt wird.
Vorankündigung Bauvorhaben
Die Vorankündigung des Bauvorhabens ist mindestens 14 Tage vor Einrichtung der Baustelle dem zuständigen Bauordnungsamt anzuzeigen. Alle Bauvorhaben müssen über einen SiGeKo sowie einen SiGe-Plan verfügen,
- deren voraussichtliche Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und bei denen mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig sein werden,
- oder: deren Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage überschreitet,
- oder: bei denen mehrere Unternehmen oder Unternehmer ohne Angestellte in einem Bereich gleichzeitig tätig sind,
- oder: auf deren Baustellen ein besonderes Gefährdungspotential vorliegt.