1.1 Definition
Betrieblicher Strahlenschutz
Grundsätzliche Regelungen des betrieblichen Strahlenschutzes legen das Atomgesetz (AtG) sowie das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) fest.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf das StrlSchG und die StrlSchV. Definition, Stellung und Pflichten des Strahlenschutzverantwortlichen und des Strahlenschutzbeauftragten legen dort i. W. die §§ 69–75 StrlSchG und §§ 43–51 StrlSchV fest.
Wer Tätigkeiten ausübt, die nach Atomgesetz oder StrlSchG einer Genehmigung oder Anzeige bedürfen, oder radioaktive Bodenschätze aufsucht, gewinnt oder aufbereitet, ist Strahlenschutzverantwortlicher (SSV). Es kann sich dabei um eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft handeln (s. § 69 StrlSchG).
Der Strahlenschutzverantwortliche führt Aufgaben und Tätigkeiten im Strahlenschutz i. Allg. nicht selbst durch, sondern bestellt – "soweit dies für die Gewährleistung des Strahlenschutzes bei der Tätigkeit notwendig ist" – einen oder mehrere Strahlenschutzbeauftragte schriftlich und teilt dies der zuständigen Behörde mit (s. § 70 StrlSchG).
Grenzwerte
Der Grenzwert der effektiven Dosis für beruflich exponierte Personen liegt in Europa bei 20 mSv pro Kalenderjahr. Zum Schutz empfindlicher Organe sind zusätzliche Grenzwerte festgelegt (Organ-Äquivalentdosis, sog. "Organdosis") (§§ 9 und 78 StrlSchG).
Die effektive Dosis ist das "gewichtete Mittel von Organ-Äquivalentdosen" und dient zum Abschätzen der Folgen einer Strahlenbelastung (§ 5 Abs. 11 StrlSchG).
Für Kinder, Jugendliche und schwangere Frauen gelten besondere Regelungen.
Aufgaben des Strahlenschutzbeauftragten
Der Strahlenschutzbeauftragte (SSB) leitet, beaufsichtigt und führt alle Tätigkeiten und Maßnahmen durch, die für den betrieblichen Strahlenschutz erforderlich sind. Er muss nach StrlSchG bzw. StrlSchV v. a.:
- die Fachkunde nach § 74 StrlSchG und § 47 StrlSchV besitzen und diese mind. alle 5 Jahre aktualisieren,
- dafür sorgen, dass festgelegte Vorschriften und Schutzvorschriften sowie ggf. Anordnungen und Auflagen der Behörde eingehalten werden (§ 72 Abs. 2 StrlSchG), soweit dafür nicht allein der SSV zuständig ist,
- dem Strahlenschutzverantwortlichen unverzüglich alle Mängel bzgl. Strahlenschutz mitteilen (§ 71 Abs. 2 StrlSchG),
- den Betriebsrat oder Personalrat auf dessen Verlangen in Angelegenheiten des Strahlenschutzes beraten (§ 71 Abs. 3 StrlSchG).
Benachteiligungsverbot
Der Strahlenschutzbeauftragte darf weder behindert noch benachteiligt werden, wenn bzw. weil er seine Pflichten erfüllt (§ 70 Abs. 6 StrlSchG).
1.2 Verantwortung des Arbeitgebers
Gefährdungen sind zu vermeiden bzw. zu verringern, dies gilt auch im Strahlenschutz (§ 8 StrlSchG). Das Minimierungsprinzip (ALARA-Prinzip) lautet: "So niedrig wie vernünftigerweise erreichbar". Der Unternehmer muss deshalb:
- Strahlenanwendungen rechtfertigen und optimieren,
- Dosisgrenzwerte einhalten.
Wichtigste Schutzmaßnahmen sind:
- Kontamination vermeiden,
- Exposition vermeiden bzw. verringern sowie
- Dosis begrenzen.
Verschlucken und Einatmen radioaktiver Stoffe (Staub, Aerosole) müssen wirksam verhindert werden.
TOP-Grundsatz gilt auch hier
Auch im Strahlenschutz gilt der Grundsatz: Technische/bauliche vor organisatorischen vor Persönlichen Schutzmaßnahmen.
Der Unternehmer bzw. Betreiber muss als Strahlenschutzverantwortlicher (§ 72 Abs. 1 StrlSchG) v. a.:
- geeignete Räume bereitstellen,
- geeignete Ausrüstungen und Geräte bereitstellen,
- den Betriebsablauf regeln,
- ausreichend und geeignetes Personal bereitstellen und
- dafür sorgen, dass Vorschriften eingehalten werden.
Weitere Pflichten nach StrlSchG und StrlSchV sind:
- die Aufgaben, den innerbetrieblichen Entscheidungsbereich und die Befugnisse des Strahlenschutzbeauftragten schriftlich festzulegen (§ 70 Abs. 2 StrlSchG),
- einen oder mehrere Strahlenschutzbeauftragte schriftlich zu bestellen, aber nur, wenn "keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich gegen ihre Zuverlässigkeit Bedenken ergeben" und wenn sie "die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz besitzen" (§ 70 Abs. 1 und 3 StrlSchG),
- den Strahlenschutzbeauftragten über alle Verwaltungsakte und Maßnahmen, die seine Aufgaben oder Befugnisse betreffen, zu unterrichten (§ 71 Abs. 1 StrlSchG),
- eine Strahlenschutzanweisung zu erlassen – sie kann Bestandteil einer Betriebsanweisung sein (§ 73 StrlSchG und § 45 StrlSchV),
- ärztliche Überwachung nach § 79 StrlSchG und §§ 77–81 StrlSchV zu organisieren.
Der Unternehmer bzw. Betreiber bleibt verantwortlich
Auch wenn der Strahlenschutzverantwortliche einen oder mehrere Strahlenschutzbeauftragte bestellt hat, bleibt er für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich.
1.3 Kosten und Nutzen
Betrieblicher Strahlenschutz kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten. Strahlenschutzverantwortlicher und Strahlenschutzbeauftragte/r müssen deshalb mit Betriebsrat oder Personalrat, den Fachkräften für Arbeitssicherheit, dem zuständigen Arzt und den Umweltschutzbeauftragten zusammenarbeiten und sie über wichtige Angelegenheiten des Strahle...