1.1 Definition
Aus der selbstverständlichen Mitverantwortung für die eigenen Handlungen und Unterlassungen sowie aus den Forderungen des Arbeitsschutzgesetzes (insbesondere §§ 15, 16 ArbSchG) und der DGUV-V 1 "Grundsätze der Prävention" (insbesondere §§ 15 bis 18 DGUV-V 1) ergeben sich im Wesentlichen folgende Aufgaben der Mitarbeiter im Arbeits- und Gesundheitsschutz:
- sicherheits- und gesundheitsgerecht arbeiten;
- positives Vorbild für Kollegen und Dritte sein;
- schriftliche und mündliche Anweisungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz konsequent befolgen;
- zur Verfügung gestellte PSA bestimmungsgemäß verwenden;
- Sicherheitsmängel im Arbeitsbereich abstellen (z. B. Stolperstelle beseitigen) oder umgehend melden (z. B. beschädigte Anschlagmittel);
- Wirksamkeit der Sicherheitsmaßnahmen im Arbeitsbereich überwachen und Abweichungen melden (z. B. verschlossene Notausgänge oder abgelaufene Prüffristen);
- sicherheitswidriges Verhalten von Kollegen, Fremdfirmenmitarbeitern und Dritten ansprechen und/oder dem Vorgesetzten melden;
- Vorschläge zur Vermeidung von Gefährdungen, Lösung von Sicherheitsproblemen und Verbesserung der Arbeitsbedingungen unterbreiten und – wenn möglich – an der Umsetzung mitwirken;
- ggf. Fremdfirmen einweisen.
1.2 Hintergrund
Wer seine Aufgaben nur teilweise kennt, wie dies bei vielen Mitarbeitern bezüglich deren Aufgaben im Arbeits- und Gesundheitsschutz der Fall ist, wird sie auch nicht vollständig erfüllen.
Aus der gelebten Praxis schließen viele Mitarbeiter, dass sich ihre Aufgaben im Arbeits- und Gesundheitsschutz auf die "Befolgung" der Anweisungen beschränken. Dies ist jedoch nicht richtig. Der Gesetzgeber weist den Mitarbeitern im Arbeitsschutzgesetz (insbesondere §§ 15 und 16) auch Pflichten und Aufgaben zu. Die Juristen schließen darüber hinaus aus § 611 BGB "Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag", dass die Mitarbeiter im Gegenzug zu den Fürsorgepflichten des Arbeitgebers (hier: Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter) die Pflicht haben, sich und andere nicht unnötig zu gefährden und alles zu unterlassen, was dem Arbeitgeber schadet. Unfälle schädigen ein Unternehmen insbesondere durch die verursachten Kosten und den häufig damit einhergehenden Imageverlust.
Ein Unternehmen kann die für einen wirkungsvollen Arbeits- und Gesundheitsschutz erforderliche Eigenverantwortung der Beschäftigten sowie die Mitverantwortung für Kollegen und Dritte nicht voraussetzen – der Arbeitgeber muss dafür etwas tun. Schulen und unterweisen allein reicht nicht. Der Arbeitgeber muss darüber hinaus deutlich machen, dass er nicht gewillt ist, Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften hinzunehmen. Zudem müssen er bzw. die von ihm beauftragten Personen (i. d. R. Führungskräfte) sich vom sicheren Arbeiten ihrer Mitarbeiter durch stichprobenartiges Überprüfen vergewissern und auf Abweichungen/Verstöße umgehend reagieren.
1.3 Unfall- und Berufskrankheitsgeschehen
Wer die eigene Gesundheit und die der Anderen nicht beeinträchtigen will, muss sich klarmachen: Unfälle passieren nicht, sie werden verursacht. Die überwiegende Mehrheit der Beinaheunfälle und Unfälle werden primär durch verhaltensbedingte Faktoren (mangelhaftes Wissen, Können und Wollen von Mitarbeitern) verursacht. Experten schätzen den Anteil auf etwa 80 %. Damit wird deutlich, dass eine unzureichende Aufgabenwahrnehmung, ein ungenügendes Aufgabenverständnis sowie eine fehlerhafte Aufgabenwahrnehmung ein gravierendes Risiko für die Gesundheit der Beschäftigten und Dritter sowie für die Sicherheit der Betriebsmittel, der Prozesse und der Qualität darstellt. Ein typisches Beispiel zeigt dies:
Monteur stürzte neun Meter aus Hubarbeitsbühne
Arbeitsauftrag: Ein Stadtwerk beauftragte eine Elektroinstallationsfirma, auf einer Fußgängerbrücke die Lampen von zwei Beleuchtungsmasten auszuwechseln. Die Arbeiten wurden mit Hilfe einer Hubarbeitsbühne ausgeführt, da wegen der Windströmung auf der Brücke keine Anlegeleiter eingesetzt werden sollte.
Unfallhergang: Der beauftragte Elektromonteur wollte am Unfalltag die Hubarbeitsbühne aufbauen. Dabei stellte sich heraus, dass die Fußgängerbrücke für eine vollständige Abstützung nicht breit genug war. Trotzdem setzte er die Arbeiten fort und stützte die Arbeitsbühne nur auf einer Seite mit zwei Abstützungen ab. Die Abstützungen auf der gegenüberliegenden Seite konnten nur teilweise ausgefahren und daher die Spindeln nicht ordnungsgemäß heruntergedreht werden.
Nachdem eine der defekten Lampen demontiert war, wollte der Elektromonteur eine neue vom Boden aufnehmen. Dazu senkte er den Arbeitskorb der Bühne ab. Als er dann den Ausleger auch in horizontaler Richtung schwenkte, kippte plötzlich die Bühne. Der Arbeitskorb verfing sich in der unter der Fußgängerbrücke befindlichen Fahrleitung. Der Elektromonteur stürzte aus etwa neun Metern Höhe auf das darunterliegende Gleis. Glücklicherweise barg ihn ein Passant von der stark befahrenen Eisenbahnstrecke und leistete Erste Hilfe.
Unfallursachen: Der Elektromonteur unterließ die Beachtung folgender wichtiger Grundsätze für das Aufstellen von...