Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
1) Kann ich mich nicht darauf verlassen, dass mir der Hersteller eine sichere Maschine liefert?
Grundsätzlich schon. Der Hersteller ist über das ProdSG in der Produkthaftung. Erleidet eine Person durch eine fehlerhaft konstruierte Maschine einen Körperschaden (fahrlässige Körperverletzung, fahrlässige Tötung §§ 222, 229 StGB), kann der Hersteller strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Allerdings werden immer wieder Maschinen und Arbeitsmittel auf dem Markt angeboten, die grundlegende Vorschriften und Normen nicht einhalten, obwohl sie vom Hersteller mit einem CE-Zeichen versehen wurden.
2) Bin ich damit als Betreiber von der Verantwortung befreit?
Nein, nicht wenn Sie beim Betrieb einen Mangel an der Maschine festgestellt haben (z. B. durch einen Beinaheunfall). Der Arbeitgeber muss nach der Betriebssicherheitsverordnung alle erforderlichen Maßnahmen treffen, damit den Beschäftigten nur Arbeitsmittel bereitgestellt werden, die für die am Arbeitsplatz gegebenen Bedingungen geeignet sind und bei deren bestimmungsgemäßer Benutzung Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet sind. Ist es nicht möglich, demgemäß Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten in vollem Umfang zu gewährleisten, muss der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen ergreifen, um eine Gefährdung so gering wie möglich zu halten.
3) Reicht es nicht, wenn ich die Mitarbeiter belehre und mir das unterschreiben lasse?
Nein! Neben einer Unterweisung der Mitarbeiter (das sollte übrigens keine "Belehrung" sein) und dem Aussprechen von Verboten ist auch die Kontrolle durch den Vorgesetzten gefordert, ob Arbeitsmittel bestimmungsgemäß benutzt werden.
Werden Manipulationen von Schutzeinrichtungen festgestellt, besteht sofortiger Handlungsbedarf. Anderenfalls können Sie als Führungskraft aufgrund Ihrer Fürsorgepflicht wegen Unterlassung der notwendigen Schutzmaßnahmen in die Haftung geraten. Besonders kritisch wird es, wenn die Umgehung von Schutzmaßnahmen in die tägliche Routine Einzug gehalten hat und diese Praktiken von der Erfahrungsträgern auch noch an Betriebsneulinge beim Anlernen weitergegeben werden.
4) Kann ich die Verkleidungen meiner Maschinen mit Schnellverschlüssen ausrüsten, um so Instandhaltungsarbeiten zu vereinfachen?
Nein, ein Austausch der Maschinenschrauben des Herstellers gegen Schnellverschlüsse ist nicht zulässig. Abnehmbare Teile von trennenden Schutzeinrichtungen (z. B. Verkleidungen) dürfen nur mithilfe eines Werkzeugs entfernbar sein. Damit soll ein Umgehen auf einfache Weise unterbunden werden. Soweit durchführbar, müssen Befestigungsmittel für trennende Schutzeinrichtungen an der trennenden Schutzeinrichtung befestigt bleiben, um die Wahrscheinlichkeit eines Verlusts und unterlassener Wiederanbringung zu verringern.
5) Welche technischen Maßnahmen gibt es, um Manipulationen von Schutzeinrichtungen an Maschinen zu verhindern?
Solche Maßnahmen (einzeln oder in Kombination) können z. B. sein:
- Einsatz von Scannern, Lichtschranken oder Lichtvorhängen für den offen überwachten Zugang zu Gefahrenbereichen;
- Einsatz von sicheren Steuerungen, z. B. zum Ausführen von besonderen Funktionen wie Prozessbeobachtung von Werkzeugmaschinen und Robotern;
- Einsatz von sicheren Bussystemen und programmierbaren Sicherheitsschaltsystemen bei größeren Applikationen wie integrierten Fertigungssystemen durch Vielfalt von Steuerungskombinationen (Änderungen von Schutzkreisen in unterschiedlichen Betriebsmodi);
- intelligenter Einsatz und Anbringung von Türsicherheitsschaltern. Hinweis: Die Kodierung, sowie die verdeckte und unlösbare Anbringung von Sicherheitsschaltern ersetzt jedoch nicht ein akzeptables Bedien- und Sicherheitskonzept;
- Einsatz besonderer Betriebsarten (z. B. "Betriebsart 3 ohne Zustimmungseinrichtung" für besondere Prozessbeobachtung), die alle gewünschten Funktionalitäten der Maschine erfüllen;
- Einsatz von Simulationsprogrammen, die z. B. den Fertigungsablauf unter Berücksichtigung der Werkstückgeometrien und -toleranzen berechnen und optimieren;
- Einsatz eines modernen Prüfmanagements. Innerhalb von Bussystemen lassen sich so z. B. die Betätigung und das einwandfreie Wirken von Not-Befehlseinrichtungen abfragen, prüfen und dokumentieren;
- Beachtung ergonomischer Grundlagen bei der Planung und Konstruktion für eine bedienerfreundliche Gestaltung der Maschine.