Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) beschreibt einen strukturierten Prozess, der dazu dient, nach längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten zu prüfen, ob und wie die Bedingungen am Arbeitsplatz eines Beschäftigten anzupassen sind, um das Risiko zu vermindern, dass es zu erneuten Ausfällen kommt. BEM greift für alle Beschäftigten, nicht nur für solche mit anerkannter Behinderung. Am BEM sind neben dem Arbeitgeber und Betroffenen auch Betriebs-/Personalrat und Schwerbehindertenvertreter sowie auf Wunsch eine Vertrauensperson des Betroffenen beteiligt. Andere Fachleute werden bei Bedarf hinzugezogen. BEM wirkt sich durch die Vermeidung von arbeitsbedingten Gesundheitsbelastungen positiv für Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus und sollte daher von beiden Seiten gefördert werden.
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist in § 167 Abs. 2 SGB IX geregelt. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, allen Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig sind, ein BEM anzubieten. Für Arbeitnehmer ist die Teilnahme freiwillig. Dem BEM liegt ein präventiver Ansatz zugrunde, der sich deshalb ausdrücklich nicht nur auf Menschen mit anerkannter Behinderung bezieht. BEM greift in allen Betrieben und ist nicht davon abhängig, ob eine Schwerbehindertenvertretung besteht oder überhaupt Schwerbehinderte beschäftigt werden.
1 Ziele
Ziel des BEM ist, für einen arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer nach seiner Rückkehr in den Betrieb die Arbeitsbedingungen soweit anzupassen, dass die Arbeitsfähigkeit in Zukunft möglichst weitgehend erhalten bleibt und weitere Ausfälle bzw. eine Verschlechterung seines Zustands vermieden werden.
Daher ist es konsequent, dass sich die Regelung im Gegensatz zu den meisten anderen Bestimmungen des SGB nicht nur auf Beschäftigte mit einer anerkannten Behinderung bezieht, sondern auf alle Arbeitnehmer mit entsprechenden Ausfallzeiten. Unter Umständen kann gerade ein BEM dazu beitragen, dass eine drohende Schwerbehinderung vermieden wird.
Damit dient BEM ganz klar dem Nutzen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber und ist nicht Instrument einer bestimmten Interessenvertretung.
Stufenweise Wiedereingliederung
Von einem BEM abzugrenzen ist die stufenweise Wiedereingliederung nach § 44 SGB IX. Unter stufenweiser Wiedereingliederung werden Modelle verstanden, bei denen Beschäftigte, die sich nach Erkrankung oder Verletzung in der Genesungsphase befinden, nach Absprache mit dem behandelnden Arzt i. d. R. stundenweise an den Arbeitsplatz zurückkehren und so allmählich (z. B. in wochenweisen Steigerungen) wieder an die Arbeitsbelastungen herangeführt werden. Die Wiedereingliederung fällt dabei noch in die Phase der Arbeitsunfähigkeit. Da es sich meist um Fälle mit längeren AU-Zeiten handelt, ist die stufenweise Wiedereingliederung die wohl häufigste Maßnahme im Rahmen des BEM. Zu beachten ist, dass ein BEM aber auf keinen Fall automatisch eine stufenweise Wiedereingliederung beinhaltet.
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2 Aufgaben und Verfahrensbeteiligte
2.1 Arbeitgeber
Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung dafür, dass das BEM-Verfahren entsprechend den gesetzlichen Vorgaben ordnungsgemäß abläuft. Das beinhaltet u. a.:
- Prüfung der AU-Tage, um festzustellen, wann das 6-Wochen-Kriterium gegeben ist;
- Start des BEM-Verfahrens durch Kontaktaufnahme mit dem betroffenen Arbeitnehmer;
- Endverantwortung dafür, dass ein BEM-Fall entsprechend der betriebsspezifisch vorgesehenen Organisationsstruktur abläuft (vgl. Abb. 1).
Die fachliche Arbeit kann der Arbeitgeber einem BEM-Beauftragten oder einem Team übergeben.
Wann wird ein BEM-Verfahren fällig?
Die 6-Wochen-Frist, nach der ein BEM-Verfahren anzubieten ist, wird wie folgt berechnet:
- Bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit ist die "Auslöseschwelle" nach 42 Tagen erreicht.
- Bei mehreren Erkrankungen geht man, je nach Arbeitsvertrag, von 30 (bei einer 5-Tage-Woche) oder 36 (bei einer 6-Tage-Woche) AU-Tagen aus. Dabei zählen auch AU-Tage mit, für die keine AU-Bescheinigung vorliegt.
- Das Kalenderjahr spielt keine Rolle. Ausgegangen wird von den AU-Zeiten der letzten 12 Monate.
- Es werden zunächst alle krankheitsbedingten AU-Tage berücksichtigt, unabhängig davon, ob sie auf eine oder mehrere Krankheiten zurückzuführen sind oder ob es sich um Kuren, Reha-Maßnahmen usw. handelte.
BEM gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer, auch für Teilzeitbeschäftigte und Aushilfen (soweit die Dauer des Arbeitsverhältnisses es zulässt).
2.2 Beschäftigte
Ein BEM-Verfahren kann nur stattfinden, wenn der Betroffene einwilligt. Diese Einwilligung wird zu Beginn durch den Arbeitgeber abgefragt. Sie kann jederzeit im Verlauf des Verfahrens widerrufen und das Verfahren damit beendet werden.
Entscheidet sich der Betroffene für das BEM-Verfahren, ist er aber zur Mitwirkung verpflichtet. Schließlich kann der Arbeitgeber nur dann sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und damit zugunsten des Beschäftigten entwickeln, wenn dieser die entsprechenden Auskünfte erteilt. Dabei g...