Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Fach- und Führungskräfte sind vom Unternehmer eingesetzt und ihm in der betrieblichen Hierarchie unterstellt. Der Vorgesetzte nimmt Aufgaben wahr, die ihm der Unternehmer aus seinem Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich zugewiesen hat. Er ist für einen bestimmten Teilbereich im Unternehmen zuständig und hat Weisungsbefugnis. Für die Sicherheit der unterstellten Mitarbeiter ist er verantwortlich. Weisungsbefugnis und Verantwortung des Vorgesetzten richten sich nach dem vom Unternehmer zugewiesenen Aufgaben- und Kompetenzbereich (Delegationsprinzip).
Aufgrund des Arbeitsvertrags nach § 611 BGB übernimmt jede Fach- und Führungskraft im Rahmen des zugewiesenen Aufgaben- und Kompetenzbereichs sog. "originäre", automatische Rechtspflichten für die Arbeitssicherheit.
Diese Begründung der Führungspflichten bedarf keiner gesonderten Vereinbarung, sondern ist eine allgemeine Rechtspflicht.
Die Aufgaben- und Kompetenzbereiche werden u. a. abgegrenzt durch
- den Arbeitsvertrag (§ 611 BGB),
- die Stellenbeschreibung,
- das Organisationsschema sowie
- die Projektbeschreibung.
Die arbeitsvertraglich begründeten Fürsorgepflichten werden durch die staatliche Arbeitsschutzgesetzgebung (z. B. ArbSchG) und die Verhaltensregeln für sicheres Arbeiten in den Unfallverhütungsvorschriften näher spezifiziert.
1 Wann ist jemand ein Vorgesetzter?
Fach- und Führungskräfte sind vom Unternehmer eingesetzt und ihm in der betrieblichen Hierarchie unterstellt. Der Vorgesetzte nimmt Aufgaben wahr, die ihm der Unternehmer aus seinem Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich zugewiesen hat. Er ist für einen bestimmten Teilbereich im Unternehmen zuständig und hat Weisungsbefugnis. Für die Sicherheit der unterstellten Mitarbeiter ist er verantwortlich. Weisungsbefugnis und Verantwortung des Vorgesetzten richten sich nach dem vom Unternehmer zugewiesenen Aufgaben- und Kompetenzbereich (Delegationsprinzip).
Maßgebend für die Eigenschaft als Vorgesetzter ist die hierarchische Stellung im Unternehmen. Wer mind. einem Betriebsangehörigen überstellt ist und diesem gegenüber Weisungsbefugnis hat ist Vorgesetzter. Auch die zeitweilige Überstellung (z. B. für eine zeitlich begrenzte Aufgabe) begründet bereits die (vorübergehende) Eigenschaft als Vorgesetzter mit allen Konsequenzen.
Die Fach- und Führungskräfte müssen daher im Rahmen der ihnen zugewiesenen Kompetenzen Maßnahmen für die Sicherheit und Gesundheit der ihnen unterstellten Beschäftigten ergreifen.
Die Führungsverantwortung für die Arbeitssicherheit ergibt sich sowohl aus dem Privatrecht als auch aus dem öffentlichen Recht.
2 Pflichten im Arbeitsschutz
Die oben beschriebenen allgemeinen Pflichten lösen im Bereich Arbeitsschutz typischerweise folgende Verantwortungen für Führungskräfte aus (beispielhaft):
- ständige bzw. regelmäßige Kontrolle des ordnungsgemäßen Zustands der Arbeitsplätze, von Arbeitsmitteln, Maschinen und Einrichtungen;
- Überwachung der Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen durch die Beschäftigten, z. B. das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung;
Unterweisung der Beschäftigten in allen relevanten Bereichen des Arbeitsschutzes:
- vor Aufnahme einer Arbeit,
- bei neuen Arbeitsaufgaben oder Veränderungen im Arbeitsablauf, nach die Sicherheit gefährdenden Vorfällen,
- regelmäßig mind. jährlich.
Die Pflicht zur Unterweisung folgt insbesondere aus § 12 ArbSchG und § 4 DGUV-V 1. Daneben sind in zahlreichen gesetzlichen und berufsgenossenschaftlichen Regelungen spezielle Unterweisungspflichten statuiert, z. B. § 14 GefStoffV. Die durchgeführten Unterweisungen sollten aus Rechtsgründen mit Datum, Themen der Unterweisung und Unterschrift der Unterwiesenen schriftlich dokumentiert werden.
Auch wenn sich diese Pflichten ohne ausdrücklichen Auftrag aus den allgemeinen Vorgesetztenpflichten ableiten lassen, empfiehlt es sich dringend, in Betrieben mit mehreren Hirarchieebenen Pfichten im Arbeitsschutz schriftlich auf die Vorgesetzten der einzelnen Ebenen zu übertragen (§ 13 Arbeitsschutzgesetz). Auf diese Weise können Zuständigkeiten und Verantwortungen verbindlich geklärt werden. Das bedeutet mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten und fördert gleichzeitig das Engagement für Arbeitsschutzbelange auf allen Ebenen und damit den Sicherheitstandard eines Betriebs insgesamt (vgl. Pflichtenübertragung).
3 Vorbildfunktion von Vorgesetzten
Der tatsächlich gelebte Arbeitsschutzstandard in einem Betrieb oder einer Abteilung steht und fällt mit dem Verhalten des Vorgesetzten. Dabei kommt es nicht nur darauf an, wie der Vorgesetzte seine Aufgaben und Pflichten organisatorisch und mit Worten wahrnimmt. Viel wichtiger ist, wie er die Sicherheitsinteressen im betrieblichen Alltag umsetzt oder eben auch nicht. Daher ist es wesentlich, dass Arbeitsschutzbelange bei der Beurteilung von Führungsverhalten mit berücksichtigt werden. Ohne umfassende Akzeptanz auf allen verantwortlichen Hierarchieebenen ist kein akzeptabler Arbeitsschutzstandard erreichbar.
Die Funktion des Sicherheitsbeauftragten, der von der Definition her "einer unter Gleichen" sein soll, verträgt sich grundsä...