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Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Sie werden vom
Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)
unter Beteiligung des Ausschusses für Arbeitsmedizin (AfAMed) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben.
Diese TRGS konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der Gefahrstoffverordnung. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.
1 Anwendungsbereich
(1) Diese TRGS beschreibt Grundlagen für die Gefährdungsbeurteilung und die daraus abgeleiteten Schutzmaßnahmen für Beschäftigte an Arbeitsplätzen, an denen Isocyanate auftreten. Sie stellt auch ein abgestuftes Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Exposition vor. Sie ist bei allen Tätigkeiten mit Isocyanaten anzuwenden. Dazu gehören zum Beispiel die Herstellung von Polyurethanen (PU, PUR), die Anwendungen isocyanathaltiger Klebstoffe, Lacke und Beschichtungen sowie die Freisetzung von Isocyanaten durch Pyrolyse.
(2) Da es derzeit nur für monomere Isocyanate Arbeitsplatzgrenzwerte gibt [1], aber bei Anwendungen auch polymere Isocyanate in der Atemluft vorliegen können, werden in dieser TRGS Verfahren zur Bewertung einer möglichen Gefährdung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten durch die gesamte Isocyanatexposition beschrieben.
(3) Neben der in dieser TRGS beschriebenen Isocyanatexposition muss der Arbeitgeber Gefährdungen und mögliche Wechselwirkungen durch weitere Gefahrstoffe wie z. B. Polyole, Katalysatoren, Treib- und Lösemittel und andere Gefährdungen am jeweiligen Arbeitsplatz und die Verarbeitungsbedingungen berücksichtigen [2, 3].
2 Begriffsbestimmungen
(1) Isocyanate sind hochreaktive organische Verbindungen mit unterschiedlicher Grundstruktur, die als gemeinsames Merkmal die Isocyanat-Gruppe (-N=C=O) aufweisen. Unterschieden wird zwischen aromatischen Isocyanaten (z. B. TDI, MDI, NDI) und (cyclo)aliphatischen Isocyanaten (z. B. IPDI, H12MDI oder HDI). Isocyanate sind Reaktionspartner für Alkohole, Wasser, Amine oder für Polyole bei der Herstellung der technisch vielfältig genutzten Polyurethan-Kunststoffe (PUR, PU).
(2) Di- oder Tri-Isocyanate tragen zwei bzw. drei NCO-Gruppen im Molekül und können so Polymer-Ketten oder vernetzte Moleküle bilden. Die Bezeichnung "Mono"-, "Di"- oder "Tri"- Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanatgruppen in einem Molekül, d. h. ein Diisocyanat im Sinne dieser TRGS ist ein Isocyanat mit zwei NCO-Gruppen im Molekül.
(3) Monoisocyanate besitzen nur eine NCO-Gruppe und werden meist zur chemischen Synthese verwendet wie z. B. Methylisocyanat. Sie werden bei der Herstellung von Polyurethan-Produkten nicht eingesetzt, können aber als Verunreinigung enthalten sein. Sie können bei der thermischen Zersetzung von Kunststoffen, insbesondere Polyurethanen, entstehen und somit unter Arbeitsschutzaspekten von Bedeutung sein.
(4) Polymere Isocyanate (Polyisocyanat) ist der Oberbegriff für alle Polyadditionsprodukte mit freien NCO-Gruppen, die mehr als ein Isocyanat-Molekülfragment enthalten, d. h. auch für Prepolymere oder Oligomere.
(5) Prepolymere sind durch Additionsreaktionen gezielt erzeugte vorpolymerisierte Zwischenprodukte aus Isocyanaten und Polyolen. Sie tragen noch reaktive, endständige NCO-Gruppen und können unterschiedliche Anteile an monomeren Diisocyanaten enthalten.
(6) Dimere, trimere oder oligomere Isocyanate (z. B. Isocyanurate) werden durch Modifizierungsreaktionen aus monomeren Diisocyanaten hergestellt. Die Bezeichnung "monomeres", "dimeres", "trimeres" Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanat-Molekülfragmente aus denen es gebildet wird. z. B. besteht ein dimeres Isocyanat aus zwei Isocyanat-Molekülfragmenten von monomeren Diisocyanaten, oligomere Isocyanate aus mehreren weiteren Isocyanat-Molekülfragmenten.
(7) Verkappte bzw. blockierte Isocyanate enthalten in der Lieferform keine freien NCO-Gruppen. Reaktive NCO-Gruppen entstehen erst bei der Verarbeitung nach Abspaltung des Verkappungs- bzw. Blockierungsmittels z. B. durch Erwärmen.
(8) Tätigkeiten mit Isocyanaten umfassen die Verwendung von Isocyanaten als Stoffe oder in Gemischen. Beispiele sind die Herstellung von PUR-Schaumstoffen oder die Verwendung von PUR-Klebstoffen oder -Lacken. Zudem gibt es Tätigkeiten, bei denen eine unbeabsichtigte Freisetzung von Isocyanaten stattfinden kann, z. B. bei der thermischen Zersetzung von Kunststoffen, bei der Lagerung oder der mechanischen Bearbeitung nicht vollständig ausreagierter PUR-Produkte.
(9) Unter Isocyanat-Aerosolen versteht man fein verteilte isocyanat...