Arbeitszeitrechtliche Aspekte bei Jugendlichen
Im Bereich des Arbeitszeitrechts erschienen dem Gesetzgeber die jugendbezogenen Anpassungsbedingungen so speziell und zahlreich, dass dieser für die Beschäftigung von Personen unter 18 Jahren das ArbZG nicht für anwendbar erklärt (vgl. § 18 Abs. 3 JArbSchG). Stattdessen greift hier vollumfänglich das JArbSchG (§§ 8-21b JArbSchG). Nachfolgend werden die wichtigsten Regelungen dargestellt.
Tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit
Zeitliche Überbeanspruchungen sind aus arbeitsschutzbezogenen Aspekten allgemein zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für besonders zu schützende Personengruppen. Wie § 3 ArbZG enthält auch das JArbSchG eine Regelung über die täglich zulässige Höchstarbeitsfrist. Jugendliche dürfen nicht mehr als acht Stunden täglich beschäftigt werden (§ 8 Abs. 1 JArbSchG).
Als tägliche Arbeitszeit gilt hier die Zeit vom Beginn bis zum Ende der täglichen Beschäftigung ohne die Ruhepausen (vgl. § 4 Abs. 1 JArbSchG). Mit Ausnahme vom Bergbau (hier ist die Schichtzeit die Arbeitszeit; vgl. § 4 Abs. 3 JArbSchG) sind die Ruhepausen folglich nicht auf die Arbeitszeit anzurechnen. Auch im Jugendschutz gilt die allgemeine arbeitszeitrechtliche Regelung, dass Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern zusammengerechnet werden (§ 4 Abs. 5 ArbZG).
Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst
Zeiten der Arbeitsbereitschaft und des Bereitschaftsdienstes sind als vollwertige Arbeitszeit i. S. v. § 8 JArbSchG anzusehen. Bei der Arbeitsbereitschaft handelt es sich um „die Zeit wacher Achtsamkeit im Zustande der Entspannung“ (vgl. BAG Urt. v. 9.3.2005 – 5 AZR 385/02). Sie ist folglich dadurch gekennzeichnet, dass der Jugendliche in dieser Zeit zwar nicht arbeitet, aber am Arbeitsplatz anwesend und weiterhin zur sofortigen Arbeitsaufnahme fähig und bereit ist.
Bereitschaftsdienst liegt dagegen vor, wenn sich der Jugendliche (ohne dass von ihm wache Aufmerksamkeit gefordert wird) für Zwecke des Betriebs an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufzuhalten hat, damit er erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit unverzüglich aufnehmen kann (ErfK/Roloff ArbZG § 2 Rn. 18). Der wesentliche Unterschied zur Arbeitsbereitschaft besteht in dem Umstand, dass sich der Jugendliche hier nicht am Arbeitsort selbst aufhalten muss, sondern an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (z. B. in einem Ruheraum). Im Ergebnis handelt es sich dabei nicht um eine Arbeitsleistung, sondern vielmehr um eine Aufenthaltsbeschränkung.
Diese ist jedoch europarechtlichen Vorgaben entsprechend als volle Arbeitszeit nach § 8 JArbSchG zu werten. Nach Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG ist „Arbeitszeit“ jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gem. den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Die „Zurverfügungstellung“ in Form des Bereitschaftsdienstes ist somit ausreichend. Dies bewog den Europäischen Gerichtshof dazu, die Bereitschaftszeit als Arbeitszeit im Sinne der RL 2003/88/EG als Arbeitszeit zu werten (vgl. EuGH Urt. v. 03.10.2000 – C 303/98).
Die Rufbereitschaft ist allerdings nicht als Arbeitszeit nach § 8 Abs. 1 JArbSchG einzuordnen. Als Rufbereitschaft gilt der Zeitraum, in dem der Jugendliche außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit auf Weisung des Arbeitgebers erreichbar sein muss. Vom Bereitschaftsdienst unterscheidet sich die Rufbereitschaft insofern, als dass sich der Jugendliche für die Zeit, in der sie angeordnet ist, nicht an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten muss, sondern vielmehr seinen Aufenthaltsort selbst bestimmen kann (vgl. BAG Urt. v. 31.01.2002 – 6 AZR 214/00). Sofern der Jugendliche allerdings im Rahmen der Rufbereitschaft „alarmiert“ wird und die Arbeit aufnimmt, ist dies dann selbstverständlich Arbeitszeit i. S. v. § 8 JArbSchG.
Ausnahmen von den Höchstarbeitszeitregelungen
In bestimmten benannten Ausnahmefällen kann bei Jugendlichen allerdings die Höchstarbeitszeit von täglich acht Stunden überschritten werden. Sofern nämlich an einzelnen Werktagen weniger als acht Stunden gearbeitet wird, können die Jugendlichen an den übrigen Werktagen 8,5 Stunden beschäftigt werden (§ 8 Abs. 2a JArbSchG). Hiermit wird ermöglicht, dass die teilweise übliche Praxis, an bestimmten Tagen (z. B. freitags) kürzer zu arbeiten, auch für Jugendliche gilt, ohne dass zu viel der Ausbildungszeit verloren geht (vgl. BT-Drs. 10/340, S. 4). Dadurch werden Jugendlichen Gleitzeitregelungen ermöglicht.
Eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist auch durch die „Brückentagsregelung“ möglich. Wird in Verbindung mit Feiertagen an Werktagen nicht gearbeitet (z. B. wenn am Donnerstag Feiertag ist und der Betrieb dann am Freitag geschlossen bleibt, um den Beschäftigten einen längeren Zeitraum der Freizeit zu ermöglichen), so darf unter bestimmten Voraussetzungen die ausgefallene Arbeitszeit hereingearbeitet werden (§ 8 Abs. 2 JArbSchG). Dies ist allerdings nur ein einem Ausgleichseitraum innerhalb von fünf Wochen möglich, wobei es unerheblich ist, ob die Arbeitszeit vor- oder nachgearbeitet wird. Der Fünf-Wochenzeitraum muss die Ausfalltage aber einschließen. Innerhalb dieser fünf Wochen ist ferner das Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeitsverbot zu beachten, ebenso die Fünf-Tage-Woche. Die tägliche Höchstarbeitszeit ist auch hier auf 8,5 Stunden begrenzt (§ 8 Abs. 2 S. 2 JArbSchG).
Weiterhin ist für Jugendliche (ungeachtet der acht Stunden arbeitstäglich) die wöchentliche Arbeitszeit begrenzt auf 40 Stunden (§ 8 Abs. 1 JArbSchG). Als „Arbeitswoche“ in diesem Sinne ist der Zeitraum von Montag bis einschließlich Sonntag anzusehen (§ 4 Abs. 4 S. 1 JArbSchG). In Anbetracht des Umstandes, dass Jugendliche grundsätzlich nur an fünf Tagen in der Woche beschäftigt werden dürfen (vgl. § 15 S. 1 JArbSchG) ist allerdings diese Voraussetzung bei Einhaltung der täglich möglichen acht Arbeitsstunden regelmäßig gewährleistet.
Weiterhin ist zu beachten, dass die Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, auf die Arbeitswoche mit angerechnet wird (§ 4 Abs. 4 S. 2 JArbSchG). Berufschultage sind, ebenso wie die eigentliche Unterrichtszeit, auf die Arbeitszeit des Jugendlichen mit anzurechnen (vgl. § 9 Abs. 2 JArbSchG).
Die Höchstarbeitszeiten nach § 8 JArbSchG definieren dagegen nicht, „wann“ die Arbeitszeit zu erbringen ist. Einschränkungen ergeben sich hier allerdings aus weiteren Regelungen (z. B. Verbot der Nachtarbeit nach § 14 JArbSchG) oder aus dem grundsätzlichen Verbot der Samstags- und Sonntagsarbeit (§§ 16, 17 JArbSchG).
Schichtzeit
Ein weiterer wesentlicher Aspekt zur Vermeidung von arbeitszeitlicher Überbeanspruchung ist die Frage, was genau als „Arbeitstag“ zu definieren ist. Zwar muss den Jugendlichen nach der täglichen Arbeit gem. § 5 JArbSchG eine Ruhezeit gewährt werden, allerdings stellt sich auch hier die Frage, was die „tägliche Arbeit“ ist.
Diesbezüglich hat das JArbSchG eine „Schichtzeit“ definiert. Als solche gilt die tägliche Arbeitszeit unter Hinzurechnung der Ruhepausen (§ 4 Abs. 2 JArbSchG). Die Schichtzeit darf für Jugendliche nicht mehr als zehn Stunden betragen (§ 12 JArbSchG). Im Gegensatz zur reinen Arbeitszeit nach § 8 JArbSchG kann die Schichtzeit somit nicht unterbrochen werden. Auch mehrstündige Pausen führen folglich nicht zu einer Unterbrechung der Schichtzeit. Hat der Jugendliche somit im Ergebnis zu einer bestimmten Zeit das Arbeiten angefangen, so bewirkt § 12 JArbSchG, dass nach zehn Stunden keine Weiterbeschäftigung erfolgen darf. Wie der Arbeitgeber eventuelle Arbeitsunterbrechungen bezeichnet, ist dagegen unerheblich (BayOblG v. 28.01.1982 ObOWi 213/81).
In bestimmten Bereichen ist die Schichtzeit modifiziert. So beträgt sie:
- im Bergbau unter Tage: 8 Stunden
- im Gaststättengewerbe: 11 Stunden
- in der Landwirtschaft: 11 Stunden
- in der Tierhaltung: 11 Stunden
- auf Bau- und Montagestellen: 11 Stunden.
In der Binnenschifffahrt kann die Schichtzeit dagegen auf 14 Stunden ausgedehnt werden, wenn die Arbeitszeit sechs Stunden täglich nicht überschreitet und der Jugendliche über 16 Jahre alt ist (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 JArbSchG). Weiterhin kann von den Schichtzeitregelungen dann abgewichen werden, wenn der Jugendliche mit vorübergehenden und unaufschiebbaren Arbeiten in Notfällen beschäftigt wird (§ 21 Abs. 1 JArbSchG).
Fazit
Bei der Beschäftigung von Jugendlichen muss die Arbeitszeit besonders berücksichtigt werden. Zwar lassen die Regelungen in einem engeren Rahmen flexible Arbeitszeitregeln zu, dennoch unterscheiden sie sich von Regelungen des Arbeitszeitgesetzes, das dann angewendet wird, wenn die Beschäftigten das 18. Lebensjahr vollendet haben. Während das Ordnungswidrigkeitenrecht oft nur eine untergeordnete Rolle im Arbeitsschutz spielt, existieren bei Verstößen gegen das JArbSchG Bußgeldkataloge, die sich auch explizit mit Fragen der zulässigen Arbeitszeit befassen.
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