Dr. Klaus-Hermann Dyck, Prof. Dr. Sven Hayn
Rn. 285
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Das Ausschüttungspotenzial umfasst die Gewinne, die unter Berücksichtigung der Ausschüttungssperren höchstens ausgekehrt werden dürfen. Die Ausschüttungsobergrenze einer Periode bestimmt sich daher nach dem Überschuss der verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zzgl. eines Gewinnvortrags und abzgl. eines Verlustvortrags (analoges Vorgehen für Jahresüberschüsse respektive -fehlbeträge) über diejenigen angesetzten Beträge, für die eine Ausschüttungssperre verhängt wird, unter Berücksichtigung passiver latenter Steuern, die aufgrund der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller VG des AV bzw. der Neubewertung der VG eines Deckungsvermögens über ihre AHK hinaus gebildet wurden (vgl. zur Berücksichtigung latenter Steuern ausführlich HdR-E, HGB § 268, Rn. 271ff.).
Rn. 286
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Der Begriff der "frei verfügbaren Rücklagen" bringt zum Ausdruck, dass eine Beschränkung auf "Gewinnrücklagen" zu eng ist. Der bereits vor BilMoG in praxi nahezu einhelligen Auffassung folgend, sind nunmehr grds. auch sämtliche frei verfügbaren Kap.-Rücklagen zu berücksichtigen (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 64; überdies Kropff, in: FS Hüffer (2010), S. 539 (542ff.); Marx/Dallmann, Stbg 2010, S. 453 (461)). Frei verfügbar sind Rücklagen dann, wenn sie weder gesetzlich noch gesellschaftsvertraglich verwendungs- bzw. ausschüttungsbeschränkt sind. Dazu zählen bei AG, KGaA und SE insbesondere die satzungsmäßigen und die anderen Gewinnrücklagen (vgl. § 266 Abs. 3 A. III. 3., 4.) sowie die Kap.-Rücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4, die ihrerseits allesamt nicht den Verwendungsbeschränkungen des § 150 Abs. 3f. AktG unterliegen. Bei der GmbH sind i. d. R. die Gewinnrücklagen frei verfügbar. Prinzipiell gilt dies ebenso für die Kap.-Rücklagen, indes nicht für solche, die aus einer vereinfachten Kap.-Herabsetzung oder "[e]ingeforderte[n] Nachschüsse[n]" i. S. d. § 42 Abs. 2 Satz 2f. GmbHG resultieren (vgl. Schildbach et al. (2019), S. 226). Darüber hinaus ist bei einer GmbH die gesellschaftsrechtliche Ausschüttungssperre zu berücksichtigen (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 304f.).
Rn. 287
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Das Ausschüttungspotenzial ermittelt sich wie folgt:
|
(a) Jahresüberschuss/-fehlbetrag der Periode |
+ |
(b) frei verfügbare Rücklagen |
+ |
(c) Gewinnvortrag |
./. |
(d) Verlustvortrag |
./. |
Ausschüttungssperre nach § 268 Abs. 8 (unter Berücksichtigung latenter Steuern) |
= |
max. zulässige Ausschüttung der Periode |
Konkret bedeutet dies, dass die Wertsumme der EK-Bestandteile (a) bis (d) nach einer Ausschüttung mindestens der Summe der gemäß § 268 Abs. 8 ermittelten Sperrbeträge entsprechen muss. Umgekehrt formuliert: Die max. Ausschüttungshöhe darf die Summe aus (a) bis (d) abzgl. der Ausschüttungssperrbeträge nicht übertreffen. Wird dabei ein Betrag kleiner oder gleich Null ermittelt, müssen Ausschüttungen gemäß § 268 Abs. 8 unterbleiben. Ausgewiesene Gewinne sind dann zu thesaurieren.