Prof. Dr. Christoph Hütten, Dr. Julia Zicke
a) Einführung
Rn. 55a
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Mit dem sog. Gesetz zur weiteren Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie im Hinblick auf ein einheitliches elektronisches Format für Jahresfinanzberichte (ESEF-UG) vom 12.08.2020 (BGBl. I 2020, S. 1874ff.) wurde § 328 Abs. 1 um einen Satz 4 erweitert, der für bestimmte Emittenten von Wertpapieren Vorgaben zum elektronischen Berichtsformat der in § 328 Abs. 1 genannten Unterlagen macht, indem die Anwendung des einheitlichen europäischen (ESEF-)Berichtsformats (European Single Electronic Format) vorgeschrieben sowie eine Pflicht eingeführt wird, den KA mit sog. Auszeichnungen zu versehen.
Besagtes ESEF-UG änderte zudem die Überschrift des § 328, die jetzt neben der Form und dem Inhalt zusätzlich das Format der Unterlagen bei der Offenlegung adressiert.
Rn. 55b
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Anlass für das ESEF-UG war die Finalisierung und Verkündigung der sog. ESEF-VO (EU) Nr. 2019/815 (ABl. EU, L 143/1ff. vom 29.05.2019; ABl. EU, L 145/85 vom 04.06.2019). Zwar gilt die ESEF-VO als EU-VO grds. unmittelbar, also ohne Umsetzung in nationales Recht. Der deutsche Gesetzgeber hatte sich jedoch mit dem sog. Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) vom 05.01.2007 (BGBl. I 2007, S. 10ff.) für eine bürokratiearme Umsetzung der Transparenz-R dahingehend entschieden, dass Wertpapiere begebende Inlandsemittenten nur dann einen Jahresfinanzbericht zu erstellen und zu veröffentlichen haben, wenn sie nicht zu handelsrechtlichen Offenlegung der ansonsten in einem Jahresfinanzbericht enthaltenen RL-Unterlagen verpflichtet sind (vgl. § 114 Abs. 1 WpHG). Damit sollte eine Doppelbelastung der UN vermieden werden (vgl. BT-Drs. 16/2498, S. 43). Diese Art der Umsetzung resultierte in dem Erfordernis, die Anwendung der ESEF-VO explizit im HGB für den Fall zu kodifizieren, in dem von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, die Publikation eines Jahresfinanzberichts durch die handelsrechtliche Offenlegung zu ersetzen (vgl. BT-Drs. 19/17343, S. 15).
b) Persönlicher Anwendungsbereich
Rn. 55c
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
§ 328 Abs. 1 Satz 4 und damit die Pflicht zur ESEF-Berichterstattung ist ausschließlich anwendbar auf ein UN, das kumulativ die folgenden Anforderungen erfüllt:
- Das UN ist eine KapG oder – aufgrund des Globalverweises in § 264a Abs. 1 – eine KapG & Co.
- Das UN ist ein Inlandsemittent i. S. d. § 2 Abs. 14 WpHG.
- Das UN begibt Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 WpHG.
- Das UN ist keine KapG nach § 327a, d. h., das UN begibt nicht ausschließlich zum Handel an einem organisierten Markt zugelassene Schuldtitel i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG mit einer Mindeststückelung im Wert von 100.000 EUR.
c) Sachlicher Anwendungsbereich
Rn. 55d
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Betroffen von der Pflicht zur ESEF-Berichterstattung sind nach § 328 Abs. 1 Satz 4 die in § 328 Abs. 1 Satz 1 genannten Unterlagen, damit
Dabei gelten nicht alle ESEF-Vorgaben gleichermaßen für alle diese Unterlagen, da die Pflicht zur Auszeichnung alleine für den KA gilt (vgl. HdR-E, HGB § 328, Rn. 55gff.).
Nicht unter die ESEF-Berichtspflicht fallen dagegen
- mangels Nennung in § 328 Abs. 1 Satz 4 der AR-Bericht sowie die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG,
- ebenfalls mangels Nennung in § 328 Abs. 1 Satz 4 nichtfinanzielle (Konzern-)Berichte, die nach § 289b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. a) bzw. § 315b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. a) offengelegt werden (zwar kommt es damit zu einer Ungleichbehandlung einer nichtfinanziellen Erklärung im Lagebericht (die als Teil des Lageberichts unter die ESEF-Berichtspflicht fällt) und einem nichtfinanziellen Bericht; diese Ungleichbehandlung ist jedoch nicht spezifisch für § 328 Abs. 1 Satz 4, sondern resultiert bereits aus der Möglichkeit, den nichtfinanziellen Bericht durch Veröffentlichung auf der Internetseite des UN völlig aus der Offenlegung auszuschließen), sowie
- Gewinnverwendungsvorschläge und -beschlüsse, da § 328 Abs. 3 nur auf die ersten drei Sätze in § 328 Abs. 1 verweist.
Die Verortung der Pflicht zur ESEF-Berichterstattung in § 328 verdeutlicht, dass sich die Pflicht allein auf die Offenlegung und damit nicht auf die Erstellung der Unterlagen bezieht. Dies verdeutlicht auch die Formulierung "Wiedergabe [...] für Zwecke der Offenlegung" in § 316 Abs. 3 sowie die ähnlichen Formulierungen in den §§ 317 Abs. 3a, 320 Abs. 1, 3 (vgl. Rabenhorst, BB 2020, S. 491).
d) Vorgaben zum XHTML-Berichtsformat
Rn. 55e
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
§ 328 Abs. 1 Satz 4 macht selbst keine detaillierten Vorgaben zum Berichtsformat, sondern verweist auf das in der ESEF-VO kodifizierte Berichtsformat und verlangt, dass die betroffenen Unterlagen in diesem Berichtsformat offenzulegen sind. Ohne dass dabei explizit auf § 325 verwiesen wird, stellt § 328 Abs. 1 Satz 4 eine Spezifikation der in § 325 Abs. 1 Satz 2 kodifizierten Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Unterlagen an die das UN-Register führe...