Finance Transformation: Vision meets Governance
Die BSH (früher „Bosch Siemens Hausgeräte“), eine 100%ige Tochter von Bosch, hat ein Problem, das typisch für die Finanzfunktion großer Konzerne ist: Die Anforderungen an die Controller werden immer größer, ebenso wie der Bedarf an heterogen, komplexen und zugleich konsistenten finanziellen Informationen. Zum Teil resultiert Beides aus den sich ändernden Anforderungen der externen Rechnungslegung, zum Teil aus dem Wunsch nach einer durchgängigen, abgestimmten Steuerung der komplexen Prozesse im Konzern. Neue technologische Entwicklungen (Digitalisierung im Allgemeinen, SAP S4/HANA im Speziellen) tun ein Übriges. Aus alldem resultiert ein zugleich grundlegender wie hochkomplexer Veränderungsdruck auf die Finanzfunktion. Wie die BSH diesem gerecht wird, stellte Heiko Schletz, Leiter Governance, Methods, Systems at BSH, auf der WHU Campus for Controlling Week 2021 vor.
Die übergreifende Vision: Von Reaktivität zu Proaktivität
Die Transformation der Finanzfunktion bei der BSH baut auf einer starken Vision auf, die an den Schwächen der heutigen Lösungen und den Möglichkeiten der Digitalisierung ansetzt. Die folgende Abbildung zeigt die inhaltlichen Aspekte. Zwei Kernelemente der Vision können herausgehoben werden: Die neue Rolle der Controller und die Umsetzung der Analogie von Google search („von statischen Berichten zu dynamischen Auswertungen“) und Google maps („von statischen Plänen zu dynamischen Szenarien“). Die Umsetzung beider Kernelemente wird die Finanzfunktion grundlegend verändern.
Die Technologieentscheidung: Aufhören, das Alte zu verbessern – starten, das Neue zu gestalten
Die Finanzprozesse der BSH basieren auf einer SAP R/3 ERP-Plattform, die zu zerklüftet und zu kompliziert geworden ist (u.a. durch ihre Trennung von Rechnungswesen und Controlling) und den Änderungen des Geschäftsmodells der BSH nur noch eingeschränkt gerecht werden kann. Zudem ist die alte Plattform technologisch ein Auslaufmodell. Mit SAP S/4HANA steht ein leistungsfähiger Nachfolger bereit, der schrittweise bei der BSH eingeführt wird. Die Kunst besteht derzeit darin, die richtige Balance zwischen dem alten und dem entstehenden neuen System zu finden und über die Zeit zu bewahren.
Die Entfaltung des Konzepts: Visionäre Technologie mit dem Bedarf eines detaillierten Umsetzungskonzepts
SAP S/4HANA löst sich von der traditionellen Trennung von Rechnungswesen und Controlling und schafft für beide eine einzige gemeinsame Datenquelle. In einem universellen Journal werden die Geschäftsvorfälle jeweils mit einer auf den Einzelfall passenden Zahl von Merkmalen erfasst, zumindest mit dem Cost Center, dem funktionalen Bereich gemäß IFRS und – wenn möglich – dem Profitcenter. Die Zahl der Merkmale ist prinzipiell nach oben nicht beschränkt. Auf diesen Informationsbausteinen aufbauend können dann in Echtzeit beliebige Auswertungen erfolgen, genauso, wie man aus Legosteinen unterschiedliche Objekte bauen kann. Zudem können so die Value Chains im Unternehmen abgebildet werden, was derzeit nur mit großem personellem Aufwand möglich ist.
Building Blocks der Reise
Die BSH hat bereits im Jahr 2017 begonnen, das gezeigte Konzept zu erstellen und auf den Weg zu bringen. 2025 soll es in allen Einheiten des Konzerns ausgerollt sein. Der lange Zeitraum zeigt die Komplexität des Übergangs und macht deutlich, wie wichtig es ist, den Weg in die neue Welt und die dabei zu bearbeitenden „Building Blocks“ akribisch vorzustrukturieren („Stepstones needed on the long way to paradise“). Die Vision umzusetzen, ist nur durch eine hohe operative Disziplin möglich.
Wen das Thema näher interessiert, sei auf das kürzlich im Haufe Verlag erschienene Buch „Zukunftsfähige Kostenrechnung in der Unternehmenssteuerung. Analysen, Strategien, Lösungen“ verwiesen, welches ein Interview mit Heiko Schletz enthält.
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