KI im Management Reporting

Die Transformation durch KI erfasst auch das Rechnungswesen und Controlling. Das Management Reporting ist dabei eines der Felder, in dem der Einsatz bereits existierender Technologien die Qualität verbessern und den Aufwand reduzieren kann. Mit einem Reifegradmodell können potenzielle Einsatz- und Verbesserungsfelder erkannt werden.


Problem

Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in der Praxis schreitet voran und verändert Geschäftsmodelle, Organisationsstrukturen und Berufsbilder. Die Transformation durch KI erfasst auch das Rechnungswesen und Controlling (vgl. z. B. Casas-Acre et al. 2022, Vărzaru 2022). Das Management Reporting ist dabei eines der Felder, in dem der Einsatz bereits existierender Technologien die Qualität verbessern und den Aufwand reduzieren kann.

Ziel

Der Beitrag skizziert einen Weg zu einem „KI-Reporting“ über verschiedene Entwicklungsstufen (siehe für das Modell inkl. einer detaillierten Beschreibung und Herleitung Lausberg/Eimuth/Stockem Novo 2022).

Methode

Ein Reifegradmodell dient dazu, den Entwicklungsstand eines Betrachtungsfelds innerhalb einer Organisation zu bestimmen und einen Pfad von einer niedrigen zur höchsten Stufe zu zeigen. Die jeweiligen Merkmale und ihre Ausprägung definieren dabei den Reifegrad (vgl. Becker et al. 2009). Aufbauend auf existierenden Modellen wurde ein spezifisches Modell für den Einsatz von KI im Management Reporting entwickelt und durch Experten aus Wissenschaft und Praxis evaluiert. Der Begriff KI wird hierbei im Sinne einer Daten-basierten Prozessautomation verstanden.

Beschreibung

Jede der 4 Stufen des Modells wird durch 5 Dimensionen mit jeweils 2-3 Kriterien definiert ( Hier gehts zu Abbildung 1.: Reifegradmodell (s. Lausberg/Eimuth/Stockem Novo 2022, S. 56)

0. Non-Algorithmic Reporting: Kein KI-Einsatz.

1. Assisted Reporting: Isolierter KI-Einsatz, der in einzelnen Teilen des Reportingprozesses stattfindet. In diesem Stadium ist die KI-Qualifikation im Controlling noch schwach ausgeprägt und die Rollen sind weitgehend traditionell.

2. Intelligence-Assisted Reporting: Der KI-Einsatz erstreckt sich über wesentliche Prozesse im Berichtswesen. Die Systemlandschaft ist weitgehend integriert, skalierbar und für Big Data ausgelegt. Die Mitarbeiter besitzen fundiertes KI-Know-how und es besteht ein regulatorischer Rahmen für KI.

3. KI-Reporting: Es existieren ein systematisches Datenmanagement mit umfassender Big-Data-Nutzung, eine integrierte und automatisierte Systemlandschaft sowie KI-Anwendungen im gesamten Reporting. Controller übernehmen neue Rollen wie „Business Partner“ oder „Pathfinder“ (vgl. z. B. Langmann 2019).

Die folgenden Dimensionen und Kriterien der Stufen zeigen Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung des Reportings auf:

Daten: Die Grundlage des KI-gestützten Management Reporting ist der Dateneinsatz. Die Verfügbarkeit und hohe Datenqualität sind hierbei von entscheidender Bedeutung für die Reportingqualität, denn die KI kann nur so intelligent sein wie die Daten, mit denen sie arbeitet. Mit steigendem Reifegrad ist ein systematisches Datenmanagement zur Erfassung, Speicherung und Verarbeitung dieser Daten notwendig.

KI-Infrastruktur: Ein wesentlicher Indikator des Reifegrads ist die Integration der Systemlandschaft. In der höchsten Stufe besteht eine vollständig vernetzte Systemlandschaft und eine Automatisierung aller Reporting-Prozesse von der Datenbeschaffung bis zur Berichtserstellung.

KI-Kultur: Eine KI-Governance legt die Richtlinien für einen sicheren und nachhaltigen Umgang mit KI im Unternehmen fest. Darüber hinaus sind auf den oberen Stufen Veränderungsbereitschaft und KI-Akzeptanz erforderlich sowie die Bereitschaft, Rollen im Controlling neu zu definieren.

Team & Skills: Um die Potenziale bei steigendem KI-Einsatz realisieren zu können, ist spezifisches KI Know-how nötig. Daher sind entsprechende Strategien im Bereich Recruiting und Weiterentwicklung des Personals entscheidende Erfolgsfaktoren.

KI-Anwendungen: Auf der höchsten Stufe des Reifegradmodells ist der Einsatz KI-basierter Anwendungen in allen Reportingprozessen realisierbar. Daten werden mit Hilfe von KI gesammelt, analysiert, ausgewertet und in Prognosen überführt (Einsatz deskriptiver, prädiktiver und präskriptiver Analysen). Höhere Reifegradstufen bedingen eine Weiterentwicklung der Kommunikation und Interaktion im Reportingprozess.

Handlungsempfehlungen

  1. Einbettung eines KI-gestützten Reportings in die Gesamtstrategie des Unternehmens sowie Einholen des Committment des Top-Managements.
  2. Intensivierung der Maßnahmen zur Sicherstellung einer breiten Datenverfügbarkeit und hohen -qualität sowie Aus-/Aufbau eines systematischen Datenmanagements.
  3. Investition in eine funktions- und leistungsfähige sowie vernetzte Systemlandschaft: Massive Rechenleistung, hohe Geschwindigkeit und Skalierbarkeit sind Attribute einer technischen Infrastruktur für ein KI-­Reporting.
  4. Nachhaltiger Kompetenzaufbau durch Weiterbildung von Mitarbeitern zum aktuellen Stand der Technologie (bspw. Methoden, Möglichkeiten und Limitationen neuronaler Netze) und entsprechendes Recruiting.
  5. Schaffung eines KI-Mindsets/Change Management: Weiterentwicklung der Unternehmenskultur, damit Chancen von KI im Reporting erkannt werden, die Risiken bekannt sind und Vertrauen in KI besteht.
  6. Entwicklung einer KI-Governance zum Abbau potenzieller Hürden und Misstrauen sowie Einsatz von Erklärungsansätzen („Explainable AI“) zur Schaffung von Transparenz (vgl. z. B. Lampe 2021, S. 30).

Ausblick

KI wird das Management Reporting grund­legend verändern. Die Nutzung des Reifegradmodells kann hier als erster systematischer Ansatz dienen und zeigt potenzielle Handlungsfelder zur Weiterentwicklung des Reportings auf. Aus Sicht der befragten Experten und Autoren ist ein Einstieg mit konkreten Use Cases ratsam, wie bspw. die Nutzung von KI-gestützten Visualisierungsmöglichkeiten, der Einsatz von Chatbots oder Methoden zur Verbesserung der Prognosequalität von Forecasts.

Weitere Autor:innen

Prof. Dr. Arne Eimuth
Professor für ABWL an der Hochschule Ruhr West

Prof. Dr. Anne Stockem Novo
Professorin für Angewandte Künstliche Intelligenz an der Hochschule Ruhr West.

Der Beitrag erschien erstmals in Controller Magazin 5/2024.

Literatur

Becker, J.; Knackstedt, R.; Pöppelbuß, J. (2009): Entwicklung von Reifegradmodellen für das IT-Management, in: Wirtschaftsinformatik, 51. Jg., H. 3, S. 249-260.

Casas-Arce, P.; Cheng, M. M.; Grabner, I.; Modell, S. (2022): Managerial accounting for decision-making and planning. Journal of Management Accounting Research, 34(1), S. 1-7.

Lampe, J. (2021): Was Controller beim Einsatz von KI beachten müssen, in: Controlling & Management Review, 65 Jg., H. 2, S. 24-31.

Langmann, C. (2019): Digitalisierung im Controlling, Wiesbaden.

Lausberg, I.; Eimuth, A.; Stockem Novo, A. (2022): Künstliche Intelligenz im Management Reporting - Der Weg zum „AI-Reporting“, in: Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung, 34. Jg., Heft 06/2022, S. 54-61.

Vărzaru, A. A. (2022): Assessing artificial intelligence technology acceptance in managerial accounting, in: Electronics, 11(14):2256.

Arbeitskreis Controlling-Professuren an Hochschulen

Sprecherin dieser Artikelreihe: Prof. Dr. Saskia Bochert, Fachhochschule Kiel, E-Mail: saskia.bochert@fh-kiel.de

Wissenschaftlicher Beirat:

  • Prof. Dr. Hanno Drews (Verhaltensorientiertes Controlling), Prof. Dr. Nicole Jekel (Marketingcontrolling),
  • Prof. Dr. Britta Rathje (Operatives Controlling, insb. Kosten- und Erfolgsmanagement),
  • Prof. Dr. Solveig Reißig-Thust (Controlling und Compliance, Value Based Management, Unternehmensbewertung, Controlling in Gründungsunternehmen),
  • Prof. Dr. Andreas Taschner (Management Reporting, Investitionscontrolling, Supply Chain Controlling),
  • Prof. Dr. Andreas Wiesehahn (Einkaufscontrolling, Nachfolgecontrolling, Nachhaltigkeitscontrolling)