Nachhaltigkeitsreporting im Mittelstand: Es geht voran, aber langsam
Das Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung ist bei mittelständischen Unternehmen vermehrt in den Vordergrund gerückt. Gesetzliche Neuregelungen setzen auch den Mittelstand unter Druck – insbesondere bei der Berichterstattung. Wie ist die Stimmungslage im Management dieser Unternehmen zu der Thematik?
Für die Haufe-Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand - Typen, Treiber, Hemmnisse“ wurden Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen in Tiefeninterviews und ergänzend in Online-Interviews befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten wirtschaftliche Chancen in der Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen sehen. Das Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung ist jedoch in der Umsetzung derzeit noch eine große Herausforderung.
Unterschieden wurde bei der Analyse zwischen Wegbereitern, Routiniers, Einsteigern und Skeptikern zum Thema Nachhaltigkeit. Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem Skeptiker eine Überforderung des Mittelstands bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung fürchten. Doch auch bei den Einsteigern und Routiniers teilen immerhin mehr als ein Drittel diese Befürchtung.
Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Wie weit ist der Mittelstand mit der Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung?
- Über die Hälfte der Studienteilnehmer (52 Prozent) erstellen bereits Nachhaltigkeitsberichte.
- 44 Prozent planen, künftig Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen.
Auch CSRD ist hierbei bereits ein großes Thema: 43 Prozent verwenden in 2023 bereits, soweit verfügbar, CSRD-Kriterien zur Gestaltung der Berichte. Betrachtet man die Unternehmensgröße der befragten Studienteilnehmer, zeigt sich, das größere Unternehmen (1.000 bis 4.999 Mitarbeiter) hier gegenüber kleineren Unternehmen (250 bis 999 Mitarbeiter) etwas Vorsprung haben. Die Hälfte der befragten Unternehmen lotet noch aus, welche CSRD-Kriterien für sie relevant sind. Und 6 Prozent versuchen noch, sich einen Überblick über die CSRD-Kriterien zu verschaffen.
Richtlinien für das Reporting
Bei den Richtlinien orientieren sich die Unternehmen insbesondere an den Global Compact Kriterien der UN, dem deutschen Nachhaltigkeitskodex und an den Kriterien der Global Reporting Directive (GR).
Bürokratie und Regulatorik hemmen Umsetzung
Neben aktuellen wirtschaftlichen Risiken und Unsicherheiten (34 Prozent), fehlender Akzeptanz der Kunden für Mehrkosten (31 Prozent) geben Studienteilnehmer vor allem überbordende Bürokratie (31 Prozent) als Hemmnisse bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategien an.
Wegbereiter und Routiniers bemängeln außerdem fehlende Klarheit über Messgrößen und KPIs aufgrund einer unsicherer Datenlage. Dies zeigt: Auch im Reporting gibt es noch viel zu tun.
Maßnahmen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen
Damit die gesetzten Ziele auch tatsächlich erreicht werden können, müssen Unternehmen noch einige Herausforderungen meistern. Besonders häufig genannt wurden:
- Organisationsstrukturen ändern (38 Prozent)
- Nachhaltigkeit finanzieren (38 Prozent)
- Neue Fähigkeiten vermitteln/zur Verhaltensänderung anregen (35 Prozent)
- Nachhaltigkeit messen/Kennzahlen erheben (34 Prozent)
Finanzierungsfragen und die Erhebung von Kennzahlen werden also insbesondere das Controlling beschäftigen.
Organisatorische Verortung
Die Studie legt außerdem offen, dass Unternehmen das Nachhaltigkeitsmanagement unterschiedlich verorten. Bei knapp der Hälfte (48 Prozent) ist die Geschäftsleitung bzw. das oberste Führungsteam verantwortlich. 20 Prozent gründen hierfür eine separate Einheit. Interessant ist, dass bei lediglich 6 Prozent das Controlling zuständig ist.
Dies könnte auch an den Haupttreibern für nachhaltige Maßnahmen liegen: Vor allem Erwartungen der Kunden oder Geschäftspartner (39 Prozent), die Zukunftssicherung des Unternehmens (36 Prozent) sowie die Glaubwürdigkeit in Bezug auf nachhaltige Geschäftsmodelle (35 Prozent) wurden besonders häufig genannt. Strategische Aspekte scheinen also für die Verfolgung nachhaltiger Ziele maßgeblich zu sein. Regulatorische Vorgaben, beispielsweise zum CSRD-Reporting, scheinen nicht der Hauptgrund zu sein, warum auch der Mittelstand Nachhaltigkeitsziele verfolgt.
Nachhaltigkeitsreporting als Chance nutzen
Das Nachhaltigkeitsreporting ist derzeit für viele Unternehmen eine Mammutaufgabe. Dazu Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft BNW e.V.:
Nachhaltigkeitsreporting oder Risikomanagement in der Lieferkette sind keine vorübergehenden Trends, kein Ausdruck überbordender Bürokratie, kein Wettbewerbsnachteil. Im Gegenteil: Sie sind eine Chance. Denn sie stehen sinnbildlich für das Übernehmen von Verantwortung durch die Unternehmen für Mensch und Umwelt. Wenn wir in den geführten Interviews von den Skeptiker:innen lesen, die vermuten, die CSRD sei dazu da, ihnen Steine in den Weg zu legen, dann müssen wir ihnen entgegnen: Jeder Euro, der in den Klimaschutz investiert wird, spart 15 Euro an Klimaschäden. Und jeder Euro, der in die Nachhaltigkeitsberichterstattung investiert wird, spart an Reputationsverlusten, Risiken und Sanktionen. Denn Banken und Versicherungen werden danach fragen. (…)
Zur Haufe-Studie "Corporate Sustainability im Mittelstand" (Download)
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