Praxisbeispiel Heuberger ELOXAL GmbH
Die A. Heuberger Eloxieranstalt GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen und beschäftigt sich als Oberflächentechnikbetrieb seit 1948 mit der Veredelung von Leichtmetallen wie Aluminium, Magnesium und Titan. Sie ist Auftragsfertiger und produktionsnaher Dienstleister wird mit Losgrößen zwischen 1 und 300.000 für unterschiedliche Branchen von Metallbau, über Luftfahrt und Automotive, bis zu Design gefertigt.
Derzeit ist Controlling als Stabsfunktion bei der Assistenz der Geschäftsleitung angesiedelt. Wesentlich bei Heuberger ist das gemeinsame Verständnis von Controlling, welches sich an dem Controllerleitbild und dem Controlling-Prozessmodell der IGC orientiert. Deshalb müssen außer den Mitarbeitern im Rechnungswesen alle leitenden Mitarbeiter und Fachbeauftragten die gleichen Kenntnisse und das gleiche Verständnis von Controlling haben.
Für mittlere Unternehmen, wie die Heuberger ELOXAL sind Standards in allen Bereichen, aber vor allem auch im Controlling wichtig, weil sie helfen, die bisherige Unternehmensgröße abzusichern, das weitere Wachstum vorzubereiten und trotzdem die notwendige Flexibilität und schlanke Strukturen zu behalten. Die Entwicklung bei den ISO-Normen der letzten Jahre begünstigt bzw. fordert Standards, sollen sie doch zu einer rascheren Erfassung und Auswertung der Informationen führen und so den Stakeholdern rechtzeitig die notwendigen und aktuellen Daten liefern. Bei dem Aufbau neuer Bereiche (Verfahren, Dienstleistungen, Kundengruppen) können bestehende Standards ressourcenschonend angewandt bzw. weiterentwickelt werden.
Die hier vorgeschlagene Vorgehensweise zur Implementierung von Controllingstandards bei mittleren Unternehmen beruht auf den Erfahrungen bei Heuberger ELOXAL und umfasst fünf Prozessgruppen (s. Abb.).
1. Zielabgleich
In Mittelstandsunternehmen bzw. besonders bei eigentümergeführten Betrieben – der überwiegende Teil der Unternehmen in Deutschland sind "Familienbetriebe" – werden Ziele top-down von der Geschäftsführung bzw. dem Eigentümer vorgegeben. Unabhängig davon, ob es sich um management- oder familiengeführte Unternehmen handelt, verlieren auch erfahrene Geschäftsführer ab 70 bis 80 Mitarbeitern die Transparenz und Übersicht über alle Prozesse, verteilte Aufgaben und Ergebnisse, weshalb in diesem Fall die Controllerfunktion zunehmend an Bedeutung gewinnt.[1] Im ersten Standardisierungsschritt erfolgt also der Abgleich zwischen Geschäftsführung/Eigentümer und Controller, welche Ziele und damit welches Ausmaß das Controlling im Unternehmen haben soll. Das Controllerleitbild des IGC kann diesen Zielabgleich als Basis-Standard unterstützen und objektivieren.
2. Controllingdefinitionen
Aus dem Controller-Leitbild der IGC lässt sich ableiten, dass es nicht nur den Controller, sondern vielfältige Controllerfunktionen im Unternehmen gibt. Darüber hinaus ist es, einerseits, notwendig, dass Controller das "Geschäft" der Firma auch verstehen und nicht nur als "Zahlenlieferanten" fungieren. Andererseits müssen "Techniker bzw. fachliche Führungskräfte" Controllingfunktionen (er-)kennen und wahrnehmen. Standards über die wesentlichen Begriffe und Konzepte des Controllings führen zu einer gemeinsamen Sicht und Sprache aller Beteiligten, im Mittelstand vor allem Geschäftsführung bzw. Eigentümer bei Familienunternehmen, erste Führungsebene und Controller. Eine solche einheitliche Sprache lässt sich mit Unterstützung des Controller-Wörterbuchs des IGC herstellen und vermitteln.
3. Controllingbereiche
Im nächsten Schritt werden die Bereiche definiert, die im Unternehmen durch strategische, operative und dispositive Controlling(-systeme) unterstützt werden sollen. Die notwendige Detailierung kann über das hierarchische Prozessmodell der IGC erfolgen, und führt zu einer Landkarte der Controllingprozesse. Diese bildet folgenden Komponenten ab:
- Strategisches Controlling mit den Hauptprozessen strategische Planung sowie Weiterentwicklung der Organisation, Prozesse und Systeme.
- Operatives Controlling mit den Hauptprozessen operative Planung und Budgetierung, Forecasting, Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung, Management-Reporting, Projekt- und Investitionscontrolling, Risikomanagement sowie allfälliges Funktionscontrolling (im Fall von Heuberger ELOXAL bspw. Produktions-, Vertriebs- und Umweltcontrolling).
- Dispositives Controlling mit dem Hauptprozess betriebswirtschaftliche Beratung und Führung.
Die zehn im IGC-Prozessmodell dargestellten Controlling-Hauptprozesse werden infolge mit Hilfe einheitlicher Muster in Teilprozesse und in Einzelaktivitäten unterteilt. So können die aufeinander abgestimmten Prozessziele und -inhalte, erforderliche Inputs sowie die beabsichtigten Wirkungen für die einzelnen Leistungsprozesse dokumentiert werden.
Controlling-Jahreskalender unterstützt Standardisierung
Schließlich bringt ein Controlling-Jahreskalender eine Übersicht über alle Haupt- und Teilprozesse im Zeitverlauf, erlaubt die Koordination und Ableitung der jeweiligen Aufgaben und macht so das Controlling für alle involvierten Personen im Unternehmen noch transparenter.
Die Berichte gehen in Form eines Management Cockpits/Ampelsystem an die Geschäftsleitung und an die verantwortlichen Abteilungsleiter. Die Berichte werden mit den Abteilungen und den betroffenen Mitarbeitern monatlich zu fixen Terminen diskutiert und Abweichungen mit Maßnahmen versehen. Diese Meetings werden vom Controlling organisiert und moderiert. Die Geschäftsleitung behält sich Spezialthemen (z. B. Innovationen) vor. Am Ende des Geschäftsjahres gibt es ein Management-Review, in dem die Ziele für das kommende Jahr erstellt werden.
4. Kompetenzen
Sind die für das Unternehmen wesentlichen Controllingprozesse definiert, können in einem weiteren Schritt Standards bei den Controllingkompetenzen erarbeitet und eingeführt werden. Das IGC-Kompetenzmodell bietet einen Leitfaden mit vordefinierten Muster-Kompetenzprofilen für unterschiedliche Controllingfunktionen. Der Abgleich zwischen Soll-Profil und den tatsächlichen Kompetenzen der mit Controllingaufgaben betrauten Personen (Controller, Rechnungswesen-Mitarbeiter, Stabstellen etc.) ermöglicht eine individuelle Professionalisierung mit allen Instrumenten der Personalentwicklung. Bei Heuberger ELOXAL soll die Controllingstabstelle neben dem Fachwissen auch spezifisches "Firmenwissen" und "Firmenkenntnis" aufweisen. Im Bereich Projekte müssen Controller Projektmanagementwissen und Projektmanager Controllingwissen anwenden können.
Aufwand bringt KMUs an die Ressourcengrenze
Projekt- und Investitionscontrolling schaffen Transparenz über Nutzen, Ergebnisse bzw. Wirtschaftlichkeit sowie der Einhaltung von Qualitäts-, Zeit- und Kostenzielen der Projekte und Investitionen. Ein systematisches Kompetenzmanagement zur Weiterentwicklung der mit dem Controlling befassten Personen stellt für ein mittleres Unternehmen wie Heuberger ELOXAL eine Ressourcen-Herausforderung dar.
5. Kommunikation
Nach der Einführung von Controllingstandards sollen sie natürlich für das Unternehmen nachhaltig wirken. Standards sind effektvoll, wenn sie passend ausgewählt und eingeführt (Schritt 1 bis 4) sowie eingehalten und allenfalls adaptiert werden. Die Einhaltung der in Schritt 3 definierten Controlling-(Haupt-)Prozesse erfolgt mit Hilfe von Prozesskennzahlen, wobei auch hier ein IGC-Leitfaden für die Leistungsmessung von Controllingprozessen Musterlösungen vorschlägt. Die Kommunikation über die klassischen, unternehmensspezifischen Kanäle soll das Verständnis für und somit die Akzeptanz von Controllingstandards unterstützen. Bei Heuberger ELOXAL wurden vorab und zur Kommunikation mehrere Workshops abteilungsweise durchgeführt, um die Anforderungen, Wünsche, Befürchtungen der Mitarbeiter aufzunehmen. Die Herausforderung besteht darin, alle Prozesse, Projekte und Funktionen zeitlich so zu koordinieren und abzustimmen, dass die Fristen und Vereinbarungen aus den Standards eingehalten werden. Auch hier kann ein Controlling-Jahreskalender zur Kommunikation und Einhaltungskontrolle hilfreich sein.