Wie können eine erhöhte Transparenz in der Unternehmenssteuerung geschaffen und der Entscheidungsprozess datengetrieben unterstützt und forciert werden? Diese Frage beschäftigte Sartorius bereits vor einigen Jahren, als deutlich wurde, dass der Wachstumskurs des Unternehmens von einem überarbeiteten Steuerungsmodell unterstützt werden muss.
Anhaltender Wachstumskurs stellt neue Anforderungen an die Unternehmenssteuerung
Sartorius ist ein weltweit tätiger Anbieter von Produkten für die biopharmazeutische Forschung und Industrie mit über 60 Standorten, mehr als 15.000 Mitarbeitenden und rund 4,2 Mrd. EUR Umsatz im Jahr 2022. Das DAX-Unternehmen hat seinen Sitz in Göttingen und verzeichnete insbesondere in den Coronajahren, aber auch in den Jahren zuvor, ein stetig starkes Wachstum. Dieses Wachstum war der Impuls für die Überprüfung und Erneuerung des Steuerungsmodell. Die Fragestellungen lauteten:
- Wie kann eine erhöhte Transparenz in der Unternehmenssteuerung geschaffen werden?
- Wie kann der Entscheidungsprozess datengetrieben unterstützt und forciert werden?
Andreas Zernechel, Manager of Finance Analytics & Dashboarding, präsentierte die bei Sartorius gewählte Vorgehensweise auf der 18. Fachkonferenz Reporting von Horváth.
Definition des neuen Steuerungsmodells
Oberste Zielsetzung des Projekts war ein Steuerungsmodell zu etablieren, das ein langfristiges und nachhaltiges Wachstum für Sartorius unterstützt. Dabei war die Zusammenarbeit von allen Funktionseinheiten notwendig, sodass man auf ein gemeinsames Ziel zusammen hinarbeitet:
- Transparenz in der Profitabilitätssteuerung,
- Schärfung der Verantwortlichkeiten,
- Flexibilität, um aktuelle und zukünftige Anforderungen bedienen zu können,
- Fundiertere datenbasierte Entscheidungen und einfachere Datenanalysen,
- Verbesserte Kollaboration zwischen operativen und Supportfunktionen.
Basis hierfür war eine Differenzierung der Ergebnisrechnung nach Verantwortlichkeiten. So wurde u. a. die Ergebnisrechnung neu strukturiert und auf die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten zugeschnitten. Dadurch kann heute den verschiedenen organisatorischen Einheiten der jeweils passende, operativ zu steuernde Ergebnisbeitrag zugewiesen werden. Verantwortungen wurden entlang der Beeinflussbarkeit der Ergebnisgrößen zugeschnitten. Während bspw. die Vertriebsfunktion den Umsatz inkl. Erlösschmälerungen und eine Standardmarge verantwortet, wird der Produktionsbereich basierend auf den Varianzen von Ist-Kosten zu Standardkosten gemessen.
Um diese Transparenz zu schaffen, mussten Werteflüsse und Profit Center-Strukturen im ERP-System überarbeitet werden. Zusätzlich wurden auch die Steuerungsdimensionen und das Datenmodell überarbeitet, um später ein multidimensionales Reporting zu ermöglichen.
Vom Quellsystem zum Dashboard
Um die neue Steuerung im Reporting zu verankern, müssen die in den Quellsystemen vorgenommenen Weiterentwicklungen im nächsten Schritt Eingang in das Reporting finden. Non-SAP- und SAP-Daten werden in einem SAP BW on HANA aggregiert und, wo notwendig, mit weiteren Informationen angereichert. Das Front-end Tableau übernimmt im Konzern die internen Berichtsaufgaben.
Vor Erstellung der Berichte wurden die Informationsbedürfnisse der unterschiedlichen Berichtsempfänger identifiziert und in Reportinginhalte übersetzt. Auf Basis der vorher definierten Steuerungsdimensionen wurden dann inhaltlich zusammenhängende und intuitiv verständliche Analysepfade identifiziert, die den Dashboardnutzer von einer aggregierten Übersichtsseite bis in Detailauswertungen führen. So kann bspw. die aktuelle Profitabilität analysiert werden, indem u. a. die Preisdurchsetzung nach Kunden, Marktsegmenten oder Produkten näher beleuchtet wird - inkl. Detailanalysen von Top/Flop-Analysen der jeweiligen Dimensionen, Neukundenauswertungen, Vertriebskanäle, etc.
Agile Implementierung von BW/HANA und Tableau
Für die Implementierung in BW/HANA und Tableau wurde ein agiler Ansatz gewählt, um möglichst frühzeitig und iterativ Feedback zu erhalten und dieses direkt in die Entwicklung der einzelnen Dashboards einfließen zu lassen. Hierbei halfen auch schnell realisierte Prototypen, die den Stakeholdern direkt einen Eindruck vom künftigen Endprodukt verschaffen. Schließlich wurden die fertigen Berichte in die Reportingprozesse eingebettet und an die Linienorganisation übergeben. Neue Anforderungen werden ab dann mittels Change Requests standardisiert bewertet und innerhalb definierter Zeitfenster implementiert.
Entlang der 4 Projektphasen nahm nach der Implementierung (III) insbesondere die Verankerungs- und Übergabephase (IV) eine tragende Rolle ein, um die erarbeiteten Auswertungsmöglichkeiten und Berichte im Alltag zu verankern.
Abb. Die Projektphasen
Erfolgsfaktoren
Im Laufe des Projekts galt es verschiedene Stolpersteine und Hindernisse zu überwinden. Rückblickend waren 5 Erfolgsfaktoren maßgeblich für das Gelingen des Projekts:
- Pragmatismus schlägt Perfektion.
- Der Wandel wird vom Management unterstützt und forciert.
- Stakeholderindividuelle Trainings mit realen Zahlen direkt im System.
- Eine iterative und agile Implementierung.
- Teams mit sich ergänzenden Kompetenzen.
Abb. 3: Graphic Recording zum Vortrag
Quelle: Horváth / Angela Wittchen, ILLU FRONT, Hamburg