Controllinginstrumente: Definition
In der Controllingliteratur wird eine Vielzahl standardisierter Verfahren beschrieben, mit deren Hilfe die Grundlage für rationale Unternehmensentscheidungen geschaffen werden soll. Strategische Controllinginstrumente beinhalten dabei wegen ihres Einsatzgebiets für langfristig wirkende Entscheidungen häufig eher qualitative Verfahren, während operative Controllinginstrumente stärker zahlenorientiert sind. Die in der Literatur beschriebenen Controllinginstrumente werden in der Praxis häufig in stark individuell abgewandelter Form verwendet. So gibt es z. B. eine idealtypische Form einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung in der Literatur unter dem Titel „Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung“ von Agthe und Mellerowicz. In der Praxis definiert aber jedes Unternehmen seine Deckungsbeitragsstufen 1 bis n inhaltlich durchaus unterschiedlich. Analog gilt dies für viele andere Controllinginstrumente.
Strategische Controllinginstrumente: Methoden und Techniken
Portfolio-Analyse: Die Portfolio-Analyse stellt in ihrer klassischen Ausgestaltung in einem Koordinatensystem den relativen Marktanteil der verschiedenen strategischen Geschäftsfelder eines Unternehmens dem jeweiligen Marktwachstum gegenüber und platziert die Geschäftsfelder dann in dieser 4-Felder-Matrix. Dabei wird i. d. R. eine Kreisform für jedes Geschäftsfeld gewählt, deren Größe mit dem von diesem Geschäftsfeld erwirtschafteten Cashflow korrespondiert. Die Darstellung lässt sich beliebig abwandeln und an alternative Fragestellungen anpassen oder auch in mehr als 4 Felder aufteilen, z. B. 3 x 3 Kategorien. Hierbei können sowohl die Koordinatenbezeichnungen variieren, als auch die Maßzahl, die die Größe der Kreise bestimmt. Wichtig ist, dass man nach Platzierung der Geschäftsfelder deren Lage im Koordinatensystem richtig interpretiert und passende Strategien daraus ableitet (s. auch Beispiel strategisches Controlling).
Balanced Scorecard: Das Ziel einer Balanced Scorecard ist zum einen die Verknüpfung der strategischen mit der operativen Planung und Kontrolle. Zum anderen soll mit ihrer Hilfe die reine Ausrichtung an finanziellen Kenngrößen aufgebrochen werden, indem weitere Perspektiven in die Betrachtung hineingenommen werden. Nach der von Norton und Kaplan entwickelten Grundversion der Balanced Scorecard kommen zu der finanzwirtschaftlichen Perspektive die Kundenperspektive, die Lern- und Entwicklungsperspektive (Mitarbeiter) und die Prozessperspektive hinzu. Weitere Perspektiven können ergänzt werden, in letzter Zeit wird hier häufig über die Integration einer Nachhaltigkeitsperspektive bzw. einer ökologischen und sozialen Perspektive nachgedacht.
Wichtig beim Aufbau einer Balanced Scorecard ist es, dass man das Konzept nicht als ein reines Kennzahlensystem fehlinterpretiert, in das man alle bereits bestehenden Kennzahlen einfach integriert. Vielmehr sollte man tatsächlich neu denken und von den Perspektiven ausgehend Kenngrößen definieren, diese anhand einer sogenannten Strategy Map nach Ursache- und Wirkungsbeziehungen bzw. Konflikten zwischen den Zielen untersuchen und Zielwerte und Maßnahmen sowie Verantwortlichkeiten definieren. Im Idealfall kann jeder einzelne Mitarbeiter für sich nachvollziehen, was seine Tätigkeit zur Zielerreichung der strategischen Zielsetzung beigetragen hat.
SWOT-Analyse: Die SWOT-Analyse stellt in einer 4-Felder-Matrix die Aspekte Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats gegenüber, um herauszufinden, welche Stärken und Schwächen in Verbindung mit welchen Chancen und Risiken welche Maßnahmen nahelegen.
5 Forces von Porter: Mithilfe der Gegenüberstellung der 5 Forces von Porter kann es einem Unternehmen gelingen, sich die Wettbewerbssituation seiner Geschäftsfelder zu verdeutlichen und ggf. gezielt Maßnahmen zu ergreifen. Diese 5 Forces sind:
- Verhandlungsmacht der Lieferanten
- Verhandlungsmacht der Kunden
- Substituierbarkeit des Produktes
- Markteintrittsbarrieren
- Wettbewerbsintensität in der Branche
Die Marktstellung für das Unternehmen ist umso sicherer, je geringer die Marktmacht der Kunden und Lieferanten, je geringer die Möglichkeit der Substitution der Produkte durch Alternativen ist, je größer die Markteintrittsbarrieren sind und je geringer der Wettbewerb in der Branche ist.
Operative Controllinginstrumente: Methoden und Techniken
Break-Even-Analyse: Ein zentrales Instrument im operativen Controlling stellt die Break-Even-Analyse dar. Mithilfe der Formel für den Break-Even-Umsatz kann man sehr leicht überschlägig abschätzen, wie viel Umsatz man verlieren darf, bevor man Verlust macht bzw. wie viel Mehrumsatz man erreichen muss, um in die Gewinnzone zu kommen. Das ist nicht nur für Existenzgründer höchst interessant, sondern auch als Grundlage für Entscheidungen über eine Erweiterung des Geschäftsbetriebs. Auch als Grundlage für Preisverhandlungen mit Lieferanten kann die Break-Even-Analyse entscheidende Hinweise geben, und das nicht nur im Sinne von „Null-Gewinn“. Es lässt sich auch sehr einfach ein Mindestgewinn in die Berechnungsformel einsetzen. Dazu benötigt man lediglich 2 Informationen, nämlich die, wie hoch die relevanten Fixkosten sind, die mit dem zu bestimmenden Mindestumsatz abgedeckt werden müssen und die, wie hoch der Anteil der variablen Kosten am Umsatz ist. Die Formel für den Break-Even-Umsatz lautet dann: fixe Kosten / (1 – variabler Kostenanteil) oder: fixe Kosten / Deckungsgrad bzw. bei einem Mindestgewinn: (fixe Kosten + Mindestgewinn) / Deckungsgrad. (s. auch Beispiel operatives Controlling)
Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung: Will man herausfinden, welches Produkt/welche Dienstleistung lukrativer ist als ein anderes, kommt man um die Deckungsbeitragsrechnung nicht herum. Vollkostenrechnungen, die alle Kosten einzelnen Produkten zurechnen, gleichgültig, ob dies verursachungsgerecht erfolgt oder nicht, führen hier schnell zu Fehlinterpretationen. Dabei genügt es nicht, nur zwischen variablen und fixen Kosten zu unterscheiden, um herauszufinden, welche Kosten sich verändern, wenn sich die Absatzmenge verändert (das führt nur zur einstufigen Deckungsbeitragsrechnung – direct costing), sondern man muss auch unterscheiden, welcher Teil der fixen Kosten von dem jeweiligen Produkt/der Dienstleistung direkt verursacht wird und somit auch wegfällt (wenn auch erst mittel- bis langfristig), wenn man das Produkt/die Dienstleistung nicht mehr anbietet.
Dazu bildet man i. d. R. einen Deckungsbeitrag 1 nach Abzug der variablen Kosten vom Umsatz. Der Deckungsbeitrag 2 folgt dann nach Abzug der produktfixen Kosten. Weitere Stufen können sich dadurch ergeben, dass es Aggregationen von Produkten zu Produktgruppen bzw. von Produktgruppen zu Bereichen usw. gibt, die es erlauben, weitere fixe Kosten aus dem Fixkostenblock herauszulösen, die sich zwar nicht mehr den einzelnen Produkten, aber eben Produktgruppen oder Bereichen verursachungsgerecht zuordnen lassen (Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung von Agthe und Mellerowicz). In der Praxis wird die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung in sehr individueller Weise an die jeweils spezifischen Bedingungen angepasst, so dass man davon ausgehen muss, dass in jedem Unternehmen die Definition der Deckungsbeiträge 1, 2, 3 etc. durchaus unterschiedlich ausfallen kann.
Rolling Forecast: Die einfachste Variante eines Forecasts für das Jahresergebnis eines Unternehmens bildet die lineare Hochrechnung. Diese Art der Hochrechnung setzt allerdings voraus, dass es keine saisonalen Schwankungen gibt und die Ergebnisse der vergangenen Monate repräsentativ sind für den Rest des Jahres. Zudem wird immer nur eine Schätzung für das laufende Geschäftsjahr abgegeben. Das heißt zwar, dass die Schätzung umso genauer wird, je weiter das Geschäftsjahr fortgeschritten ist. Andererseits wird aber auch die Zeit, für die die Schätzung erfolgt, immer kürzer und somit die Hochrechnung als Vorausschau immer uninteressanter. Der Rolling Forecast schafft hier Abhilfe, indem er jeweils auf einen festen Zeitraum (z. B. 18 Monate) festgelegt wird, über den der Forecast jeden Monat neu berechnet wird. Im November reicht der Rolling Forecast dann bis zum April des übernächsten Jahres, im Dezember bis zum Mai usw. Dabei sind zwingend auch aktuelle Erkenntnisse über den Fortgang des Geschäfts einzubeziehen.
Soll-Ist-Vergleich: Der Soll-Ist-Vergleich ist eine Möglichkeit der Abweichungsanalyse, die zu den Methoden der sogenannten flexiblen Plankostenrechnung zählt. Im Gegensatz zur starren Plankostenrechnung wird hier die Möglichkeit der Veränderung einer Beschäftigungssituation vom Planungszeitpunkt bis zum tatsächlichen Ergebnis zugestanden. Das bedeutet, dass man zwischen Abweichungen bei fixen Kosten und solchen bei variablen Kosten unterscheidet, weil man weiß, dass sich variable Kosten mit der Beschäftigung verändern (dürfen) und fixe Kosten nicht. Grundlage für den Soll-Ist-Vergleich ist die Annahme einer linearen Kostenfunktion, d. h., variable Kosten verändern sich erwartungsgemäß proportional zur Beschäftigung, fixe Kosten bleiben konstant, solange man sich innerhalb der Kapazitätsgrenze befindet. Somit werden Abweichungen bei den variablen Kosten, die proportional zur Beschäftigungsveränderung erfolgen, akzeptiert. Nur darüberhinausgehende Veränderungen müssen als sogenannte Verbrauchsabweichungen näher untersucht werden.
Moderne Controllinginstrumente
Viele Controllinginstrumente, die einmal in der Literatur definiert und dann auch von der Praxis angenommen wurden, sind äußerst langlebig. Dazu gehören Methoden aus dem Bereich der Deckungsbeitragsrechnung genauso wie die bereits beschriebene Portfolio-Analyse und viele andere mehr. Alle paar Jahre kommen neue Methoden oder Blickwinkel hinzu, die sich – wenn sie von der Praxis angenommen werden – entweder in das bestehende System einfügen oder alte Instrumente ersetzen. Die Entwicklung des Rolling Forecast (s. oben operative Controllinginstrumente) stellt z. B. eine wichtige Ergänzung zu den bis dahin geschäftsjahresbezogenen Hochrechnungsmethoden dar.
Neue Methoden berücksichtigen den Blickwinkel aller Stakeholder
Der Einzug sogenannter wertorientierter Verfahren (Stichwort: Shareholder Value) hat seit den 1990er Jahren ebenfalls eine starke Wirkung auf die Unternehmenssteuerung entfaltet. Parallel dazu haben sich allerdings auch Methoden etabliert, die den Blickwinkel aller vom Unternehmen betroffener „Stakeholder“ berücksichtigen sollen, um die einseitige Orientierung an den Bedarfen der Investoren abzumildern. Methoden wie das Target Costing und die Prozesskostenrechnung werden immer noch als moderne Controllinginstrumente bezeichnet, obwohl sie bereits seit mehreren Jahrzehnten einen festen Platz innerhalb des Controllings haben, wenn sie auch meist nicht über das gesamte Unternehmen angewendet werden, weil sie sehr aufwendig sind.
Optimierung von Planungsmethoden
Moderne Ideen, wie man die Komplexität (und damit den Aufwand) von traditionellen Planungsmethoden verringern und deren Dynamik erhöhen kann, sind das sogenannte Better Budgeting, das Advanced Budgeting und das Beyond Budgeting. Eine klare Definition dessen, was diese inhaltlich bedeuten sollen, gibt es aber nicht, da die Vorgehensweisen für jedes Unternehmen individuell angepasst werden müssen. Die neueste Entwicklung in dieser Richtung, die ursprünglich (Anfang des 21. Jahrhunderts) für die Planung von IT-Projekten entwickelt wurde und dort die umfangreiche Erstellung von Lasten- und Pflichtenheften ersetzt, stellt das sogenannte „Scrum“ dar. Ken Schwaber hat 2007 in seinem Buch „The Enterprise and Scrum“ eine Ausweitung dieser Vorgehensweise auf alle Unternehmensprozesse beschrieben.
Bei Scrum wird die Planung iterativ und inkrementell entwickelt, Detailpläne werden immer nur für den jeweiligen nächsten „Sprint“ (so etwas wie ein Meilenstein) erstellt. Die Planungsteams sind kleine, dezentrale Einheiten, die zwar die große Richtung vorgegeben bekommen, aber selbst bestimmen, wie sie das Ziel erreichen.
Darüber hinaus gibt es viele Entwicklungen, die die Schnelllebigkeit des Wirtschaftslebens und die Unüberschaubarkeit zukünftiger Entwicklungen erfassen oder zumindest abmildern wollen. Dazu gehören Simulationsverfahren wie die Monte-Carlo-Simulation, aber auch die Integration von Risikomaßen wie z. B. den Value-at-Risk als Kennzahl oder auch den Beta-Faktor im Rahmen der Barwertberechnung (als Teil des Abzinsungsfaktors, Stichwort: WACC).