Carmen Auer, Viola Möller
Rz. 1
Der Begriff Nachhaltigkeit ist heutzutage in aller Munde, nicht zuletzt durch seine große Präsenz in den Medien, Unternehmenswerbungen und politischen Debatten. Trotzdem herrscht vielfach Begriffsverwirrung über dessen konkrete Definition. Denn Nachhaltigkeit deckt verschiedenste Bereiche ab, wobei gerade unternehmerisches nachhaltiges Handeln im Fokus der Zivilgesellschaft und anderer Akteure steht.
Rz. 2
In diesem Zusammenhang veröffentlichte die EU-Kommission bereits im März 2023 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Werbung, die Produkte, Dienstleistungen und das Unternehmen selbst als umweltfreundlicher darstellt, als sie tatsächlich sind (Green Claims Directive), und damit die Verbraucher in die Irre führen kann. Die Green-Claims-Richtlinie soll Transparenz schaffen und den Verbrauchern die Gewissheit geben, dass etwas, das als umweltfreundlich beworben wird, auch tatsächlich umweltfreundlicher ist. Die Verbraucher sollen in der Lage sein, auf der Grundlage verständlicher Informationen fundierte Kaufentscheidungen zu treffen.
Anfang März 2024 hat das Europäische Parlament in erster Lesung seine Position zum Entwurf der Green-Claims-Directive dargelegt. Nach der noch ausstehenden Verabschiedung durch den Europäischen Rat haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, um die Richtlinie in ihr nationales Recht zu integrieren, und weitere 12 Monate, bis die Bestimmungen tatsächlich in Kraft treten.
Rz. 3
Nachhaltigkeit ist keinesfalls eine neue Thematik, die erst mit dem fortschreitenden Klimawandel an Bedeutung gewonnen hat. Bereits im 18. Jahrhundert wurde der Begriff, ursprünglich aus der Forstwirtschaft heraus, von Hans Carl von Carlowitz aufgegriffen. Er beschrieb Nachhaltigkeit in dem Sinne, dass stets nur so viel Holz geschlagen werden solle, wie durch planmäßige Aufforstung wieder nachwachsen könne. Dieses Konzept kann als Grundstein für den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen angesehen werden.
Rz. 4
Bis in die heutige Zeit prägt zudem die Definition der Brundtland Kommission aus dem Jahr 1987 den Nachhaltigkeitsdiskurs. Sie formulierte erstmals das Konzept der Nachhaltigkeit als eine Entwicklung, "die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen". Einer intra- und intergenerationellen Gerechtigkeit, der Gerechtigkeit also zwischen den heute lebenden Generationen sowie zwischen der heute und der zukünftig lebenden Gesellschaft, wird damit eine zentrale Bedeutung beigemessen. In diesem Zusammenhang müssen insbes. die vorhandenen Ressourcen gerecht zwischen den Generationen aufgeteilt werden und sollten auch für zukünftige Generationen ausreichend vorhanden sein, so dass diese dieselbe Bedürfnisbefriedigung genießen können wie die heute lebende Gesellschaft.
Rz. 5
Aufgrund der sich verändernden verfügbaren natürlichen Ressourcen, des fortschreitenden Klimawandels und damit verbundenen ökologischen und sozialen Auswirkungen sowie eines wachsenden Drucks breiter gesellschaftlicher Schichten, nachhaltig zu handeln, sind auch Unternehmen gezwungen, langfristig umzudenken (siehe zu den Chancen Rz 9). Sie können nur dann glaubhaft ihr nachhaltiges Handeln vermitteln, wenn sie auch intern einen Beitrag leisten, z. B. durch die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten und entsprechenden Strukturen im Geschäftsmodell und in der Steuerung.
Rz. 6
I. R. d. Auseinandersetzung mit dem Begriff der Nachhaltigkeit begegnet man häufig dem Ansatz der Triple Bottom Line, welche eine Balance zwischen der ökonomischen, ökologischen und sozialen Unternehmensleistung impliziert. Als Weiterentwicklung des Triple-Bottom-Line-Ansatzes kann in der Schnittmenge der 3 Bereiche ein großes Potenzial für Unternehmen gesehen werden:
Abb. 1: Nachhaltige Entwicklung als chancenreiche Schnittmenge