Mister Spex, im Jahr 2007 gegründet, ist mit mehr als 2 Mio. Kunden Europas führender Online-Optiker. Das Unternehmen etabliert eine neue, zeitgemäße Art des Brillenkaufs, indem Vorteile des E-Commerce mit Beratungsangeboten und Dienstleistungen beim Optiker vor Ort verbunden werden.
Aufgrund des digitalen Geschäftsmodells und der damit verbundenen Messbarkeit von Kundeninteraktionen verfügt das Unternehmen unter gleichzeitig strengster Einhaltung der Datenschutzvorschriften über einen immensen Datenpool an Informationen. Die technische Basis hierbei ist ein Data-Warehouse-System, das Rohdaten aus Shop-, ERP- und Webtracking-Systemen integriert, diese intelligent verknüpft und letztlich auswertbar macht.
3.1 Modelle der Budgetoptimierung
Wesentlicher Treiber der Unternehmensperformance ist der effiziente Einsatz von Marketingmaßnahmen zur Gewinnung von Neukunden sowie zur Generierung von Folgeumsätzen durch Bestandskunden. Ziel ist es also, für die Fachabteilung die sog. Customer Journey, also sämtliche Berührungspunkte (Touchpoints) eines Kunden mit der Marke Mister Spex oder den angebotenen Produkten, transparent zu machen, der Fachabteilung entscheidungsunterstützende KPIs und Reports zur Verfügung zu stellen und zielgerichtete Marketingmaßnahmen anzuregen.
Unterschiedliche Modelle zur Marketingsteuerung
Zwei Ansätze finden Anwendung, um Budgets für die Marketingkanäle zu bestimmen:
- Cost per Order (CPO): Als relativ simple Ziel-KPI kommt die Steuerungsgröße der CPO im Verhältnis zum Deckungsbeitrag je Bestellung zur Anwendung. Ziel ist es, einen positiven Deckungsbeitrag bei einer Order zu erzielen. Dieser Ansatz hat jedoch Schwächen, da Bestands- und Neukundenorder gleich gewichtet und Folgeumsätze in der Betrachtung ausgespart werden.
- Customer Acquisitions Costs bzw. Customer Lifetime Value: Ein erweiterter Ansatz ist die Betrachtung der Customer Acquisitions Costs (Kosten der Erstkundengewinnung) und des Customer Lifetime Value (Umsatz über den gesamten Lebenszyklus des Kunden) mit der Zielvorgabe eines positiven Deckungsbeitrags. Dabei werden der Neukundenakquise höhere Budgets eingeräumt, da die Umsätze durch Bestandskunden kostengünstiger generiert werden können. Bei beiden Zielgrößen sind die Grenzkosten der Neukundenakquise zu betrachten.
3.2 Budgetallokation mit unterschiedlichen Attributionsmodellen
Zur Steuerung des täglichen Geschäfts im Marketing wird hauptsächlich das simplere CPO-Modell betrachtet, das in zwei unterschiedlichen sog. Attributionsmodellen berechnet wird. Hierzu zählen das Last-Touch-Modell auf der einen und das Bathtub-Modell (Badewannen-Modell) auf der anderen Seite. Im Last-Touch-Modell wird eine Bestellung einem jeweiligen Marketingkanal zugeordnet, der schlussendlich als letzter Berührungspunkt den Kauf ausgelöst hat. Da der typische Kunde jedoch bei der Bestellung von Brillen einen relativ langen Entscheidungsprozess verfolgt und damit viele Berührungspunkte im Auswahlprozess hat, benachteiligt dieses Modell Marketingkanäle, die in der frühen Phase der Customer Journey eine größere Rolle spielen.
Touchpoints sind Ausgangsbasis für Marketingmaßnahmen
Beispielhaft kann hier Bannerwerbung genannt werden, die zur Markenbekanntheit und ersten Information des Kunden beiträgt, jedoch selten schlussendlich den Kauf des Kunden triggert. Daher wird zusätzlich ein Gewichtungsmodell (Bathtub-Modell) genutzt, das sämtliche Touchpoints (Kundenkontakt mit Marketingmaßnahmen wie bspw. das Betrachten von Werbebannern oder das Suchen nach "Mister Spex" bei Google) unterschiedlich stark gewichtet. Der erste und letzte Touchpoint wird hier bspw. mit 40 % gewichtet, während alle weiteren Touchpoints in der Summe eine 20 %ige Gewichtung zugeteilt bekommen. Diese gewichteten Werte werden dann in die Berechnung der CPO einbezogen.
Beim Vergleich beider Modelle stellt man fest, dass einzelne Marketingkanäle starke Abweichungen zwischen den errechneten Werten aufweisen. Im Last-Touch-Modell erzeugt bspw. der Marketingkanal Affiliate (Vertriebspartner, die per Umsatzbeteiligung Kunden an Mister Spex heranführen) erheblich mehr Ordern, als die Betrachtung der gesamte Customer Journey mittels Bathtub-Modell ergeben würde. Dies deutet darauf hin, dass dieser Kanal nur eine geringe Rolle am Anfang einer Customer Journey spielt, aber im letzten Schritt des Kaufprozesses eine hohe Bedeutung hat (der Kunde sucht kurz vor dem Kauf noch nach Vergünstigungen).
In der Betrachtung der fiktiven CPO für den Marketingkanal Affiliate würde bei ausschließlicher Anwendung des Last-Touch-Modells ein Marketing Manager einen erheblich besseren CPO-Wert ausweisen, als er bei einer Betrachtung der gesamten Customer Journey vornehmen würde (s. Tab. 1). Der Marketing Manager würde also dazu tendieren, die Provisionierung von Affiliate-Partnern zu teuer einzukaufen.
Kanäle |
Last-Touch-Modell |
Journey 40-20-40 (Bathtub-Modell) |
CPO-Faktor |
|
Order |
Order |
Order Last Touch / Order Bathtub |
Direkt |
17.777 |
18.110 |
0,98 |
SEM Brand |
3.360 |
3.689 |
0,91 |
SEM Non-Brand |
1.844 |
2.260 |
0,82 |
Affiliate |
2.237 |
1.512 |
1,48 |
CRM |
5.513 |
5.160 |
1,07 |
Summe |
30.731 |
30.731 |
1,0... |