Kim Louisa Dillenberger, Prof. Dr. Ronald Gleich
3.1 Wertschöpfung in der Kombination
Bei der Gegenüberstellung der führenden Performance Managementkonzepte BSC und OKR fällt auf, dass diese keineswegs konkurrieren, sondern sich gut ergänzen. In Hinblick auf ein integriertes und flexibles Performance Measurement scheint die Kombination der beiden Konzepte vielversprechend. Die OKR-Logik lässt sich theoretisch auf die BSC-Logik aufsetzen und kann somit als Umsetzungstool für die BSC fungieren (siehe Abb. 4).
So kann die Unternehmens- / Abteilungsstrategie mithilfe der BSC langfristig integriert entwickelt werden. Nachdem die Strategieumsetzungsschwerpunkte aus der BSC abgeleitet wurden, erfolgt die individuelle Definition von Teamzielen, ausgerichtet an den für die vier BSC-Perspektiven definierten strategischen Zielen. Diese werden dann auf kurzfristigere Quartalsziele heruntergebrochen und anschließend im OKR-Prozess mit messbaren Kernergebnissen verknüpft. Anhand des individuellen Zielerreichungsfortschritts und im Falle sich verändernder externer Faktoren, kann die mit der BSC definierte Strategie nach jedem Quartal bewertet und bei Bedarf angepasst werden.
Abb. 4: OKR als Umsetzungstool der BSC
Die BSC dient dabei dazu, mehrere OKR zu einem perspektivischen BSC-Ziel über das Unternehmen hinweg zu formulieren und in Verbindung zueinander zu setzen (siehe Abb. 5). Während die BSC also hilft, ganzheitliche Strategieansätze zu entwickeln, wird mit der Nutzung von OKR vermieden, dass strategische Ziele zu komplex und übergreifend werden, sondern klare und messbare Input-Faktoren mit OKR definiert werden. Nach Erreichung der Key Results werden diese wieder auf die BSC-Ebene hochaggregiert. Die durch die Anwendung von OKR erfolgende Strategie-Plausibilisierung kann daher zur unter Kapitel 2.1. beschriebenen Funktion als Instrument zur Strategieumsetzung beitragen. Andererseits können den mit der BSC festgelegten Zielen, die sich zumeist an den Finanzdaten des ERP-System des Unternehmens orientieren, mit den durch die Mitarbeitenden definierten ambitionierten Zielen eine realistische Zieleinschätzung gegenübergestellt werden.
Abb. 5: Agile Umsetzung der strategischen BSC Ziele mit OKR
OKR kann hierbei als operative Konkretisierung der mit der BSC festgelegten strategischen Ziele fungieren. Zusammenfassend besteht das Ergänzungspotenzial darin, OKR für eine transparente und agile Festlegung von Maßnehmen im Zielerreichungsprozess, die BSC dagegen als integratives Instrument zur Erfolgsmessung dieses Prozesses entlang der vier strategischen Perspektiven zu nutzen.
3.2 Herausforderungen in der Kombination
Während BSC und OKR klares Ergänzungspotenzial aufweisen, bringt deren Kombination einige Herausforderungen mit sich. Um das Ergänzungspotenzial tatsächlich heben zu können, müssen Unternehmen zunächst Lösungen für die sich ergebenden Herausforderungen finden.
Beide Konzepte bringen Herausforderungen mit sich, die auch in der Kombination nicht verschwinden. Während die BSC als langfristiges Performance Management System etabliert ist, zeigt sich in der Praxis, dass die Kaskadierung und Operationalisierung der Ziele oft schwierig umzusetzen ist. Die strategieorientierte Zielumsetzung verläuft häufig im Sand. An dieser Stelle lässt sich, wie zuvor beschrieben, zwar die OKR-Methodik aufsetzen, allerdings bringt auch die OKR-Logik ihre Komplexität mit sich. Während sie sich besser eignet, um dem dynamischen Unternehmensumfeld kurzfristig zu begegnen, passt sie häufig (noch) nicht zur Unternehmensrealität. Beispielsweise kann der Ansatz, überambitionierte Ziele zu setzen oder die Incentivierung von der Zielerreichung zu lösen, sich als schwer vereinbar mit der Kultur eines Unternehmens erweisen. Auch der operative Aufwand durch kurze Review-Zyklen ist nicht zu unterschätzen. Letztendlich erfordert die Implementierung von OKR als Performance Management Tool eine umfassende Veränderung in der Arbeitsweise. Ein solch aufwändiger Change-Prozess ist für viele Unternehmen derzeit schlicht nicht realistisch umsetzbar. Gleichzeitig ist die BSC als alleiniges Performance Management Konzept nicht mehr ausreichend, um in der VUCA-Welt bestehen zu können.
So vielversprechend die Kombination der Konzepte auch sein mag, auch die Kombination selbst weist einige "Reibungspunkte" auf. Beispielsweise gibt es Dopplungen am Übergang von BSC und OKR, z. B. in der Maßnahmendefinition. Hier muss geklärt werden, wann und vor welchem Horizont Maßnahmen definiert und mit welcher Ziellogik sie verbunden sind. Darüber hinaus fehlt in der Kombination eine durchgängige Kommunikationskaskade von Definitions- auf Umsetzungsebene. Es besteht das Risiko von Kommunikationsproblemen, wenn die Strategie Top-down nach BSC-Logik definiert und bewertet, aber nach OKR-Logik Bottom-up operationalisiert wird.
Solche Herausforderungen ergeben sich, wenn die Konzepte lediglich "kombiniert", aber nicht sinnvoll "integriert" werden. Ein Modell zur Integration wird im Folgenden aus den Erkenntnissen ...