Karl-Heinz Steinke, Dr. Walter Schmidt
Zusammenfassung
Durch die weltweite Vernetzung und Digitalisierung entwickelt sich eine neue Art und Weise, miteinander umzugehen und gemeinsame Geschäfte zu realisieren. Diese Veränderungen stellen auch Herausforderungen für Controller dar. Dies gilt sowohl inhaltlich als auch methodisch.
Der Leitfaden zeigt die Essenz des vom Internationalen Controller Verein (ICV) und der International Group of Controlling (IGC) entwickelten Ansatzes:
- Das Controllingfundament des ICV.
- Die wichtigsten Standards von ICV und IGC zu Controlling als Führungsaufgabe.
- Die 5 Kernaufgaben des Controllings von Informationsversorgung bis zur Business-Partnerschaft.
- Die wichtigsten Trends zu Aufgaben und Tätigkeitsprofil der Controller im digitalen Zeitalter.
- Anforderungen und Erfolgsvoraussetzungen für die persönliche Entwicklung der Controller.
Diese Publikation stellt den "aktuellen" Stand modernen Controllings aus Sicht des ICV dar und soll damit im besten Sinne als Leitfaden und Orientierung dienen.
1 Das Controllingfundament des ICV
Mit Kapitel 1 und 2 skizzieren wir die Grundlagen des Controllings und schaffen auf der Basis verschiedener vom ICV und der IGC entwickelter und verabschiedeter Dokumente ein gemeinsames Verständnis für das, was wir unter Controlling verstehen. Gleichzeitig zeigen wir die veränderten Rahmenbedingungen des Controllings auf, die für die Entwicklung von Controlling 4.0. wesentlich sind. Es ist nicht alles neu, im Gegenteil. Wir haben ein solides Fundament, das dem "Neuen" Stabilität verleiht.
1.1 Entwicklung des Controllings in Deutschland
1.1.1 Wo kommen wir her?
Der Begriff "Controlling" ist eine deutsche Erfindung. Albrecht Deyhle hat ihn Anfang der 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts geprägt, um etwas Besonderes auszudrücken, das es vorher so nicht gab: die Zusammenarbeit von Controllern und Managern als Team (s. Abb. 1).
Abb. 1: Controlling als Teamarbeit von Managern und Controllern
Controlling als spezielle Führungs- und Managementfunktion
Hierbei bezeichnet Controlling den Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung der Zielerreichung in einem Unternehmen (Organisation). Verantwortlich für das Controlling ist der Manager selbst. So verstanden ist Controlling eine spezielle Führungs- und Managementfunktion.
Der Controller gestaltet als "Dienstleister" für das Management den Controllingprozess und wählt adäquate Instrumente, Methoden und Verfahren zur Unterstützung des Prozesses aus. Damit sorgt er für Transparenz im Unternehmensgeschehen und ist mitverantwortlich für die Unternehmensentwicklung.
Die Aufgaben des Controllings können nicht nur von Controllern, sondern auch von anderen Aufgabenträgern wahrgenommen werden. Infolgedessen befinden sich Controller immer in einer "latenten internen Wettbewerbsposition". Ihre Position im Verhältnis zum Management müssen sie sich immer wieder neu erarbeiten.
1.1.2 Vom Controlling 1.0 zum Controlling 4.0
Die Entwicklung des Controllings zeigt, wie die Controllingaufgaben gewachsen sind und sich ausgeweitet haben. Sie kann in die folgenden 4 Etappen unterteilt werden:
- Controlling 1.0 – Erfolgssicherung und Kostenrechnung: In der 1. Phase bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts ging es vor allem um frühe Formen der Planung und Kontrolle von Ausgaben und der Sicherung angestrebter Erfolge – das konnten Einzahlungsüberschüsse ebenso sein wie die Einhaltung von Budgetvorgaben. Dabei spielten Informationsversorgung und erfolgszielbezogene Steuerung eine wichtige Rolle.
- Controlling 2.0 – Koordination der Führungssysteme: Mit dem Fortschritt der Industrialisierung entstanden große Unternehmen mit umfangreichen Führungssystemen. Dementsprechend rückten die Aufstellung, Koordinierung und Durchführung von Unternehmensplänen zur Kontrolle des Geschäftsablaufs sowie weiterer die Führungsarbeit unterstützender Aufgaben (wie Berichterstattung und Bewertung) in das Zentrum der Aufmerksamkeit.
- Controlling 3.0 – Rationalitätssicherung im gesamten Unternehmen: Anfang der 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde Rationalitätssicherung als wichtige Aufgabe des Controllings erkannt. Das war eine Folge der stärkeren Individualisierung und Subjektivierung der Führungstätigkeit, die mit der Veränderung der Informationstechnologien einherging. Dadurch wurde die Kombination von subjektiver Intuition und rationaler Orientierung zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor.
- Controlling 4.0 – Partnerschaft von Führungskräften und Controllern im Zeitalter intelligenter Vernetzung: Seit der Jahrtausendwende haben die weltweite Vernetzung der Menschen und die Entwicklung anspruchsvoller Technologien zur Analyse und Nutzung großer strukturierter und unstrukturierter Datenmengen eine grundlegende Umwälzung in Gang gesetzt. Die Wertschöpfungsketten werden digital verknüpft, Maschinen kommunizieren untereinander und Algorithmen ersetzen menschliche Entscheidungen – zumindest teilweise. Diese Entwicklung erfordert ein besonderes Maß an Agilität und schneller Reaktionsfähigkeit (Responsiveness) bei der strategischen und operativen Führung der Geschäfte.
Digitale Disruption verändert Co...