Dr. Christoph Eppinger, Kai Grönke
Der Begriff der Digitalisierung ist als Trend so umfassend und in seiner Verwendung häufig zu generalistisch, als dass er für eine konkrete Aussage oder Erklärung dieses Megatrends dienen könnte. Insofern muss man eine Ebene tiefer gehen und die eigentlichen Treiber der Digitalisierung betrachten, um zu verstehen, welcher Umfang und welche Effekte mit diesem Trend einhergehen.
Treiber der digitalen Transformation gibt es viele. Einige sind uns bereits seit längerem aus unserem privaten Umfeld bekannt, wie z. B. Social-Media-Plattformen und Apps, die Nutzung von Cloud-Lösungen zum Speichern und den jederzeitigen Zugriff auf Dateien oder die Share Economy bspw. in Form von Carsharing-Angeboten. Andere Treiber sind erst vor kurzem richtig bekannt geworden, wie die Blockchain-Technologie im Zuge des Hypes um die Kryptowährung Bitcoin. Wieder andere stehen gerade erst am Anfang ihrer technologischen Entwicklung, wie das Beispiel der Artificial Intelligence zeigt.
Robotic Process Automation oder kurz RPA ist als Treiber der Digitalisierung vor allem im Geschäftsumfeld seit Jahren auf dem Vormarsch und hat speziell durch die einfache Anwendbarkeit im Frontend die Schwelle zum Massenmarkt bereits erreicht. Dabei versteht man unter roboterbasierter Prozessautomatisierung die selbstständige Ausführung wiederkehrender, regelbasierter und auf strukturierten Daten fußender Prozessschritte oder -ketten durch spezifisch programmierte Softwareroboter. Diese Roboter imitieren menschliche Arbeitsschritte anhand von vorgegebenen Entscheidungsregeln und operieren minimalinvasiv auf bestehenden Anwendungen und Infrastrukturen. Aufgrund ihrer Funktionsweise können Roboter-Lösungen über mehrere unterschiedliche Systeme und Prozessschritte hinweg eingesetzt werden, solange die Kriterien für einen Einsatz weitestgehend erfüllt sind. Dazu gehört neben standardisierten Prozessen mit wenigen Ausnahmen und klaren Entscheidungsregeln bzw. geringem Bewertungsspielraum vor allem auch die Verfügbarkeit von strukturierten, digitalen Daten. Gleichzeitig sollte es sich um repetitive und mit hoher Quantität vorkommende Aufgaben handeln oder um Tätigkeiten, die von Systembrüchen betroffen sind, um das volle Potenzial der Roboter-Lösungen zu nutzen. Des Weiteren müssen für die Konzeptionierung und Implementierung Personal-Ressourcen mit entsprechendem Fachprozess- und IT-Know-how zur Verfügung stehen. Diese Kompetenzen sind entweder intern bei den vorhandenen Mitarbeitern auszubilden oder von externen Beratungsmärkten einzukaufen.
Zu den bedeutenden Vorteilen von Robotern gehört die Entkoppelung von Mitarbeiterkapazität und Transaktionsvolumen, weshalb besonders bei hohen Auftragszahlen der Einsatz eines 24 Stunden laufenden Roboters eine deutliche Reduktion der Spitzenbelastung bringt. Bei einer gleichzeitig hohen Compliance kann durch RPA die Prozess- und Ergebnisqualität erhöht werden. Außerdem lässt sich durch Software-Roboter die Produktivität repetitiver und mit hoher Quantität vorkommender Prozesse steigern, da in diesem Fall die elektronische Lösung einer manuellen und durch den Menschen ausgeführten Anwendung in puncto Schnelligkeit und Genauigkeit/Qualität regelmäßig deutlich überlegen ist (z. B. geringere Fehlerraten). Durch die Bearbeitung der repetitiven und transaktionalen Aufgaben durch einen Roboter können zudem die freigewordenen Mitarbeiter-Ressourcen entweder auf wertstiftendere Tätigkeiten verlagert (z. B. zur Stärkung der Business-Partner-Aufgaben oder zur Ausweitung des Service-Portfolios) oder zur Hebung von Effizienzpotenzialen reduziert werden. Gerade die Arbeitserleichterung auf Sachbearbeitungsebene durch die Reduzierung der produktiven Tätigkeiten und die Verbesserung des Service-Levels führt bei den Mitarbeitern schnell zu einer Akzeptanz von RPA-Anwendungen im Unternehmen. Gleichzeitig entwickeln die Mitarbeiter durch die erfahrene Arbeitsentlastung häufig die Motivation weitere RPA-Potenziale zu identifizieren und ihre Aufgaben mit einer stärkeren Prozess-Denkweise zu betrachten, was weiteren Freiraum bzw. Kapazitäten für höherwertige Aufgaben oder Ressourcen-Verdichtungen erlaubt. Insgesamt können mithilfe von roboterbasierten Lösungen – neben Qualitätsverbesserungen – vor allem durch die Reallokation und spätere Reduktion von FTE erhebliche Effizienzgewinne verwirklicht werden.
Auch bei der Realisierung der Vorteile bietet RPA einen wichtigen Vorzug gegenüber anderen digitalen Lösungen. Ist das benötigte Programmierungs-Skill-Set erst einmal in den entsprechenden Abteilungen vorhanden, lassen sich RPA-Projekte oft günstiger und schneller umsetzen als Coding-Projekte für APIs oder die Anpassung von ERP-Systemen, da die Umsetzung keine oder nur geringe Coding-Skills und nur eine geringe Einbindung der IT-Abteilung im laufenden Betrieb erfordert. Das macht RPA zu einer schnellen und wesentlichen Antwort auf den ständigen Effizienzdruck in den Unternehmen und zu einem der Schlüsseltreiber der Digitalen Transformation in ...