3.1 Aufräumen bevor man sich auf den Weg macht
3.1.1 Die Reisevorbereitungen
Wechsel nach SAP S/4HANA am Beispiel Rechnungswesen
Ein mittelständischer, international präsenter Konsumgüterhersteller (knapp 1. Mrd. EUR Umsatz) mit rd. 55 internationalen Gesellschaften startet seine ersten SAP S/4HANA Planungen im Herbst 2016. Neben einer gruppenweiten SAP ERP 6.0 Architektur, wird ein SAP BW, SRM, GTS und ein SAP LES als Lager- und Transportlösung eingesetzt. Zum Analysezeitpunkt ist noch eine letzte Welle von Roll-outs auf die unternehmensweite Plattform geplant. Aus externer Rechnungswesensperspektive stehen neben der Migration auf das neue Hauptbuch noch notwendige gesellschaftsrechtliche Veränderungen an (Zusammenführung von Gesellschaften). Aus Sicht des Controllings ist ein Relaunch der Ergebnisrechnung sowie eine Neuordnung des Reporting über eine neue Business-Unit-Struktur hoch priorisiert. Folgende Ziele determinieren das Assessment:
- Identifikation des passenden SAP S/4HANA Release bzgl. Anforderungen/Stabilität/max. Innovationspotenzial;
- Kurzfristige SAP-Reorganisation des Rechnungswesens;
- Eintaktung der weiteren Roll-outs;
- Einplanung in aktuell laufende strategische Projekte;
- Planungsvorschlag und evtl. Neuausrichtung für parallele Systeme (Ablösung SRM, BW etc.);
- Identifikation eines risikominimierten und ressourcenschonenden Transformationsszenarios.
3.1.2 Reise in 2 Etappen
Aus der Evaluation und Bewertung der unterschiedlichen Szenarien haben sich 2 Möglichkeiten ergeben:
- Szenario 1: In einem großen Schritt werden auf der neuen Plattform SAP S/4HANA 1709 mehrere Projekte zusammengefasst. Sie beinhalten die Neustrukturierung der SAP Organisationseinheiten, Neuaufbau des Universal Journal mit Ledger-Ausprägung und Belegsplitt sowie der Abbildung der buchhalterischen Ergebnisrechnung. Alle noch nicht archivierten Daten werden in die neue Struktur übernommen und bis zum Belegsplitt retrograd nach vorkonfigurierten SNP Mappings aufgebaut. Die Prozesse in der Logistik werden dabei bis auf einige Innovationen weiter beibehalten. Die eigentliche Projektlaufzeit wäre kürzer, das Projekt kann aber erst später gestartet werden.
- Szenario 2: Das im ersten Szenario formulierte Ziel wird in zwei Schritte gegliedert. So werden die kurzfristig notwendigen Veränderungen noch auf der bestehenden SAP ERP 6.0 Plattform umgesetzt (Buchungskreismerger, Veränderungen Kostenrechnungskreis, Umsetzung neues Hauptbuch). Im zweiten Schritt erfolgt der Umstieg auf SAP S/4HANA 1709 mit der Neuausrichtung auf die buchhalterische Ergebnisrechnung. Diese Vorgehensweise führt zu einem erhöhten Aufwand und einer längeren Laufzeit.
Aufgrund des zeitlichen Termindrucks der Buchungskreisverschmelzungen und weiterer Themen im Finanzwesen hat sich der Kunde für das Zwei-Schritt-Verfahren ausgesprochen.
Auf halber Wegstrecke
Der erste Schritt wurde innerhalb von 7 Monaten erfolgreich umgesetzt. Die zweite Sequenz ist derzeit in der Umsetzung mit einer geplanten Laufzeit von rd. 10 Monaten. Beide Projektschritte wurden jeweils als Big Bang geplant.
Wähle den sicheren, aber längeren Weg
Man hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Es standen auf beiden Seiten gewichtige Argumente. Das Ein-Schritt-Verfahren hätte Laufzeit und Anzahl der Projektschritte verkürzt. In Abstimmung zwischen Management und Fachbereich wurde allerdings die Notwendigkeit der kurzfristigen Umsetzungen gesellschaftsrechtlicher Anforderungen höher priorisiert. Das Warten auf den nächsten On-Premise Release 1709 aufgrund tiefergehender Veränderungen stand hier zu Buche. Im Rahmen des 2-Schritt-Szenarios konnte auch noch eine essenzielle Roll-out-Welle abgeschlossen werden: der Hausputz auf der alten Basis hat sich gelohnt.
3.2 Sternfahrt: Ankunft zum gleichen Zeitpunkt
Neuaufbau eines zentralen Systems
Ein weltweit tätiger Anlagenbauer hat im Zuge des organischen, als auch anorganischen Wachstums sowie eines stark dezentral orientierten Geschäftsmodells eine heterogene SAP Landschaft ausgeprägt. Bedingt durch das starke Wachstum konnte nur geringe Rücksicht auf zu definierende Standards gelegt werden. So entstanden insgesamt 4 Mandanten auf einem SAP ERP 6.0: SAP Strukturen, Stammdaten wurden dezentral entschieden und angelegt. Gleichzeitig wurde für ein Problem unterschiedliche Lösungsansätze gewählt. Historisch gewachsene Eigenentwicklungen wurden weiterentwickelt und nicht auf zentraler Ebene abgestimmt – aus Konzernsicht ein Alptraum.
Alle müssen sich auf ein Ziel einigen
Die strategische Entscheidung zu einer Systemharmonisierung und Zentralisierung von Gruppenstandards mit dem Aufbau eines neuen Templates führte auch zu einem Abgleich mit der SAP Produktstrategie. In einem Assessment wurden Szenarien ausgelotet, inwieweit die betriebswirtschaftliche und SAP-seitige Harmonisierung mit einem Wechsel auf SAP S/4HANA unter einen Hut gebracht werden kann. Nach ersten softwarebasierten Analysen wurde ein erhebliches Optimierungspotenzial zur Vereinheitlichung entdeckt: Dutzende von Kontenplänen, Hunderte von Zahlungsbedingungen, Belegarten seien hier exemplarisch genannt.
Man entschloss sich zu einem konsequenten Sch...