Prof. Dr. Markus Häfele, Thomas Soehner
Die Bildung einer Bewertungseinheit verlangt das Vorliegen folgender kumulativ zu erfüllender Voraussetzungen:
- Zusammenfassung von zulässigen Grund- und Sicherungsgeschäften (Designation)
- Sicherungs- und Durchhalteabsicht
- Wirksamkeit der Sicherungsbeziehung
2.1 Zusammenfassung von zulässigen Grund- und Sicherungsgeschäften (Designation)
Unter Designation wird die Zusammenführung von Grund- und Sicherungsgeschäft verstanden. Als abzusichernde Grundgeschäfte kommen zunächst Vermögensgegenstände und Schulden (z. B. festverzinsliche Forderungen, Wertpapiere und Verbindlichkeiten) in Frage, aber auch schwebende Geschäfte (z. B. noch nicht erfüllte Anschaffungs- bzw. Veräußerungsgeschäfte; auch Derivate) sowie mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen können ein zu sicherndes Grundgeschäft darstellen. Damit werden auch sog. antizipative Hedges anerkannt, wobei in diesen Fällen das Vorliegen der geforderten hohen Wahrscheinlichkeit für die tatsächliche Durchführung der erwarteten Transaktion eine große Rolle spielt.
Als Sicherungsgeschäfte sind ausschließlich Finanzinstrumente zulässig, wobei es sich sowohl um originäre (EK-/FK-Instrumente, Schulden) als auch um derivative Finanzinstrumente (Options, Forwards, Futures usw.) handeln kann. Als Finanzierungsinstrumente gelten auch Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren. Grundgeschäft und Sicherungsgeschäft müssen grundsätzlich denselben Risiken unterliegen.
2.2 Sicherungs- und Durchhalteabsicht
Als Rechtfertigung für die Anwendung muss die wirtschaftliche Sicherungsabsicht im Risikomanagement gegeben sein bzw. nachweisbar sein. Es muss die Absicht bestehen, die Bewertungseinheit bis zur Zweckerfüllung durchzuhalten (Durchhalteabsicht); das Durchhalten muss unter Berücksichtigung der Sicherungsstrategie objektiv möglich sein (Durchhaltefähigkeit). Die Bewertungseinheit darf nicht zur Ergebnissteuerung genutzt werden. Hierüber sind gemäß § 285 Nr. 23 HGB im Anhang entsprechende Angaben zu machen.
2.3 Wirksamkeit (Effektivität) der Sicherungsbeziehung
Die Beurteilung der Wirksamkeit (Effektivität) einer Sicherungsbeziehung bezieht sich gemäß IDW RS HFA 35, Tz. 6, darauf, in welchem Maße das abgesicherte Risiko des Grundgeschäfts durch das Sicherungsinstrument kompensiert wird. Unwirksamkeit entsteht gemäß IDW RS HFA 35, Tz. 48, wenn sich die gegenläufigen Wert- und Zahlungsstromentwicklungen innerhalb der Sicherungsbeziehung nicht vollständig kompensieren oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten. So ist gemäß IDW RS HFA 35, Tz. 50, zu jedem Bilanzstichtag durch das Unternehmen positiv festzustellen, ob und in welchem Umfang sich die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme einer Bewertungseinheit am Bilanzstichtag (retrospektiv) und darüber hinaus voraussichtlich in Zukunft (prospektiv) ausgleichen. Der verbleibende unwirksame Teil von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument unterliegt dann einer imparitätischen Einzelbewertung.
Methodenwahl
Welche Methode zur Feststellung der Wirksamkeit zu wählen ist, wird durch den Gesetzgeber nicht vorgegeben. Es ist vielmehr eine sachgerechte und hinreichend verlässliche Methode zu wählen und diese dann - entsprechend der zu Sicherungsbeginn erfolgten Dokumentation - stetig anzuwenden. Ein Beispiel für eine verbreitete Methode zur Messung der prospektiven Effektivität ist die sog. Methode des "critical terms match". Nach dieser Methode ist von einer hohen Effektivität auszugehen, wenn alle bewertungsrelevanten Parameter von Grund- und Sicherungsgeschäft (z. B. Nominalbetrag, Laufzeit, Bonitätsrisiko) deckungsgleich sind; quantitative Berechnungen sind danach grundsätzlich nicht erforderlich.
Die Betragsidentität fordert identische Nominalbeträge von Grund- und Sicherungsgeschäft. Sie ist auch herstellbar, indem lediglich ein Teil des Grund- und Sicherungsgeschäfts in die Bewertungseinheit mit eingebracht wird.
Fristenidentität fordert, dass Wertänderungen oder Zahlungsströme aus vergleichbaren Zeiträumen resultieren. Sie ist grundsätzlich auch herstellbar durch Teilsicherungen. Jedoch dürfte die erforderliche Designation eines zeitlichen Anteils (z. B. x Monate der Gesamtlaufzeit des zugrunde liegenden Finanzierungsinstruments) nur in Betracht kommen, wenn entsprechende zeitliche Teilabrechnungen (z. B. bei einem Zinsswap) erfolgen.
2.4 Wahlrecht oder Pflicht zur Bildung einer Bewertungseinheit
In der Literatur ist es strittig, ob es sich bei § 254 HGB um ein Wahlrecht oder eine Pflicht handelt. Der Wortlaut ("werden Vermögensgegenstände (...) mit Finanzinstrumenten zusammengefasst") und die Gesetzesbegründung sprechen für ein Wahlrecht, sodass die Unternehmen selbst über die Ausübung entscheiden können. Auch der IDW spricht sich für ein solches Wahlrecht aus. Seine Grenzen findet das Wahlrecht ggf. im Stetigkeitsgebot nach § 246 Abs. 3 und § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB. In Kombination mit dem Risikomanagement wird die Bildung von Bewertungseinheiten empfohlen.